Der Duft des Meeres
breiten Ledergürtel an seiner Taille zurecht und machte ein Gesicht, als hätte er einen Löffel Rübenbrei gegessen.
»Weil die erste Person, die den Stein findet und berührt … jemanden zurückholen kann.«
Camille hielt den Atem in ihren Lungen fest und stieß sich von dem Tisch ab. »Zurück von wo?«
Er seufzte und ließ den Kopf hängen, als bedaure er es, den Mund aufgemacht zu haben. »Zurück von den Toten.«
Kapitel 8
»Wie? Sag mir, wie das möglich ist«, flüsterte Camille, außerstande zu glauben, dass sie Oscar richtig verstanden hatte.
»Ich weiß, was in deinem Kopf vorgeht, und es ist keine gute Idee«, sagte er, während er die noch immer gefüllte Suppenschale ergriff und die Tür öffnete.
»Wenn der Stein jemanden ins Leben zurückbringen könnte und wenn meine Mutter die Karte hat, könnten wir den Stein finden, und dann könnte ich …«
Noch während sie sprach, verschwand Oscar im Flur. Er rechnete wahrscheinlich damit, dass sie zu zimperlich war, sich unter Daphnes Mädchen zu mischen, um ihm zu folgen. Sie nahm die Schultern zurück und machte einen zaghaften Schritt in den Flur. So leicht würde Oscar ihr nicht entwischen.
Er hatte bereits die oberste Stufe der Treppe erreicht.
»Du solltest ins Zimmer zurückkehren«, sagte er, als die Vordertür des Bordells geöffnet wurde. Tageslicht schien ins Treppenhaus. Camille hörte Daphne irgendjemandem gegenüber gurren und hätte sich fast wieder zurückgezogen. Aber sie war es müde zu tun, was man ihr befahl.
»Erzähl mir mehr über den Stein«, verlangte sie. Eine Tür weiter den Flur hinunter öffnete sich knarrend, und Camille stürzte vorwärts, in Richtung der Treppe.
»Es ist nur ein Haufen Unsinn, über den sich Schatzjäger die Mäuler zerreißen«, erwiderte Oscar, während er die mit Teppich belegten Stufen hinunterging.
Camille holte ihn ein und vermied es, den Mann anzusehen, der in der Diele Hut und Mantel ablegte. Sie wollte sein Gesicht nicht sehen, aber wichtiger war, dass er ihres nicht sah. Oscar ging auf einen Raum im hinteren Teil des Hauses zu, dicht gefolgt von Camille.
»Ich habe den Ausdruck in deinen Augen gesehen, sobald ich den Namen des Steines ausgesprochen hatte. Ich habe gehört, wie du darüber geredet hast. Ich hätte dich nicht auslachen sollen, es tut mir leid. Aber du brauchst nicht so zu tun, als würdest du nicht daran glauben, Oscar«, sagte sie, als er eine Tür aufriss und in die Küche trat.
Ein Hackblock stand in der Mitte des stickigen Raums, ein kopfloses Huhn lag darauf. Ein Mädchen in unschicklicher Kleidung rupfte den schlaffen Vogel und weiße und braune Federn bedeckten ihre Hände und Wangen. Camille wedelte sich einige Federn unter der Nase weg, als Oscar die Schale mit Rübenbrei auf den Herd stellte.
»Na schön, die Legende hat mich immer fasziniert. Und ja, ich halte es nach wie vor nicht für klug, seinen Namen auszusprechen«, sagte er und funkelte sie einen Moment lang an, als wolle er, dass sie seinen Rat verinnerlichte. »Aber ist es wahrscheinlich? Auf keinen Fall.«
Eine Frau, die in dem Topf mit Brei rührte, sah, dass die Früchte ihrer Bemühungen nicht angerührt worden waren.
»Was gibt es da dran auszusetzen?«, fragte sie. Oscar drehte sich zu Camille um.
»Zu beschäftigt mit reden, um zu essen«, antwortete er, als die Küchentür aufflog. Daphne kam herein und ihre Schminke war so grell wie von einem Spiegel zurückgeworfene Sonnenstrahlen. Sie schenkte Camille ihr zahnloses Lächeln.
»Ich hab Sie seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen«, bemerkte sie und musterte den Saum von Camilles Rock. Sie hob ihn hoch und entblößte Camilles Beine von den Knien abwärts.
»Wenn Sie so freundlich wären?« Camille nahm den Saum aus Daphnes Hand und bedeckte sich. Ihre Wangen färbten sich rot.
»Muss mal gewaschen werden, das ist alles. Ihr Haar auch«, fügte sie hinzu und rümpfte die Nase. Eine Bordellwirtin sagte ihr, sie müsse ein Bad nehmen? Gedemütigt hörte sie, dass Oscar ein Lachen unterdrückte.
»Lassen Sie mich den Zuber vorbereiten. Er steht da drüben in der hinteren Speisekammer«, fuhr Daphne fort, so beiläufig, als wolle sie Salz in den Rübenbrei geben.
»Hör auf zu grinsen«, zischte Camille Oscar an. Er fasste sie am Arm und führte sie aus der Küche zurück in den vorderen Flur. Der Mann an der Tür war verschwunden, wofür Camille von Herzen dankbar war.
»Hör zu«, sagte er, dann senkte er die Stimme. »Niemand
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