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Der Duft

Titel: Der Duft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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zerfetzt. Blut und Knochensplitter spritzten Marie ins Gesicht.
     Der Afrikaner schrie auf und taumelte zurück.
    »Fahr los!«, brüllte Marie. Doch der Aufforderung hätte es nicht bedurft. Rafael gab Vollgas.
    Vor ihnen ragte ein Maschendrahtzaun auf. Rafael ignorierte das Hindernis. Es blieb ihm auch nichts anderes übrig, denn jeder
     andere Weg war durch die Menschenmassen blockiert.
    Der Jeep krachte gegen den Zaun, der ein Stück heruntergebogen wurde, aber noch standhielt.
    »Verdammt!« Rafael setzte zurück. Eine Frau, die nicht rechtzeitig beiseitesprang, wurde von dem Jeep gerammt und fiel mit
     einem Schrei zu Boden. Marie hoffte, dass sie nicht schwer verletzt worden war.
    Der Jeep ruckte vor, als Rafael ihn mit Vollgas erneut gegen den Zaun lenkte. Diesmal reichte der Schwung aus, um den Metallpfosten
     umzuknicken. Der Wagen rumpelte |279| über das Drahtgeflecht und dann durch ein Dickicht von niedrigen Büschen. Dornige Zweige peitschten durch die Seitenfenster.
     Marie schützte ihr Gesicht mit den Händen, zog sich jedoch an Wange und Handrücken blutige Schrammen zu.
    Rafael fuhr ein paar Dutzend Meter querfeldein, bis er die Straße zum Lager erreichte. Sie war inzwischen menschenleer, weil
     die Wartenden in die Büsche geflohen waren. Er beschleunigte und raste davon. Ein Schuss krachte, dann noch einer, doch sie
     wurden nicht getroffen. Die große Staubwolke, die hinter dem Jeep aufgewirbelt wurde, wirkte wie eine Nebelgranate.
    »Mann, das war knapp!«, sagte Rafael, als sie weit genug entfernt waren.
    Marie wischte sich Blut aus dem Gesicht. »Wie haben sie uns gefunden?«
    »Vermutlich hat Ondomar einfach überall dort, wohin wir fliehen konnten, seine Leute postiert«, sagte Rafael. »Wir können
     von Glück sagen, dass dieser Kadin nicht schon im Lager war. Dort hätte er uns auflauern und uns einfach aus dem Hinterhalt
     abknallen können.«
    Sie waren noch keine halbe Stunde weit gekommen und gerade wieder auf die Hauptpiste eingebogen, die in nördlicher Richtung
     durch die karge Landschaft führte, als sie am Horizont im Süden einen dunklen Punkt wahrnahmen.
    Rafael gab Vollgas. Der Jeep flog über den buckligen Sandweg, so dass Marie jeden Moment mit einem Achsbruch rechnete. Trotzdem
     kam der Hubschrauber unaufhaltsam näher.
    Als Marie bereits sicher war, dass ihre Flucht scheitern würde, erkannte sie die weißen UN-Symbole auf den Seitenwänden des
     Helikopters. Die Erleichterung ließ sie schwindelig werden. Der Hubschrauber flog über sie hinweg und setzte seinen Weg Richtung
     Norden fort.
    |280| »Mann!«, sagte Rafael nur. Er schlug mit der Faust auf das Lenkrad. »Mann!«
    Sie setzten ihre Fahrt schweigend fort. Immer wieder wandte sich Marie angstvoll um, doch es tauchte keine weitere Gefahr
     am Horizont auf.
    Die Sonne stand bereits tief, als sie einen Fahrerwechsel machten
    »Lös mich mal eine Weile ab«, sagte Rafael und machte den Platz am Lenkrad frei. »Wir sollten die Nacht durchfahren. Weck
     mich, wenn du nicht mehr kannst.«
    Der Sonnenuntergang über der kargen Landschaft, durch die sie jetzt kamen, war atemberaubend schön. Sie fuhren durch einige
     kleinere Siedlungen, deren flache Lehmziegel-Hütten und Häuser unbeleuchtet waren. Andere Fahrzeuge sahen sie nicht. Niemand
     schien idiotisch genug zu sein, um bei Einbruch der Nacht einer Sandpiste zu folgen.
    In der Tat war es schwierig, im trüben Scheinwerferlicht immer den Weg zu erkennen. Marie folgte so gut sie konnte den Spuren,
     die sich nur schwach im Sand abzeichneten, aber zwei oder drei Mal kam sie von der Fahrbahn ab und rumpelte über unebenes
     Gelände. Es grenzte an ein Wunder, dass sie den Jeep jedes Mal wieder frei bekamen.
    Irgendwann in der Nacht musste Marie den Tank auffüllen. Sie hielt an und stieg aus, ohne Rafael zu wecken. Über ihr wölbte
     sich ein Lichtermeer, wie sie es noch nie gesehen hatte. Kein irdisches Licht trübte den Blick auf Milliarden Sterne. Das
     Band der Milchstraße war deutlich zu erkennen. Eine Gänsehaut überfiel sie, als ihr klar wurde, dass dieser Anblick genau
     derselbe war, den die Urmenschen hier in Afrika schon vor einer Million Jahren betrachtet hatten. Plötzlich kam sie sich mit
     all ihren Problemen unbedeutend vor. Sie kippte die letzte Reserve aus einem der Kanister in den Tank und setzte den Weg fort.
    |281| Im Morgengrauen erreichten sie die Ausläufer einer Stadt. Ein Schild mit arabischen und lateinischen Schriftzeichen wies sie
    

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