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Der Duft

Titel: Der Duft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Kollegen von Terroristen
     entführt worden und geflohen. Sie warnte vor einem Anschlag auf die bevorstehende Friedenskonferenz durch einen Terroristen
     namens Nariv Ondomar, der in den CIA-Akten als »potenziell gefährlich« klassifiziert war, weil er im Westen studiert hatte.
     Ein CIA-Mitarbeiter namens Anderson hatte die Personen als »überzeugend« eingestuft, deshalb war die Meldung in die Gefahrenstufe
     Zwei einsortiert worden, obwohl es keine bestätigenden Hinweise aus internen Quellen oder von anderen Informanten gab. Ein
     kurzer Kommentar des CIA-Hauptquartiers merkte an, dass die Geschichte extrem unplausibel klang und es sich möglicherweise
     um posttraumatische Wahnvorstellungen der Deutschen nach einem Banditenüberfall handelte.
    Mehrere Umstände der Meldung ließen Harrisburg aufhorchen: Die Tatsache, dass eine Deutsche sich an die US-Botschaft gewandt
     hatte, war an sich schon bemerkenswert. Dass sie einen Wachmann angegriffen hatte, anscheinend nur, um sich Gehör zu verschaffen,
     war mehr als ungewöhnlich, sprach andererseits aber auch wieder für die Theorie der paranoiden Wahnvorstellungen. Doch da
     war noch der konkrete Bezug zur Friedenskonferenz in Riad.
    Harrisburg rief über seinen Hochsicherheitszugang zum Informationsserver des Heimatschutzministeriums das Vernehmungsprotokoll
     aus Khartum ab. Zehn Minuten später klappte er sein Spezial-Mobiltelefon mit moderner Verschlüsselungstechnologie auf.

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    |318| 38.
    Der Pilger spürte ein sanftes, kurzes Vibrieren in der Hosentasche. Nur aufgrund seines langen Trainings gelang es ihm, den
     Reflex, zusammenzuzucken und nach dem Handy zu greifen, zu unterdrücken. Wenn ihn jemand jetzt und hier kontaktierte, konnte
     das nichts Gutes bedeuten, und auf keinen Fall durften sie etwas davon mitbekommen.
    Er stand auf, streckte sich, warf einen kurzen Blick aus dem Fenster auf die Stadt und die Wüste am Horizont. Er mochte die
     Wüste. Sie war rein und klar. Sie führte einen an seine Grenzen. Sie brachte einen Gott näher.
    Sein Blick streifte durch das luxuriöse, von einer leistungsfähigen Klimaanlage gekühlte Apartment. All die Annehmlichkeiten
     moderner Technik suggerierten den Menschen, sie hätten sich über die Natur erhoben. Immer mehr meinten sogar, auf den Glauben
     an Gott verzichten zu können, so als machten Computer und Gentechnik sie vom Schöpfer unabhängig, als seien die Menschen selbst
     allmächtig. Doch der Zeitpunkt war nah, an dem Gott seinen Willen offenbaren würde. Niemand konnte seinem Zorn widerstehen,
     niemand seine Gnade zurückweisen. Wen er erwählt hatte, den führte er in ewige Glückseligkeit. Für die anderen blieb nur die
     Verdammnis.
    Der Pilger ging ins Bad und schaltete das Radio ein, das arabische Musik spielte, drehte die Dusche auf, zog sich aus und
     stellte sich unter den warmen, angenehm festen Wasserstrahl. Erst jetzt klappte er das Handy auf, das er in der hohlen Hand
     vor den künstlichen Augen der Sicherheitskameras verborgen hatte. Das Duschwasser perlte an der Spezialbeschichtung ab. Die
     Dusche war der einzige Ort in |319| der luxuriösen Hotelsuite, den die Kameras nicht einsehen konnten.
    Ein einziger Tastendruck genügte, um die gespeicherte Nummer zu wählen. Die Person am anderen Ende entrichtete einen kurzen
     rituellen Gruß.
    »Was gibt es?«, fragte der Pilger, laut genug, dass er trotz des Wasserrauschens und der Musik im Hintergrund am anderen Ende
     zu verstehen war, doch leise genug, um niemand außerhalb der Duschkabine mithören zu lassen.
    »Schlechte Neuigkeiten, Vater.«
    »Berichte, Sohn.« Mit gerunzelter Stirn hörte der Pilger den Bericht an. Er dachte nur kurz nach, dann gab er einige Anweisungen,
     klappte das Handy zu und legte es in die Seifenschale. Er drehte das Wasser ab, streifte den Duschvorhang ein Stück zur Seite
     und griff nach einem der großen, wunderbar weichen Handtücher. Während er sich abtrocknete, achtete er darauf, dass das Handy
     verborgen blieb.
    Beim Anziehen erlaubte er sich ein leichtes Lächeln. Schlechte Nachrichten vielleicht, doch es bestand kein Grund zur Sorge.
     Gott hatte ihn auserwählt und ihm seinen Willen offenbart. Es war undenkbar, dass er scheiterte.

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    |320| 39.
    Marie wurde durch das Dröhnen eines Hubschraubers geweckt, der unmittelbar vor ihrem Fenster landete. Sie sah auf die Uhr:
     halb sechs morgens. Draußen war es noch dunkel. Der Helikopter trug das Emblem des US-Militärs und hatte

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