Der Duft von Orangen (German Edition)
Liste der zukünftigen Events. Ein Foto von Johnny, der in die Kamera lächelte und genauso aussah, als wollte er denjenigen, der auf der anderen Seite der Linse stand, auf der Stelle vögeln … Schweig still, mein kleines geiles Herz .
Es gab noch andere Fotos von ihm, die meisten zeigten ihn beim Händeschütteln mit mehr oder weniger berühmten Persönlichkeiten. Johnny mit dem Bürgermeister, mit dem DJ vom örtlichen Radiosender, mit dem Präsidenten irgendeines Museums. Und dann, etwas überraschend, Johnny mit echten Berühmtheiten. Bilder von ihm neben einigen der größten Filmstars der Sechziger und Siebziger. Rockstars. Dichter. Romanautoren. Lauter bekannte Gesichter. Auf den meisten Bildern schauten beide in die Kamera, aber es gab auch ein paar ungestellte Fotos,auf denen die anderen immer unweigerlich aussahen, als wollten sie ihn an Ort und Stelle verschlingen. Oder von ihm gefickt werden … Ich konnte es ihnen nicht verdenken.
Vielleicht war ihm seine erotische Vergangenheit doch gar nicht so peinlich, wie ich gedacht hatte. Weitere Recherchen brachten ein halbes Dutzend Interviews auf verschiedenen Blogs zutage, die nicht sonderlich viele Leser zu haben schienen. Was mich nicht weiter überraschte. Jeder Affe mit einem Computer konnte einen Blog erstellen, und auch wenn Johnny einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hatte, galt das doch nur für eine sehr kleine Zielgruppe. Er klang nicht so, als bereute er etwas. Zumindest nicht in den Interviews, die er in den letzten paar Jahren gegeben hatte. Die hatten sich zwar mehr um seine aktuelle Arbeit gedreht, doch unvermeidlich waren auch ein paar Fragen zu seinen Tagen als Schauspieler gestellt worden.
„Ich stehe zu allem, was ich getan habe“, erklärte Johnny mir in dem Videoclip, der bei einer Preisverleihung aufgenommen worden war, von der ich noch nie etwas gehört hatte.
Das Bildmaterial war wacklig, der Ton schlecht und die Leute, die im Hintergrund entlangliefen, ein wenig Angst einflößend. Derjenige, der die Kamera führte, stellte auch die Fragen. Die Stimme klang androgyn und viel zu nah am Mikrofon. Johnny schien nicht sonderlich daran interessiert, interviewt zu werden, aber er beantwortete trotzdem noch ein paar weitere Fragen.
Ich lehnte mich in meine Kissen zurück und stellte den Laptop auf die Knie. Wikipedia hatte tatsächlich auch einen Eintrag über ihn, komplett mit Links zu Dutzenden Artikeln in Magazinen und Zeitungsarchiven. Besprechungen seiner Filme und ganze Websites, die allein der Diskussion derselben gewidmet waren. Links zu Orten, an denen seine Kunst ausgestellt wurde. Alleine mit den Hinweisen, die auf dieser einen Seite versammelt waren, konnte man einen ganzen Tag auf Johnnys virtuellen Spuren verbringen. Sollte irgendjemand mich googeln – ich tat es selber ein paarmal im Monat, um zu sehen, was dabei herauskam – fände er nur eine Liste von Leistungen, die eine andere Frau meines Namens erreicht hatte. Die Frage war nicht , warum es so viele Informationen über ihn gab, sondern wie ich über dreißig Jahre alt werden konnte, ohne zu ahnen, dass es ihn überhaupt gab!
Ich fuhr den Computer herunter und stellte ihn beiseite, dann kuschelte ich mich in meine Kissen und dachte nach. Ich war total verknallt. So schlimm wie seit der sechsten Klasse nicht mehr, als ich das erste Mal Jungen für mich entdeckte. Schlimmer noch als die geheime Liebesaffäre, die ich in meinem Kopf mit John Cusack hatte, nachdem ich das erste Mal Teen Lover gesehen hatte. Meine Gefühle für Johnny waren eine Mischung aus beidem – er war jemand, den ich in einem Film gesehen hatte, also nicht „real“, aber dennoch lebte er nur wenige Meter die Straße hinunter. Er trank Kaffee und trug gestreifte Schals. Er war greifbar.
„Reiß dich zusammen, Emm“, schalt ich mich. Ich überlegte, aus meinem warmen Bett zu klettern und heiß zu duschen. So ganz konnte ich mich von diesem Vorhaben allerdings nicht überzeugen.
Ich wollte nicht an die drei Episoden denken, dich ich am Vortag gehabt hatte, aber da ich ein wenig von der Halluzination träumen wollte, in der Johnny in all seiner nacktärschigen Pracht die Hauptrolle gespielt hatte, kam ich nicht umhin. Zwei kleine und eine etwas größere. Keine hatte besonders lange gedauert. Es war mehr die Häufigkeit, die mir Sorgen machte.
Ich war einunddreißig Jahre alt und hatte bis vor wenigen Monaten nie alleine gelebt. Ich habe nie weiter als einen Fußmarsch von meinem
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