Der Duft der roten Akazie
wie ihr Herz klopfte, während ihre Lebenszeit verging. Plötzlich wünschte sie sich, so zu sein wie Margaret Catchpole. Sie wollte ein Pferd stehlen und davonreiten. Nicht unbedingt zu einem Liebhaber – wo sollte sie den hernehmen? –, sondern einfach nur fort.
Catherine musterte forschend ihr Gesicht und las ihre Gedanken.
Sie hob die Hand, um ihre Augen zu verbergen, und tat, als blende sie das helle Sonnenlicht, das durchs Fenster hereinströmte. »Warum hast du nie geheiratet?«, fragte sie.
Catherine lächelte und zwinkerte ziemlich undamenhaft. »In gewisser Weise habe ich das, doch es war nie von Dauer. Diese Dinge enden immer irgendwann. Und jetzt verlangt mein Bruder von mir, dass ich ein anständiges Leben führe.« Sie seufzte, als sei Seriosität etwas ziemlich Anstrengendes, aber ihre Augen funkelten.
Eigentlich hätte sie schockiert sein sollen, musste allerdings lachen. Es war so schön zu lachen. »Oh Catherine«, japste sie. »Ich liebe dich!«
Catherine nickte sanft. »Das weiß ich, Schätzchen, das weiß ich.«
15
Die nächsten Tage verbrachte Ella zwischen Schlafen und Wachen. Sie trank Wasser oder Brühe, die Kitty für sie kochte. Außerdem aß sie die Kartoffeln und den Kohl, den Adam irgendwo zusammen mit einigen Zwiebeln und verschrumpelten Äpfeln aufgetrieben hatte.
Anfangs wechselten sich Schüttelfrost und Fieber ab, doch allmählich wurden die Anfälle weniger und legten sich schließlich ganz.
In der warmen Höhle aus Leinwand heilte Ellas Körper, während das Leben in Midnight Gully außerhalb der dünnen Wände ihres Unterschlupfs weiterging.
Adam und Kitty arbeiteten im Laden, und bald waren die beliebteren Waren wie Mehl, Zucker und Leinwand ausverkauft. Wenn sich die Gelegenheit ergab, kamen sie hin und wieder den Hügel hinauf, um nach Ella zu sehen.
»Geht es Ihnen besser?«, erkundigte sich Kitty, die Hände in die Hüften gestemmt.
»Ja, dank deiner Hilfe.« Ella lächelte ihr erleichtert zu.
Kitty wusste offenbar nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Sie blickte Ella argwöhnisch an und trat von einem Fuß auf den anderen. Schließlich entschied sie sich für ein gleichmütiges Achselzucken und schaute in die Ferne.
»Wir haben heute gute Geschäfte gemacht«, verkündete sie. »Adam hat schon einen Sack Geld verdient und mir versprochen, mich für die Mitarbeit zu bezahlen.«
»Das sollte er auch. Du mühst dich genauso ab wie er. Ohne dich wäre er sicher nicht so erfolgreich.«
Wieder musterte Kitty sie misstrauisch, lächelte aber dann, als ihr klar wurde, dass Ella es ehrlich meinte.
»Was hat er vor, wenn alles verkauft ist?«, fragte Ella neugierig.
»Er will einen Ochsentreiber damit beauftragen, nach Melbourne zu fahren und Nachschub zu holen. Ochsen kommen im Schlamm besser voran als Pferde«, erklärte sie so bestimmt, als wäre es ihr eigener Einfall gewesen. »Außerdem gibt es auf den Goldfeldern ständig Leute, die etwas zu verkaufen haben, es aber selbst nicht loswerden. So kann er hier und da etwas besorgen.«
Offenbar hatten die beiden das Thema erörtert. Kurz wurde Ella von Eifersucht ergriffen und schalt sich wegen ihrer Albernheit. Im nächsten Moment verwandelte sich die Eifersucht in Niedergeschlagenheit. Das liegt nur daran, dass ich krank war, sagte sie sich. Doch wie sie wusste, war das nicht der Grund. Kittys Worte hatten ihr nur bestätigt, was sie längst ahnte, nämlich, dass sie und Adam ausgezeichnet zueinanderpassten.
Vor ihrem geistigen Auge sah sie sie zusammen im Laden. Die Zeit verging, und das Zelt verwandelte sich erst in eine Bretterhütte, dann in ein solides Haus aus Stein. Adam trug einen Anzug und lüpfte vor der wohlhabenderen Kundschaft den Hut. Hinter ihm vollführte eine pummelig gewordene, zufriedene Kitty einen Knicks. Einige Kinder, die Adams blondes Haar und Kittys blaue Augen hatten, spähten hinter den Röcken ihrer Mutter hervor …
»Ich habe gefragt, ob Sie noch etwas brauchen, bevor ich gehe«, wiederholte Kitty ungeduldig.
Im ersten Moment verdutzt, schüttelte Ella den Kopf. »Ich habe noch Wasser und bin nicht hungrig. Ich glaube, ich lege mich wieder hin. Tut mir leid, dass ich Adam und dir keine Hilfe bin.«
Das Mädchen zögerte und zuckte dann die Achseln. Hinter ihr, am Fuße des Hügels, maß Adam gerade für eine Frau, die einen mit Schlamm bespritzten Rock trug und Pfeife rauchte, ein Stück blauen Stoff ab.
»Bitte Adam, etwas von diesem Stoff für uns aufzuheben«, murmelte
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