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Der Duft von Orangen (German Edition)

Der Duft von Orangen (German Edition)

Titel: Der Duft von Orangen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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gemacht, aber selbst das war nur für die Akten. Sie erwartet nicht, irgendwelche neuen Erkenntnisse zu gewinnen.“
    „Was ist es dann, Liebes?“
    „Ich will einfach …“ Ich seufzte und zupfte an meinen abgewetzten Jeans. „Ich will nie wieder bei euch einziehen, aber zu wissen, dass du froh über meinen Auszug bist, gefällt mir auch nicht … Verstehe mich nicht falsch, ich weiß sehr gut …“
    „Emm!“, rief meine Mom schockiert. „Wie kannst du so etwas nur denken? Ich soll froh darüber sein, dass du nicht mehr zu Hause wohnst? Allein so etwas zu sagen … dafür könnte ich dich ohrfeigen.“
    Ich zuckte übertrieben zusammen, obwohl ich wusste, dass sie mich niemals schlagen würde. „Komm schon, Mom. Du weißt, dass ich recht habe.“
    Sie legte ihre Hände auf meine Schultern und schaute mir in die Augen. „Emmaline, ich bin froh, dass du ausziehen konntest, um auf eigenen Füßen zu stehen und dir ein eigenes Leben aufzubauen. Ich bin froh, dass du dich zu dieser entzückenden, unabhängigen jungen Frau entwickelt hast, die ihr Leben selbst in die Hand nimmt. Aber auf gar keinen Fall bin ich froh, dass du nicht mehr bei uns wohnst. Und wenn du jemals wieder zu uns zurückziehen müsstest, würdest du es viel mehr hassen, als ich es je könnte.“
    Wir weinten beide ein bisschen, bis unsere Tränen sich in feuchtes Lachen verwandelten.
    „Wenn du den Kram aus den Kisten nicht willst, schmeiß ihn auf den Müll“, riet meine Mutter mir. „Das meiste ist so alt, dass du dich vermutlich gar nicht mehr daran erinnerst. Aber ich wollte es nicht einfach ohne deine Zustimmung wegwerfen.“
    Ich nickte und blätterte durch die Papiere. Alte Zeugnisse, Valentinskarten. Ich konnte kaum glauben, wie viele der kleinen Spielzeuge, die es zu den Kindermenüs in Fastfood-Restaurants dazugab, sie aufbewahrt hatte. Und ganz unten in der ersten Kiste lag ein Buch.
    „Ach du meine Güte“, sagte meine Mom, als ich es herausholte. „Das habe ich ja seit Jahren nicht mehr gesehen.“
    Ich wog das dicke Taschenbuch in der Hand, dessen Seiten schon ganz vergilbt waren. Die Bindung hielt jedoch noch. Ich blätterte darin, bemerkte die Eselsohren an Seiten, die jemand sich markiert hatte. Das Buch fühlte sich klebrig an und roch ein wenig muffig.
    „Das hat mal mir gehört?“
    „Eigentlich war es meins. Ich glaube, damals hatte jeder eine Ausgabe von dem Buch. Ich habe oft darin gelesen, als ich mit dir schwanger war.“ Meine Mom nahm es mir beinahe zärtlich aus der Hand. „Ed D’Onofrios Gedichte waren eine Zeit lang sehr populär, allerdings haben mir nur wenige gefallen. Na ja, ehrlich gesagt sogar nur eins.“
    Ich schaute sie an. „Welches denn?“
    Meine Mom lächelte. „ Sie wandert in der Nacht natürlich,Dummerchen. Du hast es doch mal gelesen, oder? Bestimmt, Emm.“
    Ich schüttelte den Kopf. „Ich glaube, das haben wir in der Schule nie durchgenommen.“
    Sie lachte und blätterte zu der am meisten gelesenen Sektion in dem Buch. „Nein, Liebes. Hier, siehst du? Sie wandert in der Nacht . Das war das erste Mal, dass ich deinen Namen gehört habe. Darum haben wir dich so genannt.“
    Mein Magen zog sich zusammen, mein Mittagessen brannte mir in der Speiseröhre. Ich stand so schnell auf, dass das Buch zu Boden fiel. Ich hob es nicht auf. Meine Mom sah mich besorgt an und erhob sich ebenfalls.
    „Emm, was ist los?“
    „Nichts.“ Ich zwang mich, mich hinzusetzen und das Buch zur Hand zu nehmen, die Seite zu überfliegen. Das Gedicht auf der Seite war anders als das, was Ed mir in meiner Episode vorgelesen hatte, aber es war nah genug dran, um die Ähnlichkeiten zu erkennen. „Ich wusste das nur nicht. Ich meine, es überrascht mich.“
    „Ich dachte, du wüsstest es“, sagte sie. „Ich war mir sicher, es dir erzählt zu haben. Aber das ist schon so lange her, vielleicht erinnerst du dich nicht mehr. Ich habe während meiner Schwangerschaft immer wieder laut aus dem Buch vorgelesen. Dabei habe ich meistens in dem alten Schaukelstuhl gesessen, den Gran mir hinterlassen hat. Und im Krankenhaus habe ich es dir auch vorgelesen. Ich schätze … nun ja, jetzt, wo ich so darüber nachdenke, danach habe ich es dir nie wieder vorgelesen. Vielleicht haben wir wirklich nie darüber gesprochen.“
    „Es ist ein etwas seltsames Gedicht, um es seinem Kind vorzulesen, findest du nicht?“ Ich fuhr mit dem Finger die Zeilen entlang. „Ganz was anderes als Humpty Dumpty.“
    Meine Mom neigte den

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