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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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zu erkennen. Im Kontrast dazu war auf dem nächsten Bild eine munter dreinblickende Frau zu sehen, Oberstleutnant Susie Pileggi, die als ranghöchster »verfügbarer« Offizier das Südliche Kommando repräsentierte. Da das Hauptquartier von SOUTHCOM in Miami lag und damit hinter dem tödlichen Vorhang, war sie als Kommandeurin der Joint Task Force Bravo in Honduras ausgesucht worden. Ihr Stützpunkt, die Soto Cano Air Base, lag fünfzehn Kilometer südlich von Comayagua. Genau wie Musso und Admiral Ritchie, deren Vorgesetzten nach Washington gereist waren, musste auch Pileggi den frei gewordenen Platz ihres Chefs einnehmen. Der Vorgang erinnerte Musso an ein Kriegsszenario, das während seiner Ausbildung als Rollenspiel geübt worden war. Dabei sollte man herausfinden, was zu tun war, wenn die Vereinigten Staaten durch einen sowjetischen Atomschlag handlungsunfähig geworden waren.

    Franks war der ranghöchste Offizier unter ihnen, aber er übergab die Befehlsgewalt an Ritchie, der sich nicht mit einem beginnenden Feldzug im Nahen Osten herumplagen musste und außerdem über die intakten Strukturen des PACOM verfügen konnte. Der Admiral war genauso angespannt wie alle anderen, er sprach in knappen, abgehackten Sätzen, die Musso bekannt vorkamen. So redete er selbst auch schon den ganzen Tag.
    »Ich rekapituliere zunächst, was wir tatsächlich wissen«, sagte Ritchie, »bevor ich dann auf das größere Thema zu sprechen komme, nämlich auf das, was wir nicht wissen.«
    Musso sah, wie vier Köpfe, darunter sein eigener, zustimmend nickten.
    »Vor drei Stunden und vierzehn Minuten ereignete sich ein Phänomen unbekannten Ursprungs, das alles menschliche Leben in einem Gebiet von schätzungsweise vier Millionen Quadratkilometer ausgelöscht hat …«
    Musso merkte, wie er schlucken musste. Seine Frau und seine Kinder befanden sich innerhalb dieser vier Millionen Quadratkilometer. Seine Heimat war dort. Sein Leben.
    »Bislang konnten wir den genauen Umfang dieses Effekts noch nicht berechnen«, fuhr Ritchie fort. »Aber schätzungsweise liegt er in ovaler Form über neunzig Prozent des Gebiets der Vereinigten Staaten, bedeckt über der Hälfte von Kanada und ganz Mexiko oberhalb einer Linie zwischen Chilpancingo im Westen und Chetumal im Osten. Er erstreckt sich über den Golf von Mexiko über Kuba bis siebzig Kilometer nördlich von Guantánamo. Die einzige verschonte Großstadt auf dem Festland ist Seattle. Das Büro des Gouverneurs von Olympia hat den Notstand ausgerufen, ein Ausgehverbot erteilt und die Nationalgarde eingesetzt.«
    Musso konnte einen überraschten Gesichtsausdruck nicht unterdrücken. Susie Pileggi ging es genauso, bemerkte er.
In keiner Nachrichtensendung war Seattle erwähnt worden. Als hätte er ihre Gedanken gelesen, erklärte Ritchie:
    »General Blackstone in Fort Lewis hat Truppen in die lokalen Sender beordert, um eine Panik zu vermeiden. Der … äh … Gouverneur und sein Stellvertreter sind … nicht verfügbar. Ebenso einige Angehörige des Stadtrats. Offenbar waren sie auf einer Konferenz in Spokane. Jenseits des Effekts. Ungefähr vierhundert Personen sind von den Auswirkungen des Phänomens betroffen«, fuhr Ritchie fort. »Zu diesem Zeitpunkt haben wir keine Informationen, was mit ihnen geschehen ist und ob dieser Effekt andauern wird, ob er natürliche Ursachen hat oder technische. Wir haben die Reaktionen von potenziell feindlichen Regierungen geprüft und festgestellt, dass keine sich auf eine Art und Weise äußert, die den Verdacht aufkommen ließen, dass sie eine Rolle hierbei spielen.«
    »Was ist mit Peking?«, fragte Thomas Franks.
    Ritchie schien die Antwort von einem Punkt hinter Mussos Rücken abzulesen, als er sich an Franks wandte, der Tausende von Kilometern entfernt von ihm war.
    »Überall auf den Straßen der größeren Städte ist die Armee zu sehen. Das Kriegsrecht wurde ausgerufen, aber keine Truppen wurden mobilisiert. Dennoch haben wir unsere Abwehrkräfte in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt, für alle Fälle.«
    Musso spürte, wie er Gänsehaut bekam. Ritchie hatte seine Atom-U-Boote angewiesen, sich bereitzuhalten für einen Schlag, der das kommunistische Riesenreich in kürzester Zeit in ein Massenkrematorium verwandeln konnte. Das provozierte natürlich eine naheliegende Frage: Wer würde einen solchen Atomschlag anordnen? Auch hier schien Ritchie schon einen Schritt weiter zu sein als er.
    »Ich fürchte«, meldete er sich zu Wort, »bevor wir

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