Der Duft von Orangen (German Edition)
meine, ich wusste, dass es dich schwer erwischt hat, aber ich wusste nicht, dass es so ernst ist.“
„Es ist nicht ernst“, sagte ich. „Bist du sicher?“
„Er hat mich weggeschubst, schon vergessen? Männer schieben keine Frauen weg, auf die sie stehen.“
„Manchmal schon. Vielleicht gab es einen Grund dafür, den du nicht kennst. Vielleicht hat er eine Freundin.“
Ich schnaubte. „Das wäre noch schlimmer, als wenn er mich einfach nicht leiden könnte.“
„Findest du?“ Jen wirkte nicht überzeugt.
„Ja. Wenn er nicht auf mich steht – was meiner Überzeugung nach Fakt ist – kann ich einfach weitermachen. Aber wenn er nur wegen einer anderen Frau nicht mit mir zusammen sein kann, obwohl er es will …“
„Ich verstehe, was du meinst. Das wäre echt doof.“
Ich lachte. Nach dem Geständnis ging es mir ein bisschen besser. „Und vor allem total unrealistisch. Er hat mich von sich geschoben, als wäre mein Mund vergiftet. Das ist echt peinlich.“
„Stimmt“, sagte Jen.
Wir schauten einander eine halbe Minute in die Augen, bevorwir in lautes Lachen ausbrachen. Das tat gut. Es half mir viel mehr als mitfühlende Worte oder Beteuerungen, dass alles gut würde.
„Du bist nicht sauer?“, fragte ich, als ich mich wieder einigermaßen gefangen hatte.
„Nein, wieso sollte ich?“ Jen wirkte ernsthaft verwirrt. „Na ja, weil … weil es um Johnny geht.“
Sie lachte auf. „Ja, aber er hat mich ja nicht deinetwegen sitzen gelassen oder so.“
„Aber du hast ihn zuerst gemocht.“
„Sind wir in der sechsten Klasse oder was? Süße“, Jen wurde ernst. „Du wirst mir einen gehörigen Tritt versetzen, aber ich sagte es trotzdem, auch wenn du mir nicht glaubst: Ich denke, er mag dich.“
„Auf gar keinen Fall.“
Sie nickte. „Oh doch. Ich glaube schon. Ich war letzte Woche einmal alleine hier, und er kam rein und schaute sich um. Schaute mich an, hat mir direkt ins Gesicht gesehen, aber wahrgenommen hat er nur den leeren Stuhl mir gegenüber, wenn du verstehst, was ich meine.“
„Ach, hör auf! Warum hast du mir das nicht erzählt?“ Sofort war es mir peinlich, dass ich so anklagend klang, wo ich doch selber gerade erst aufgehört hatte, mich schuldig zu fühlen, weil ich ihr ihren Schwarm ausspannen wollte.
„Bis du mir das eben erzählt hast, habe ich mir nichts dabei gedacht. Aber jetzt ergibt es für mich Sinn.“
„Ich erzähle dir, dass ich von ihm abgewiesen wurde, und dir fällt ein, dass er sich nach mir umgesehen hat?“ Ich schüttelte seufzend den Kopf. „Tut mir leid, aber der Strohhalm ist mir etwas zu brüchig, um danach zu greifen.“
„Hey. Was ist vor dem Kuss passiert?“
Ich dachte daran, wie er mich gehalten und mir übers Haar gestreichelt hatte. „Er war einfach nur nett.“
„Und du glaubst, Männer sind nur so einfach nett?“
„Einige schon. Oh Gott.“ Mein Magen verkrampfte sich. Ich verbarg mein Gesicht in den Händen.
„Komm, da ist doch nichts dabei.“ Sie stupste mich so lange an, bis ich aufschaute.
Ich konnte ihr nicht sagen, dass ich mit Johnny schon auf tausend Arten gevögelt hatte. Zumindest in meinem Kopf. Dass ich süßen, schmutzigen, göttlichen Sex mit ihm gehabt hatte und mir Sorgen machte, dass meine Fantasien durch irgendetwas angeregt wurden, das mein Körper in seinem unbewussten Zustand getan hatte.
Das Klingen der Glocke ließ Jen über meine Schulter zur Tür schauen. Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, wer da gekommen war. Ich erkannte es an der Art, wie ihre Pupillen sich weiteten, an dem Blick, den sie mir zuwarf, ihrem Mund, dem starren Lächeln. Ich versteifte mich und schloss kurz die Augen. Ich hörte Schritte. Wartete auf die Berührung seines Mantels im Vorbeigehen. Ich öffnete die Augen.
Johnny stand an unserem Tisch und schaute uns beide an.
Jen, das musste ich ihr zugutehalten, wirkte kaum überrascht. Ich achtete darauf, meinen Mund fest geschlossen zu halten und Johnny nicht wie ein Idiot anzuglotzen. Wir schauten zu ihm auf. Er schaute auf uns herunter.
„Mädels“, sagte er mit einem Nicken und ging zum Tresen weiter.
In dem Moment erkannte ich, dass von ihm bemerkt zu werden wesentlich schlimmer war, als ignoriert zu werden.
„Wow“, sagte Jen leise. „Er sagt zu kaum jemandem Hallo.“
„Mädels?“, flüsterte ich. Mein Blick war die ganze Zeit auf ihn gerichtet, doch er hatte nicht ein einziges Mal zu uns zurückgeschaut. „Mädels? Sind wir zwölf oder was?“
Sie
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