Der dunkle Highlander
Schriften.«
Wenn sie noch geschwankt hatte, so waren jetzt alle Bedenken ausgeräumt. Sein Bruder und dessen Frau; sie würden seine Familie besuchen. Wie gefährlich konnte ein Mann ihr werden, der sie mit zu seiner Familie nahm? Sie waren demnach nicht die ganze Zeit allein, sondern würden mit seiner Familie zusammen sein. Wenn sie es clever anstellte, konnte sie sich vor seinen Verführungskünsten schützen. Und ein ganzer Monat in seiner Nähe! Sie könnte ihn besser kennen lernen und ergründen, wie er wirklich war. Wer wusste schon, was in einem Monat sein würde? Und der Prinz verliebte sich in die Bauerntochter...
Ihr Herz klopfte wild.
»Sag ja, Mädchen. Du willst es, das lese ich in deinen Augen. Such dir die Stücke aus. Wir deponieren sie in deiner Wohnung, bevor wir abreisen.«
»Dort wären sie niemals sicher!« Sie merkte selbst, wie schwach dieser Protest war.
»Dann legen wir sie in eins dieser Kästchen... in diese...« Er sah sie fragend an.
»In ein Schließfach bei der Bank, meinst du?«
»Ja, das meine ich.«
»Und ich bekomme den Schlüssel?«
Er nickte. Seine Raubtieraugen blitzten siegessicher. In Filmen hatte der Böse einen solchen Blick, bevor er sein Opfer aufforderte: »Unterschreiben Sie hier.«
»Warum machst du das?«, hauchte sie.
»Das habe ich dir schon gesagt. Weil ich dich will.«
Sie fröstelte. »Wieso?«
Er zuckte die Achseln. »Vielleicht ist es Seelenverwandtschaft. Ich weiß es nicht. Es ist mir auch gleich- gültig.«
»Ich werde aber nicht mit dir schlafen, MacKeltar!«, erklärte sie unvermittelt. Er sollte nichts von ihr erwarten, also musste sie das so deutlich wie möglich sagen. Wenn sie sich irgendwann doch entschied, das Risiko einzugehen, war das etwas anderes. Aber er musste begreifen, dass dieser Punkt nicht Teil ihrer Abmachung war. Solche Dinge konnte man nicht verhandeln. »Deine Kunstgegenstände sind der Lohn dafür, dass ich dich einen Monat als Übersetzerin begleite. Nicht für Sex. Das ist nicht Bestandteil unseres Deals.«
»Ich möchte gar nicht, dass es Bestandteil unseres >Deals< ist.«
»Du glaubst, dass du mich verführen kannst«, unterstellte sie ihm.
Er biss sich auf die Unterlippe und lächelte dann. Unverschämtheit!, dachte Chloe ärgerlich. Das tat er nur, um ihre Aufmerksamkeit auf seinen sinnlichen Mund zu lenken. Sie durchschaute ihn - aber trotzdem taten seine Tricks ihre Wirkung, und sie fuhr sich unwillkürlich selbst mit der Zunge über die Lippen. Verdammt noch mal, war dieser Mann gut!
Du bist mir längst erlegen, Chloe-Mädchen, dachte Dageus, ohne den Blick von ihr zu wenden, du musst das nur noch akzeptieren, und das ist eine Frage der Zeit. Sie begehrte ihn. Die Leidenschaft war keineswegs einseitig. Zwischen ihnen bestand eine gefährliche Anziehungskraft, die jeder Logik und Vernunft trotzte. Sie war genauso fasziniert von ihm wie er von ihr. Beide wussten, dass sie sich vernünftigerweise trennen sollten: er, weil er kein Recht hatte, sie ins Verderben zu ziehen; sie, weil sie instinktiv spürte, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Aber weder er noch sie waren imstande, einen Schlusspunkt zu setzen. Teufel und Engel: Ihn schlug ihr helles Strahlen in Bann; sie wurde von seiner Dunkelheit angelockt. Beide wurden von dem, was ihnen fehlte, magisch angezogen.
»Aber wie auch immer, du wirst keinen Erfolg haben«, behauptete sie verbissen. Seine machomäßige Blasiertheit brachte sie auf die Palme.
»Ich hoffe, du verzeihst einem Mann, dass er es zumindest versucht. Ein Kuss, um unsere Abmachung zu besiegeln?«
»Es ist mir ernst«, beteuerte sie energisch. »Ich werde mich nicht in die lange Reihe deiner Eroberungen einordnen.«
»Ich sehe hier keine andere Eroberung«, gab er gelassen zurück. »Du vielleicht?«
Chloe verdrehte die Augen.
»Habe ich eine andere gebeten, mich nach Schottland zu begleiten?«
»Ich habe mich dazu bereit erklärt, okay? Ich möchte nur, dass die Bedingungen klar sind.«
»Oh, die sind mir klar«, versetzte er bedrohlich leise.
Sie hielt ihm die Hand hin. »Dann schlag ein.«
Er nahm ihre Hand, und als er sie an die Lippen hob, um sie zu küssen, wurde Chloe schwindlig.
Dieser Augenblick war ... bedeutsam. Sie hatte soeben eine Entscheidung gefällt, die ihr Leben für immer verändern würde, ohne dass sie sich vorstellen konnte, auf welche Weise. Die Griechen hatten ein Wort für einen solchen Moment. Sie nannte ihn Kairos -den schicksalhaften Augenblick.
Vor
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