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Der Eid der Heilerin

Der Eid der Heilerin

Titel: Der Eid der Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Posie Graeme-evans
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Riegel vorgelegt worden war. Melly, das Kind und die Amme waren eingeschlossen worden, aber von wem?
    In fieberhafter Eile zerrte sie an dem Riegel, doch es gelang ihr vor Aufregung nicht, ihn aus seiner Halterung zu ziehen. Nach einigem Zerren jedoch öffnete sich die Tür, und sie sah Melly und die Amme, die versuchten, das schreiende Kind zu beruhigen. Es war verängstigt, aber unverletzt.
    Melly stolperte auf Anne zu. »Oh, Anne, es war so schrecklich. Er hat sie wieder geschlagen, und sie wollte ihn nicht anflehen, dass er aufhört. Das wollte er sonst immer, und dann hat sie angefangen zu schreien. Gottes Dienerin hat sie sich genannt, und dann muss er sie schlimm geschlagen haben, denn sie jaulte auf wie ein Tier, und dann fing er an zu schreien ... und dann... dann war auf einmal alles still... Oh ...«, jammerte sie.
    Mellys entsetztes Schluchzen erstarb, als die beiden Frauen den toten Piers im Mondlicht daliegen sahen.
    Anne fasste als Erste wieder einen klaren Gedanken. »Gib mir Edward!«
    Anne packte das Kind, und dann flohen die drei Frauen aus dem Zimmer und ließen den ins Nichts starrenden Piers zurück, unter dessen langsam trocknendem Blut die Decken erstarrten, die vom Ehelager hingen.

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    Kapitel 15
    Es war der Morgen des vierundzwanzigsten Juni, der Tag des Johannisfests. Der schwere, eisengrauen Himmel kündigte ein baldiges Unwetter an.
    Die Markthändler, die zum Gelände außerhalb des Konventgartens der Armen Klarissinnen eilten, wo sie ihre Buden aufbauen wollten, zogen schweigend an Blessing House vorüber. Sie priesen nicht einmal ihre Waren an, denn die Fenster zur Straße waren alle fest verschlossen, und niemand hätte sie gehört.
    »Muss ziemlich dunkel sein da drinnen«, bemerkte John aus Spittalfields, als er mit seinem Kameraden, jeder mit einer Karre Grünkohl beladen, an dem Haus vorbeikam. Sein Freund stimmte ihm zu und bekreuzigte sich, als er die abweisende Haustür erblickte. Im Vergleich zu Mathew Cuttifer mochten sie einfache, unbedeutende Männer sein, aber sie hatten wenigstens keine Schwiegertöchter, die ihre Söhne umbrachten. Der Verwesungsgeruch im Haus machte den Aufenthalt in der Kapelle schier unerträglich. Piers war in einem offenen Sarg vor dem Altar aufgebahrt, und in der Hitze der vergangenen drei Tage war die Verwesung rasch fortgeschritten. Die Wärme, die die mannshohen Kerzen neben dem Sarg verströmten, tat ein Übriges.
    Abgesehen davon, dass Vater Bartolph den Gestank als wahre Last empfand, hatte er vor allem Angst. Denn Mathew Cuttifer widersetzte sich all seinen und Lady Margarets Überredungsversuchen und wollte den Sarg nicht schließen und seinen Sohn begraben lassen. Drei Tage und Nächte hatte er am Sarg seines Sohnes gewacht und gebetet und jegliches Essen und Trinken verweigert.
    In seinem langen Leben hatte Vater Bartolph schon so manches gesehen - er war über fünfzig Jahre alt, soviel er wusste -, aber was in diesem Haus geschehen war, übertraf sämtliche Vergewaltigungen, Feuersbrünste und Metzeleien, die er während des Bürgerkriegs zwischen der machthungrigen Margaret von Anjou und dem Haus York mitangesehen hatte. Gewiss, es war Blasphemie, so etwas zu denken, trotzdem vermutete er, dass Gott hier seine Hand im Spiel hatte. Die Vergeltung, die die geschundene Aveline an ihrem Mann geübt hatte, hatte etwas Biblisches.
    Aveline hatte nicht geleugnet, als er sie gefragt hatte, ob sie Piers erstochen habe. Aber als Geständnis konnte er dies kaum werten, denn sie hatte nicht mehr gesprochen, seit sie mit dem blutverschmierten Jagdmesser ihres Mannes in die Küche gewankt war.
    Als Mathew Cuttifer seinen toten Sohn in einer Lache aus gerinnendem Blut gefunden hatte, hatte es eine furchtbare Szene gegeben. Wie in Trance hatte er sich neben den Leichnam gekniet und ihn zärtlich wie ein schlafendes Kind in die Arme geschlossen. Die Leichenstarre hatte bereits eingesetzt, und es hatte beinahe grotesk ausgesehen, wäre es nicht so traurig gewesen, wie der alte Mann den steifen Körper an sich zu drücken versuchte.
    Insgeheim dachte der Pfarrer, dass es um Mathews Sohn nicht schade war, vor allem, da ein Enkel seinen Platz einnehmen konnte. Der Kleine würde durch die großmütterliche Erziehung wahrscheinlich besser auf das Leben vorbereitet werden. Als Lady Margaret und er versucht hatten, Mathew von dem Leichnam wegzubringen, war sie die Einzige gewesen, die ihren Mann zur Vernunft hatte bringen können. Sie hatte auch

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