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Der Duft

Titel: Der Duft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Der Südsudan ist inzwischen weitgehend autonom, aber in den Grenzgebieten kommt es in letzter Zeit zunehmend
     zu Übergriffen der sogenannten Dschandschawid. Das sind arabische Söldnermilizen, die von der Regierung in Khartum unterstützt
     werden. Sie sehen ja, was diese Banden anrichten. Dabei schafft es nur ein kleiner Teil der Menschen überhaupt bis hierher.«
    »Wir haben unsere Papiere verloren«, sagte Rafael.
    »Es gibt eine deutsche Botschaft in Khartum«, erklärte Berens. »Das ist allerdings knapp 1000 Kilometer von hier entfernt.«
    Sie erreichten ein großes Zelt, vor dem sich eine mehrere Dutzend Meter lange Menschenschlange gebildet hatte. »Das hier ist
     die Zentralstelle. Ich fürchte, Sie werden sich dort anstellen müssen. Ich muss mich jetzt um meine Patienten kümmern. Wenn
     Sie Hilfe brauchen, finden Sie mich im Lazarettzelt 4 in der Nähe des Eingangs.«
    »Vielen Dank, Dr. Berens.«
    »Gern geschehen. Es gibt viel zu wenig Menschen wie Sie, die helfen, statt wegzugucken. Machen Sie’s gut!«
    »Sie auch!« Marie nahm Peko an der Hand und ging zum Warteschlangenende, doch plötzlich rief der Junge aufgeregt und deutete
     auf die Menschen. Er rief etwas in seiner Sprache. Dann riss er sich los.
    »Peko! Wait!«, rief Marie. Doch dann sah sie eine Afrikanerin, die sich aus der Schlange löste und auf den Jungen zurannte.
     Sie hob ihn hoch und drückte ihn an sich, während Tränen über ihre Wangen liefen.
    »Das ging ja schneller als befürchtet«, sagte Rafael.
    Peko redete aufgeregt auf die Frau ein. Immer wieder zeigte er auf Marie und Rafael.
    Die Afrikanerin setzte ihn ab und kam auf sie zu. »I Zinja Gomo«, sagte sie. »You …« Sie konnte einen Moment nicht sprechen.
     »You save my son! I thought I not see him |271| again!« Sie ließ Peko los und umarmte Marie. »Thank you so much!«, schluchzte sie.
    »Don’t mention it«, sagte Marie. Und dann erzählte sie Pekos Mutter, wie tapfer und klug ihr Junge gewesen war, und dass er
     ihnen ebenso das Leben gerettet hatte wie sie ihm.
    Die Frau war außer sich vor Freude. Sie wollte Marie und Rafael zu dem Zelt mitnehmen, in dem ihre Familie untergebracht war,
     damit auch die anderen sich bei ihr bedanken konnten. Doch Marie lehnte ab. Später vielleicht, zunächst müsse sie dringend
     mit dem Lagerkommandanten sprechen. Pekos Mutter nickte und nannte ihnen eine Zeltnummer. Marie und Rafael versprachen, dort
     vorbeizukommen. Sie verabschiedeten sich von Peko, der über beide Ohren grinste. Dann gingen sie zurück in Richtung des Eingangsbereichs.
    Die Schlange vor dem Kontrollposten war inzwischen noch länger geworden. Es schien unmöglich, dass all die Menschen noch in
     das überfüllte Lager passten, doch die UN-Soldaten wiesen niemanden ab. Marie winkte Dr. Berens zu, der mit einem alten Mann
     sprach und flüchtig zu ihr herüber sah. Sie wollte sich gerade nach rechts wenden, in Richtung des Zeltes, das ihr der Soldat
     vorhin gezeigt hatte, als ihr Blick an einem der Männer in der Flüchtlingsschlange haften blieb. Er trug ein langes graues
     Gewand und einen Turban. Der Mann sah im selben Moment zu ihr hinüber.
    Sie erstarrte. Das Erkennen in seinen Augen bewies ihr, dass sie sich nicht getäuscht hatte. Es war Kadin.

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    Joan Ridley mochte Kisoro nicht. Die kleine Stadt war laut, schmutzig und irgendwie grob. Je mehr Geld der Gorillatourismus
     hierher brachte, desto schlimmer wurde es. Geld bedeutete Gier, und Gier führte zu Missgunst, Streit und Gewalt. Hinzu kamen
     der zunehmende Alkoholmissbrauch und die stetig wachsende Korruption, ohnehin ein Grundübel Afrikas. Manchmal fragte sie sich,
     ob all die Entwicklungshilfe der Europäer und Amerikaner die Lage des Kontinents nicht eher verschlimmerte als verbesserte,
     zumal die vermeintliche Großzügigkeit der reichen Länder allzu häufig von Eigennutz bestimmt war. Doch sie war keine Politikerin
     und hielt sich im Wesentlichen aus solchen Angelegenheiten heraus – sofern sie nicht ihre geliebten Gorillas betrafen.
    Sie liebte die Einsamkeit des Hochgebirgswaldes, in dem die Forschungsstation lag, und hielt sich so weit wie möglich fern
     von der Stadt. Doch gelegentlich musste sie herkommen, um Lebensmittel und Medikamente einzukaufen und das eine oder andere
     Ersatzteil abzuholen, das sie bei Immanuel’s Hardware Shop bestellt hatte.
    Nachdem sie ihre Besorgungen erledigt hatte, beschloss sie, noch kurz bei der Polizeistation

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