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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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stand. Doch er schien sich nicht daran zu stören.
    »Ich wollte nicht …«, stammelte sie verlegen.
    Aber Adam ließ sie nicht zu Wort kommen. »Eines, was ich bei den Amerikanern gelernt habe«, fuhr er fort, »das ist, dass alle Menschen gleich sind. Es spielt keine Rolle, welche Eltern man hatte. Nicht die Geburt zählt, sondern das, was man aus seinem Leben macht.«
    »Das klingt sehr idealistisch«, murmelte sie. Für sie grenzte es an Ketzerei, aber das behielt sie lieber für sich.
    »Nicht die Geburt zählt, sondern das, was man aus seinem Leben macht«, wiederholte Kitty schlaftrunken. »Das gefällt mir, Adam.« Lachend streckte sie die Arme über den Kopf und war mit einem Mal hellwach. »Ich habe geträumt, ich wäre auf einem Schiff«, verkündete sie. »Und war kurz davor, seekrank zu werden.«
    Adam stimmte in ihr Lachen ein. Kitty beugte sich vor und legte ihm besitzergreifend die Hand auf die Schulter. Ella wurde klar, dass Kitty und Adam aus demselben Holz geschnitzt waren. Sie war die Außenseiterin.
    Vor dem Porcupine Inn drängten sich die zwielichtigen Gestalten, die dem Gasthof im weiten Umkreis zu einem schlechten Ruf verholfen hatten. Adam hatte bereits erklärt, es ginge dort noch schlimmer zu als in Sawpit Gully, weshalb sie nicht bleiben würden. Aus großen Augen beobachtete Ella, wie betrunkene Goldgräber umhertorkelten und lautstark mit ihren tatsächlichen oder zukünftigen Funden prahlten. Kitty hingegen spähte sehnsüchtig über ihre Schulter, als sie den belebten Platz hinter sich ließen.
    »Du machst dir nur Sorgen um sie«, murmelte sie mürrisch. »Ich kann auf mich selbst aufpassen.«
    Adam schnaubte verächtlich. »Ich mache mir Sorgen um meinen Karren und die Ladung. Ich will meine Waren nämlich auf den Goldfeldern verkaufen und sie nicht an jemanden verschenken, der mit einer geladenen Pistole herumfuchtelt!«
    Kitty seufzte auf. »Ein Jammer. Gibt es dort überhaupt Frauen? Wenn ja, sind sie sicher alt und verlebt«, fügte sie abfällig hinzu. »Ich hätte ein Vermögen verdienen können.«
    Ella blieb vor Entsetzen der Mund offen stehen. Rasch wandte sie sich ab, allerdings nicht schnell genug, als dass es Kitty entgangen wäre.
    »Wovon soll ich denn sonst leben?«, empörte sich das Mädchen. »Ich habe kein Geld. Nancy Ure schuldet mir meinen Monatslohn, und etwas anderes kann ich nicht.«
    Der zornige Ausbruch erschreckte Ella, aber sie fasste sich rasch. »Das glaube ich dir nicht. Es gibt immer andere Möglichkeiten.«
    »Ach ja? Falls Ihr Mann Sie nicht suchen sollte, werden Sie das sehr bald selbst herausfinden«, rief Kitty.
    »Niemals würde ich …«, begann Ella mit zitternder Stimme.
    »Oh, niemals? Ja, wer einen vollen Magen, ein Dach über dem Kopf und einen Beschützer hat, hat es leicht, auf dem hohen Ross zu sitzen.«
    Ella schloss die Augen. Ihre Wut verrauchte schlagartig. »Warst du wirklich immer allein, Kitty?«
    Doch das Mädchen schüttelte nur stur den Kopf und verweigerte die Antwort.
    »Vielleicht verstehe ich dich ja nicht richtig«, fuhr Ella vorsichtig fort. »Allerdings wird mir allmählich einiges klar. Wenn ich erst einmal weiß, wer ich bin, kann ich dir vielleicht helfen.«
    Offenbar war Kitty nicht an Almosen interessiert. »Für wen halten Sie sich denn? Etwa für Caroline Chisholm, die Wohltäterin der Einwanderer?« Ihr Blick wurde tückisch. »Wie kommen Sie überhaupt darauf, dass ich es bin, die Hilfe braucht, und nicht Sie? Was, wenn Ihr Mann, falls es ihn überhaupt gibt, kein Interesse mehr an Ihnen hat? Wenn er Sie nicht zurückhaben will? Was werden Sie dann tun? Für den Rest Ihrer Tage von Adams Ersparnissen leben? Ich nehme an, er hat schon mehr als genug für Sie getan. Er muss für sein Geld hart arbeiten, und was tragen Sie bei? Sie sitzen doch nur da und saugen ihn aus wie ein gottverdammter Blutegel. Auf mich schauen Sie herunter. Ich bezahle wenigstens für meine Fahrt!«
    Adam drehte sich um und bedachte sie mit einem Blick, der sie zum Schweigen brachte. Sie starrte ihn trotzig an. Doch im nächsten Moment bekam die Fassade die ersten Risse. Kitty schluchzte und schlug die Hände vors Gesicht. Ihre schmalen Schultern bebten.
    Ella fror. Sie schlang die Arme um den Leib, um sich zu wärmen, allerdings vergeblich.
    Kittys Vorwürfe waren weder gerecht gewesen noch entsprachen sie den Tatsachen. Und dennoch lag ein Körnchen Wahrheit darin, sodass Ella vor Scham am liebsten im Erdboden versunken wäre. Sie sah

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