Der Duft
erhaschen,
in dessen Mitte sich V-förmig der Weiße und Blaue Nil trafen. Sie erkannte sogar den unförmigen ockerfarbenen Klotz des Hilton
in der Nähe des Flusses.
Der Hubschrauber stieg höher und drehte Richtung Nordosten ab, und bald wurde die Landschaft eintönig. Marie sah Harrisburg
in sein Funkgerät sprechen. Obwohl der Riese bisher die Ruhe selbst gewesen war, wirkte er jetzt angespannt.
»Jim, verdammt noch mal! Ich habe Ihnen das doch erklärt: Wenn das Pheromon im Hotel ausgebracht wird, verlieren Ihre Leute
die Kontrolle über sich und werden zu einer tödlichen Gefahr! Sie müssen sie entwaffnen!«
»Genau das werde ich nicht tun.« Jim Crickets Stimme war aufgrund der digitalen, abhörsicheren Funkverbindung klar und deutlich
in Harrisburgs Kopfhörer. »Ich werde Ihre Geschichte ernst nehmen und die Sicherheitskontrollen im Eingangsbereich verschärfen.
Aber es ist eben nur das: eine Geschichte. Wir haben nicht den geringsten Beweis |326| dafür, dass sie stimmt. Was, wenn diese Deutsche auch eine Terroristin ist? Was, wenn sie mit Ondomar zusammenarbeitet? Wenn
er sich diese Sache mit dem Pheromon nur ausgedacht hat, damit wir genau den Fehler machen, zu dem Sie mich gerade zu überreden
versuchen? Dann wären wir schutzlos, falls er es doch irgendwie schafft, einen bewaffneten Mann in das Hotel zu schleusen.«
»Sagten Sie nicht, das sei absolut ausgeschlossen?«
»Ja, das habe ich gesagt, und das glaube ich auch. Aber ich könnte mich irren.«
»Sie könnten sich auch irren, was die Einschätzung der Gefahr durch dieses Pheromon angeht.«
»Ja. Aber ich bleibe dabei: Wir haben keinen Beweis. Ich habe mit einem Biochemiker aus unserem Labor in Langley gesprochen.
Er sagt, es gäbe keine Pheromone mit einer derartigen Wirkung – weder auf Menschen, noch auf irgendeine andere Lebensform.«
»Die Wirkungsmechanismen von Pheromonen sind bisher kaum erforscht. Weder beim Menschen noch in der Natur.«
»Schon möglich. Aber auf die bloße theoretische Möglichkeit hin, es könnte so etwas geben, werde ich nicht die Sicherheit
der Konferenz gefährden. Diese Deutsche hat einen Wachmann der Botschaft tätlich angegriffen. Glauben Sie wirklich, eine harmlose
Touristin würde so etwas tun? Und mal ehrlich: Die ganze Geschichte ihrer Flucht aus Ondomars Lager ist doch ziemlich weit
hergeholt, meinen Sie nicht auch? Klingt doch, als hätte sich das irgend so ein Thrillerautor ausgedacht!«
Harrisburg registrierte erleichtert, dass Cricket wenigstens das Protokoll gelesen hatte, das er ihm weitergeleitet hatte.
Er nahm die Sache also auch nicht auf die leichte Schulter. »Hören Sie, Jim. Ich sehe ein, die Geschichte ist schwer zu glauben.
Aber tun Sie mir wenigstens einen Gefallen: |327| Schirmen Sie den Konferenzbereich ab und lassen Sie niemanden mit Waffe dort hinein. Verriegeln Sie für die Dauer der Konferenz
die Türen. Bitte!«
»Die Türen verriegeln? Sind Sie noch bei Trost? Und wenn ein Feuer ausbricht? Ich kann doch die Staatsoberhäupter der Welt
nicht einschließen!«
Harrisburg schüttelte frustriert den Kopf. Cricket umzustimmen, war hoffnungslos. Seine einzige Chance bestand darin, den
oder die Attentäter zu erkennen und rechtzeitig abzufangen. Wenn es dafür nicht schon zu spät war. »Ich schätze, wir werden
in drei Stunden in Riad sein. Ich komme dann sofort ins Hotel.«
»Gut. Bis nachher, Bob.«
Harrisburg warf einen kurzen Blick über die Schulter zu der Deutschen, die anscheinend eingenickt war. Alle seine Hoffnungen
ruhten jetzt auf ihr.
Als sie sich dem Luftraum über Riad näherten, gab es ein neues Problem. Die saudi-arabischen Behörden weigerten sich, dem
Hubschrauber die Landegenehmigung im Stadtgebiet zu erteilen. Der Luftraum über der Stadt und im weiten Umkreis war aufgrund
der Konferenz gesperrt. Nur die angemeldeten Maschinen der Staatsoberhäupter durften auf dem King Khalid International Airport
landen, von wo die Insassen unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen mit Helikoptern zum Hotel gebracht wurden.
Zwar hatten die US-Sicherheitsbehörden die Hoheit über die Absicherung der Konferenz gegen Terroristen, doch die Kontrolle
des Luftraums war in der Hand der Saudis geblieben. Nun beharrte irgendein bornierter Sicherheitsoffizier darauf, dass sie
auf einem Militärflughafen landeten, der zwei Autostunden von Riad entfernt lag. Er drohte sogar damit, einen Abfangjäger
der Saudi-Arabischen
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