Der Duft Der Wüstenrose
Ludwig nur an ihm?
Hermann wandte sich wieder an sie und lächelte hinterhältig. »Ich habe aus unerfindlichen Gründen gedacht, Sie wären von weit größerer und üppigerer Statur und Ihre Augen wären heller.«
Fanny brach der Schweiß aus. Er beschrieb Charlotte. Warum sagte er das, lag darin eine versteckte Bedeutung? Aber er fuhr schon fort.
»Ich hoffe, Sie hatten eine gute Reise.«
Bevor Fanny antworten konnte, mischte sich Ludwig ein.
»Charlotte, das ist Hermann Joseph Sichel, er hat zusammen mit Mertens schon 1886 ein Handelsunternehmen in Walvis Bay eröffnet und sucht sich ständig zu vergrößern. Und jetzt lasst doch das ›Sie‹! Wir Deutschen hier unten sind doch alle Brüder. Also, Charlotte, das ist Hermann. Hermann, das ist Charlotte. Und jetzt gebt euch darauf die Hand«, sagte Ludwig und saugte genüsslich an seiner Zigarre, als hätte er gerade ein gutes Werk vollbracht.
Fanny reichte Hermann die Hand, auf die er einen feuchten Kuss schmatzte. Nur mühsam konnte sie den Impuls unterdrücken, ihre Hand an der Schürze abzuwischen.
»Es freut mich sehr, einen so wichtigen Freund meines Mannes kennenzulernen.« Fanny überlegte, was sie noch sagen könnte.
Hermann sah sie durchdringend an. »Auch mich freut es, wenn ich auch wiederholen muss, dass ich mir Ludwigs Braut größer und draller vorgestellt hatte. Eben deutscher! Aber das muss daran liegen, dass mir dein werter Herr Bruder so viel von dir erzählt hat.«
»Sie kannten meinen Bruder?« Fannys Knie wurden weich. »Wie das?«
»Eine lange Geschichte …«, sagte Hermann nebulös.
»Wie wäre es mit Frühstück?«, fragte Ludwig, der die Spannung zwischen den beiden gar nicht wahrzunehmen schien. Fanny nutzte dankbar die Gelegenheit zur Flucht. Sie wandte sich Richtung Küche. »Ich habe zwar gestern nicht viel in der Vorratskammer entdecken können, aber ich will sehen, was ich tun kann.«
Dann stürmte sie los in die Küche, wo Martha und Grace bei einem Tee saßen und dösten, was Fanny wieder etwas beruhigte. Dieser Hermann wusste gar nichts, er hätte sicher auch behauptet, er wäre mit dem Kaiser von China persönlich bekannt, wenn es ihm nutzen würde. Nein, der wollte sich nur wichtigmachen und war ein übler Angeber und Schwätzer. Und wenn er wirklich wusste, wie Charlotte ausgesehen hatte, dann hätte er doch niemals mit Ludwig wetten können, dass Charlotte hässlich wäre! Sie bat Grace und Martha um Hilfe, aber die schienen sie nicht zu verstehen. Fanny durchstöberte also allein die Vorratskammer, fand Mehl und Dosenmilch, aber kein Brot, keinen Käse, keine Wurst. Eier, dachte sie, Eier musste es doch geben bei den vielen Hühnern, die sie gestern gesehen hatte. Sie könnte ein Omelette braten. Sie bat Grace, Eier aus dem Stall zu holen, woraufhin diese verschwand. Dann wandte sich Fanny dem Ofen zu und erkannte, dass sie noch nicht in der Lage war, ihn alleine in Gang zu kriegen, weshalb sie Martha aufforderte, ihr zu zeigen, wie er funktionierte. Seufzend machte sich Martha daran, ihn einzuschüren. Als Feuermittel benutzte sie wieder die ge trockneten Kuhmistfladen, und Fanny war beeindruckt, wie schnell sie damit ein knisterndes Feuer entfachte.
Kaffee? Gab es Kaffee? Sie fragte Martha, die nur mit der Schulter zuckte. Gut, dann würde es eben Tee mit Omelette geben, schließlich waren sie gerade erst aus Windhuk angekommen.
Sie stellte Mehl, Öl und eine schwere Eisenpfanne bereit und brühte Tee auf. Wo nur Grace blieb? Fanny war so nervös, dass sie selbst nachsehen ging. Sie fand Grace draußen am Stall der kleinen Lämmchen, wo sie in ein Gespräch mit Zach vertieft war und nicht dazu gekommen war, Eier zu holen.
Fanny stürmte zum Hühnerhaus, dessen Gestank ihr klarmachte, dass hier dringend ausgemistet werden musste. Morgen, das würde sie morgen tun. Sie suchte nach Eiern und fand auch sechs Stück. Als sie zurücklief, waren Grace und Zach verschwunden.
In der Küche war das Feuer wieder aus, und Martha trank Tee. Fanny wollte sie gerade ärgerlich anschreien, als sie plötzlich schmunzeln musste. Wozu diese Eile? So dringend wollte sie doch gar nicht zurück zu Hermann. Sie ersuchte also Martha, das Feuer wieder zu entfachen, und schickte sie dann mit einem Tablett voller Teller und Tassen nach draußen auf die Veranda.
Von dem großen Omelette stieg ein angenehmer Duft auf, und als Fanny es dann den Herren servierte, war sie stolz, in so kurzer Zeit in einem fremden Haus mit sehr wenig
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