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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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darin, doch nicht länger als eine Sekunde, und niemand hatte darauf geachtet. Mit großer Geste zog er seinen Silberreif vom Finger und legte ihn zu den anderen Sachen.
    Mit fortgeschrittener Stunde wurden sie übermütiger und verlangten schärfere Sachen. Etliche saßen schon in Hemd und Unterhose da, andere hatten fast noch alles anbehalten, die taten lieber, was verlangt wurde. Zu ihnen gehörte Barbara, aber auch sie hatte bereits Schuhe, Socken und Fingerring geopfert. Die Uhr ging auf zwölf, aber keiner dachte ans Aufhören. Es wurde schließlich immer spannender. Einige hatten längst alle Zurückhaltung aufgegeben, Witze erzählen oder Sekt trinken, das riss sie nicht mehr von den Stühlen. Die meisten waren betrunken, zusätzlich high von den Pillen.
    Noch habe ich meinen Ohrring
, überlegte Barbara. Um halb eins legte sie auch ihren Ohrring ab, sie wollte Dieter keinen blasen. Rosalie hing schief im Sessel, ihr Busen war verrutscht, die Flasche zeigte auf sie. »Dieter einen blasen«, gab Barbara den Befehl einfach weiter. Auch Rosalie wollte nicht, und sie zog unter lautem Gejohle ihren ausgestopften BH aus den Rüschen.
    Das nächste Opfer war Alexander. »Dieter einen blasen.« Alle brachen in Gelächter aus. Es schien, als habe man die Order des Abends gefunden, mit der man alle nackt ausziehen konnte. Nur Dieter fand es nicht witzig. Alexander zog souverän sein Seidenhemd aus, und alle konnten einen Blick auf seinen makellosen Körper werfen. Mit Bedacht drehte er die Flasche. Barbara starrte auf die Öffnung, unbarmherzig blieb sie bei ihr stehen. Sie sah Alexander an wie ein hypnotisiertes Kaninchen, und er lächelte grausam zurück. »Mir einen blasen.«
    Plötzlich war es ganz still geworden, niemand riss einen Witz, alle starrten die beiden an. Barbara öffnete den Mund, aber brachte keinen Ton heraus. Alexander hob die Augenbrauen. »Oder was ausziehen.«
    »Du Glücklicher«, hauchte Markus und sah Barbara neidisch an. »Weshalb zögerst du?«
    Barbara hörte nicht hin, sie überlegte. Hemd ging nicht, darunter war das Brustband, Hose? Man würde unter ihrem Slip die Vorrichtung mit dem künstlichen Penis erkennen. Die Perücke? Vielleicht am ungefährlichsten, aber der Abend war noch nicht zu Ende. Oder Alexander vor all den anderen einen blasen? Das brachte sie nicht fertig. »Was anderes. Bitte«, flüsterte sie.
    »Was denn? Du brauchst doch nur etwas auszuziehen. Also Sascha, stell dich nicht so an, du bist noch lange nicht nackert.«
    Sie erhob sich. »Ich tu es nicht! Weder das eine noch das andere. Denkt, was ihr wollt! Schließlich ist es nur ein Spiel, ich muss das nicht tun!«
    »Spielschulden sind Ehrenschulden«, rief Alexander, während ringsum ein verwundertes Gemurmel anhob. Dass Sascha so prüde war! Plötzlich begannen alle, auf sie einzureden. Spielverderber! Stell dich nicht so an! Ist doch nichts dabei!
    Barbara wurde heiß und kalt, sie bekam rote Flecken am Hals. Hilfe suchend sah sie sich um, aber niemand im Kreis, der für ihr Verhalten Verständnis aufbrachte und sie verteidigte.
    Alexander ließ langsam die rechte Hand in die Hosentasche gleiten. »Na gut Sascha«, sagte er scheinbar nachgiebig, »dann erteile ich dir einen anderen Befehl.«
    »Das gilt nicht!«, rief Rosalie.
    Alexander beachtete sie nicht. Er zog ein kleines, weißes Ding aus der Tasche und legte es auf die Handfläche. »Zeig uns, wie du dir hiermit den Hintern zustöpselst, Sascha.«
    »Ein Tampon!«, rief Rosalie. »Wie sinnig. Jungs, hättet ihr geahnt, dass Alexander Tampons in seiner Hosentasche mit sich herumträgt?«
    Alle starrten auf das Ding. »Er gehört Sascha«, sagte Alexander sanft. »Nicht wahr, Sascha?«
    Barbara war einer Ohnmacht nahe. Alles um sie herum schien in Nebel gehüllt, der Boden wankte, die Stimmen kamen von sehr fern: Er gehört Sascha, nicht wahr – nicht wahr? …
    Sie spürte einen leichten Schlag auf der Wange. »He Sascha, was ist mit dir?« Rosalies Stimme! »Alexander! Du bist etwas zu weit gegangen. Der Junge ist ja totenblass.«
    »Der Junge?« Alexander lachte höhnisch. »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    Rosalie hatte Barbara inzwischen sanft auf den Sessel gedrückt, und Luigi eilte mit einem Cognac herbei und nötigte sie zu trinken. »Was redest du für einen Unsinn, Alexander?«
    Barbara trank, danach ging es ihr besser, ihr war nicht mehr schwindelig, sie konnte wieder alles um sich herum erkennen. Aber sie war immer noch weiß im Gesicht. Und

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