Der dunkle Thron
wäre mir wohler bei dem Gedanken, dass du Francis aus seiner vertrauten Umgebung hierher verpflanzt«, hatte Madog verdrossen angemerkt.
»Wie in aller Welt darf ich das verstehen?«
»Du verübelst dem Jungen, dass du seine Mutter seinetwegen heiraten musstest. Du brauchst es gar nicht zu leugnen«, fügte er hinzu, als Nick ihn unterbrechen wollte. »Ich weiß, dass es so ist. Vergiss nicht, ich war dabei. Und das sind keine guten Voraussetzungen für eure gemeinsame Zukunft.«
»Madog?«
»Was?«
»Wirst du hinreiten und ihn holen oder nicht?«
»Natürlich werde ich hinreiten.«
»Gut von dir. Dann schlage ich vor, du machst dich auf den Weg. Der Tag vergeht, und es sind sechzig Meilen bis Hertfordshire. Ich werde versuchen, irgendwie ohne deine weisen Einsichten über meine Privatangelegenheiten zu überleben, bis du zurückkommst.«
Madog saß auf und antwortete ihm in walisischer Sprache. Nick hatte den Verdacht, dass er besser nicht um eine Übersetzung bitten sollte.
An Christi Himmelfahrt kehrte Madog nach Waringham zurück. Nick saß auf den Stufen vor dem Eingang des Bergfrieds in der Sonne, als sein Steward in die Burg ritt, gefolgt von einem sehr viel kleineren Reiter auf einem Pony.
Nick stand auf und ging ihnen entgegen.
Vor dem neuen Stall saßen die Ankömmlinge ab. Jacob kam heraus und nahm ihnen die Pferde ab. Francis klopfte seinem Pony gewissenhaft den Hals, ehe er es in die Obhut des Stallknechts gab, und kam dann an Madogs Seite auf seinen Vater zu. Sein Schritt war leicht, und in den blauen Augen stand ein erwartungsvolles Strahlen, während er sich neugierig umsah.
»Da sind wir«, verkündete Madog überflüssigerweise. »Einen Tag eher, als ich dachte. Dieser junge Mann hier reitet wie der Teufel.«
Nick war erleichtert, das zu hören. Er nickte seinem Steward zu. »Hab Dank, Madog.«
Dann wandte er sich an seinen Sohn. Der legte die linke Hand auf die Brust und verbeugte sich artig. »Mylord.«
»Willkommen zu Hause, Francis.«
»Danke.« Der kleine Kerl tat einen drolligen Stoßseufzer. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie froh ich bin, endlich hier zu sein.«
Nick fiel aus allen Wolken. Er hatte mit Ablehnung und Trotz gerechnet. »Tatsächlich?«
Sein Sohn nickte so heftig, dass die blonden, kinnlangen Locken tanzten. »Ich hab es mir so oft vorgestellt. Ich kann mich ja gar nicht an Waringham erinnern, denn ich war noch klein, als wir von hier fortgingen, weißt du. Aber ich wollte immer wissen, wie es ist. Mutter hat gesagt, ich müsse geduldig sein, aber ich fürchte, Geduld ist nicht meine allergrößte Stärke«, bekannte er und sah ihn aus seinen großen Augen mit einer Mischung aus Zerknirschung und Übermut an, die Nick amüsierte.
»Meine auch nicht«, bekannte er und überraschte sich selbst, als er dem Jungen die Hand entgegenstreckte. Ohne das geringste Zögern, mit kindlichem Urvertrauen legte Francis die Linke in die schwielige Pranke seines Vaters.
»Kommst du auf einen Schluck mit hinein, Madog?«, fragte Nick.
Doch der Steward schüttelte den Kopf und wies mit dem Kinn zum Wohnhaus auf der anderen Hofseite. »Ich schätze, meine Frau und meine Bälger warten sehnsüchtig auf mich. Jedenfalls hoffe ich das.«
»Dann komm heute Abend zum Essen herüber und bring sie mit. Je eher Francis deine Brut kennenlernt, desto besser.«
»Abgemacht.« Madog hob die Hand und zwinkerte dem Jungen verschwörerisch zu. »Also auf bald, Francis. Und vergiss nicht, was ich dir gesagt habe.«
Francis schüttelte feierlich den Kopf.
Nick führte ihn in den Bergfried. »Was hat er dir gesagt?«, fragte er neugierig.
»Das ist ein Geheimnis, tut mir leid«, erwiderte sein Sohn abwesend, während sein Blick staunend über die Vorhalle mit den nackten Mauern und den altmodischen Fackelhaltern glitt. »Du meine Güte …«
»Was?«, fragte Nick.
»Es ist … alt.«
»Uralt«, stimmte der Vater zu. »Der ganze Fußboden hier ist übrigens eine Falltür. Oben in der Halle gibt es einen Hebel. Wenn man den betätigt, kippt der Boden hier unten weg, und die Eindringlinge fallen in eine schaurige Grube.«
Francis blieb stehen und sah zu ihm hoch. »Ehrlich?«
»So wahr ich hier vor dir stehe.«
»Zeigst du’s mir mal?«
Nick schüttelte lachend den Kopf. »Es ist die allerletzte Maßnahme für den Moment größter Not. Ich schätze, es wäre sehr aufwändig, die Grube zu schließen und den Fußboden wieder herzurichten. Offen gestanden habe ich keine Ahnung,
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