Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
Vom Netzwerk:
ein Stromschlag. »Hallo Alexander.« Sie räusperte sich, um ihre Kehle freizubekommen. »Keine Lust mehr auf Markus?«
    »Er erzählt immer dieselben Witze. Wollen wir uns nicht da drüben hinsetzen?« Er wies auf die grünen Chintzsessel.
    »Wenn du dich allein fühlst.« Barbara lächelte Dieter kurz zu und entschwebte mit Alexander. Immerhin hatte sie noch genug Mumm, ihn anzufrotzeln.
    Alexander lehnte sich zurück, seine verhangenen Augen glitten über sie hin. »Du hast recht, ich fühle mich allein. Joachim musste mal wieder zu einem Kongress. Leider bringt sein Beruf das so mit sich.«
    »Und da suchst du meine Gesellschaft? Ich dachte, ich sei nicht dein Typ?«
    »Das ist wahr, trotzdem finde ich dich interessant. Und du kannst zuhören, dem hässlichen Dieter beispielsweise. Hast du ein Herz für Benachteiligte?«
    »Deswegen sitze ich hier.«
    Alexander lächelte müde. »Lass doch die Witze, Sascha. Erzähle mir lieber, weshalb du in diesem spießigen, stinklangweiligen Club bist?«
    »Aus dem gleichen Grund wie du, schätze ich«, gab Barbara zurück.
Kühl bleiben
, dachte sie,
auch wenn mein Herz so laut klopft, dass er es hören müsste.
    »Das kann ich mir nicht denken. Sieh mal, Sascha, ein Mann mit meiner Veranlagung und in meiner Stellung hat wenige Möglichkeiten, sich gesellschaftlich zu entfalten. Der Club ist eine Notlösung. Aber du als Maler …«
    Will er mich aushorchen oder ist ihm heute nach ernsthaften Gesprächen? »Ich muss mich nicht verstecken, das ist richtig, ich fühle mich hier einfach wohl. Vielleicht liegt es daran, dass der Club für mich noch neu ist.«
    »Schon möglich«, nickte Alexander. »Joachim und ich kommen nun schon seit drei Jahren zu Rosalie. Da beginnt man zu träumen von Dingen, die unerreichbar sind.«
    Barbara horchte auf. Alexander schien ihr seine Seele ausschütten zu wollen – wie Erich Blume, wie Dieter. War er genauso wie die anderen? War er ebenso unglücklich und gefangen in seiner Haut wie jene?
    »Unerreichbar? Ich dachte, für einen Mann wie dich gibt es dieses Wort nicht«, erwiderte Barbara offen.
    »Danke für das Kompliment.« Seine Züge wurden weich, er war zum Küssen schön. »Leider bin auch ich Zwängen unterworfen. Dass Joachim verheiratet ist, weißt du ja. Und dann die Firma. Das sind Ketten, Sascha, schwere, hässliche Ketten.«
    Sie nickte und fühlte sich Alexander so nah wie nie zuvor.
Jetzt sind wir eins
, dachte sie überschwänglich und hielt ihre geröteten Wangen über ihr Glas. Alexander trug Ketten, und Barbara verspürte eine Sehnsucht, ihn von diesen zu befreien. Sie wusste nicht, wie sehr sie gerade in diesem Augenblick Frau war und ihr heiliges Gefühl des Einsseins nichts als weibliche Sentimentalität.
    »Und was ist das Unerreichbare, wovon träumst du, Alexander?«
    »
Wir
, Sascha. Joachim und ich, wir träumen stets gemeinsam. Rio, Copa Cabana, dort möchten wir leben. Eine kitschige Illusion, nicht wahr?«
    »Durchaus nicht«, beeilte sich Barbara zu erwidern. Was für ein unglaublicher Abend, mit Alexander über seine Träume zu plaudern, auch wenn sie von ihnen ausgeschlossen war.
    Alexander machte eine schwache Handbewegung und lachte. »Nun aber Schluss mit der Trauermiene. Soll ich dir die Geschichte erzählen, wie Joachim sich damals bei mir beworben hat? Während des Vorstellungsgesprächs hatte er krampfhaft versucht, sein Schwulsein zu verbergen, dabei habe ich ihn geliebt vom ersten Augenblick, als er durch die Tür kam. Natürlich habe ich ihn erst einmal ordentlich schwitzen lassen …«
    »Huhuuu!« Rosalies Warnton gellte durch den Raum, das Licht ging aus, die Dimmerbeleuchtung an, und sie verteilte ihre Pillen. Alexander erhob sich. »Ich komme gleich wieder, Sascha.«
    Barbara lehnte sich zurück, diesmal schluckte sie die Pillen, denn sie fühlte sich wie Alice im Wunderland.
    Alexander ging zu Rosalie und flüsterte ihr etwas ins Ohr, Rosalie grinste und nickte. Ein paar Minuten später erschien Alexander wieder bei Barbara. Er sah sie an, und über sein Gesicht flog ein Schatten, er war sich jetzt fast sicher, aber er musste noch sicherer werden, und vor allem durfte Sascha keinen Verdacht schöpfen.
    Rosalie war verschwunden. Nach einer halben Stunde – die Pillen sollten erst wirken – stöckelte sie herein, diesmal in einem Traum aus Rosa und Zartviolett, um den Kunstbusen Rüschen, vom Knie abwärts verspielte Fransen, der Stoff um die Taille spannte wie immer. Sie nahm ihren

Weitere Kostenlose Bücher