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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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während sie ihn ehrfürchtig berührten und etwas dazu murmelten.
    » Dieser Wagen hat schon baraka«, sagte Aziz. » Er hat viele Reisen hinter sich. Keine Probleme. Er hat viel baraka.«
    » Baraka? Was ist das?«, fragte ich.
    » Segen. Auto gut, sehr gut«, sagte Mustapha. Allmählich hegte ich den Verdacht, dass sich sein französischer Wortschatz mehr oder weniger auf dieses eine Wort beschränkte. » Und Fahrer auch gut.«
    » O ja, Madame«, pflichtete ihm Aziz bei. » Der beste. Es ist schwer, Auto fahren sehr schwer, Madame. Sehr schwer für einen Mann, unmöglich für eine Frau.« Obwohl er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete, war er noch immer kleiner als ich.
    Ich betrachtete das Lenkrad und wusste, wie es sich unter meinen Händen anfühlen würde.
    Dann ballte ich die Hände zu Fäusten und verbarg sie in den Falten meines Rocks. Ich hatte mir gelobt, nie wieder ein Lenkrad anzufassen.

ACHT
    A ls wir aus Tanger herausfuhren, tauchte die aufgehende Sonne die weißen Gebäude in verschiedene Rosa- und Rottöne, und ich ließ einen langen, zittrigen Atemzug entweichen. Endlich war ich auf dem Weg nach Marrakesch.
    So weit bist du schon gekommen, sagte ich zu mir und blickte durch die zerkratzte und schmutzige Windschutzscheibe. Du hast es allein geschafft. Ein Gefühl der Erleichterung durchflutete mich, doch im nächsten Moment fragte ich mich, ob ich mir tatsächlich im Klaren war, was ich im Begriff stand zu tun, indem ich in diesem fremden Land auf eigene Faust eine Reise mit zwei Männern antrat, von denen ich kaum mehr wusste, als dass sie einen Wagen lenken konnten. Ich legte mein Leben in die Hand mir unbekannter Männer, von denen ich nur den Namen kannte – einer davon war mir auf einem handgeschriebenen Zettel von Elizabeth Pandy weitergereicht worden, die ihn wiederum von einem Fremden erhalten hatte.
    Niemand wusste, mit wem ich unterwegs war – abgesehen von Omar –, und auch wenn Elizabeth und ihre Freunde meinen Plan kannten, nach Marrakesch zu reisen, hatte ich sie vor meiner Abreise nicht mehr zu Gesicht bekommen.
    Und doch … und doch glaubte ich irgendwie, dass alles gut gehen würde, wenngleich mein Glaube womöglich auf einem irrwitzigen Wahn beruhte. Ich glaubte, dass mit mir alles gut gehen und ich irgendwie herausfinden würde, was ich unbedingt wissen musste. Aber vielleicht war es auch eher ein bislang ungekanntes Gefühl des Vertrauens – vielleicht ein neu gewonnenes Selbstvertrauen. Hatte ich nicht den Atlantik überquert, mich in Marseille durchgeschlagen, auf der Straße von Gibraltar dem Levante getrotzt und es geschafft, diese beiden Männer anzuheuern, die mich zu meinem eigentlichen Zielort bringen sollten? Mich, die ich nie zuvor Albany verlassen, ja nicht einmal die Möglichkeit eines anderen Lebens jenseits des vertrauten in Betracht gezogen hatte? Jenseits der Sicherheit meiner alten Existenz.
    Die Männer unterhielten sich auf Arabisch miteinander, und ich wünschte, ich hätte sie verstehen können. Sie trugen dieselbe Kleidung wie am Vortag, nur dass auf Aziz’ rasiertem Schädel statt der weißen runden Kappe nun schräg ein roter Fes saß. Er hatte seine Sandalen ausgezogen und streckte die bloßen Füße zwischen Mustapha und mir aus. Ich warf einen verstohlenen Blick auf seine Zehen und musste unweigerlich an Etiennes lange, schmale Füße denken, deren Haut an der Oberseite erstaunlich weich war.
    Während wir auf der holprigen Makadamstraße, die die Franzosen gebaut hatten, aus der Stadt hinausfuhren, ließen wir linker Hand die eindrucksvollen Gipfel des Rif-Gebirges liegen, und rechter Hand glitzerte der blaue Atlantik. Die Meeresbrise war frisch und tat gut, und so früh am Morgen war der Himmel noch mit einem perlmuttfarbenen Schleier bedeckt. Die vagen Umrisse von Seemöwen, die sich ihr Frühstück fischten, waren über dem Meer auszumachen.
    Nur wenige Autos waren unterwegs, doch wann immer uns eines auf der engen Straße entgegenkam, hielt ich den Atem an und fürchtete, dass sich die beiden Wagenseiten berühren könnten. Öfter passierten wir eine Dromedarkarawane, die von verhüllten Gestalten angeführt wurde. Die kleinen, einhöckrigen Kamele waren beladen mit Waren, und manchmal balancierte auch eine bis auf zwei schmale Augenschlitze vollständig verhüllte Frau auf seinem Rücken. Häufig spähte ein Kind zwischen den Falten der Frauengewänder hervor. Obwohl wir recht langsam an ihnen vorbeifuhren, ersehnte ich eine Pause, um

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