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Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Titel: Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raul Zelik
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Fahrt.
    Oder lag es an Gerd, überlegt er, dem Freund der Mutter, dem Fils Lebensführung unheimlich war, der lange nicht einmal verstanden hatte, warum die Mutter sich nicht einfach von dem afrikanischen Mann scheiden ließ, dessen Nachnamen sie trug, dem selbst diese formale Fortführung der Ehe als unzulässiger Gesetzesbruch erschien. Gerd hat sich gegenüber Conny und Daniel immer korrekt verhalten, respektierte ihre Eigenständigkeit, selbst als er schließlich zu den beiden in die kleine Dreizimmerwohnung zog, doch vieles konnte er nie verstehen, konnte nicht nachvollziehen, was die Mutter in ihrer Jugend gemacht hatte, betrachtete Fils Existenz als äußere Bedrohung, von der er sich und wahrscheinlich auch Daniel fernhalten wollte.
    Ich will Fil gar nicht verteidigen, sagt Daniel. Ich meine auch nicht, dass du mich gegen ihn aufgebracht hättest. Ich frage mich nur, ob Fil nicht ganz anders ist, als wir denken.  
    Als sie denkt.
    Die Blicke der Mutter tasten sich durchs Zimmer. An den Wänden entlang, als wäre sie blind, als könnte sie sich in der Dunkelheit verlieren.
    Vielleicht, sagt sie schließlich – es klingt ratlos.
    Feuchte Luft strömt über Daniel hinweg, als sie an ihm vorbei zur Kaffeemaschine geht. Unter seinen Achseln spürt er Schweißtropfen die Rippen hinunterrinnen. In Berlin, denkt Daniel, war die Hitze trockener. Körpersommer: Man spürt die biologische Existenz.
    Und die Mutter, überlegt er, wie ist sie? Ganz anders, als er denkt?
 
    Natürlich hat Conny einmal erzählt, wie sie den Vater kennengelernt hat. Daniel war fünfzehn, ging die ersten Male auf Konzerte – in Arolsen, Nordheim, auch einmal in Kassel, mit dem Regionalzug hin, von der Mutter danach abgeholt –, und einmal, als sie alleine nach Hause fuhren, weil Daniels Freunde bei irgendeinem älteren Bruder im Auto Platz gefunden hatten, als Daniel und Conny eine Dreiviertelstunde eine verregnete Landstraße entlangschlichen, Conny fuhr immer sehr vorsichtig, versuchte immer jedes Risiko auszuschließen, erzählte sie ihm die Geschichte ihrer ersten Begegnung mit Fil.
    Sie habe kurz nach der Schule in einer Band gesungen, Neue Deutsche Welle, man habe sich an deutschen Texten versucht, erklärte sie, irgendwie unbestimmt zwischen Schlager, Punk und früher elektronischer Minimalistik, und legte eine alte Kassette ein, so dass im Auto, auf der verregneten Landstraße, irgendwo zwischen Arolsen und Göttingen ein Lied ertönte, das das Lebensgefühl der Zeit wie kein zweites auf den Punkt brachte, wie die Mutter behauptete, Paul ist tot, kein Freispiel drin . Sie hätten Musik gemacht und seien herumgetourt, erzählte sie weiter, während eine Band namens Fehlfarben weiter von Paul sang, einem Lebensgefühl, immer wieder auch in Berlin aufgetreten und auf diese Weise schließlich immer länger in der Stadt geblieben, immer wieder monatelang. Es sei nicht so gewesen, sagte sie, der Regen auf der Landstraße fiel dicht, so dicht, dass die Straßenführung kaum noch zu erkennen, nur noch zu erraten war, dass sie wirklich geglaubt habe, Musikerin werden zu müssen, aber sie hätten sich vorgenommen, wenigstens eine Platte herauszubringen, und auch deshalb sei sie damals in Berlin geblieben – um wenigstens eine Platte zu machen. Den Vater habe sie bei einem Open-Air-Konzert kennengelernt, in einem Hinterhof, Fil habe die Anlage aufgebaut, Lautsprecherboxen hin und her getragen, und sei dann nach dem Soundcheck, sie habe Deine blauen Augen machen mich so sentimental gesungen, das sei damals ein Hit gewesen, zu ihr an die Bühne getreten und habe gesagt, ihre Stimme mache ihn auch ganz verrückt. Ihr habe gefallen, wie er dabei lachte, obwohl seine Augen gar nicht blau waren, sondern eher einen Grünstich hatten, aber das Lied sei ja auch gar nicht von ihrer Band, sondern nur ein Cover gewesen, auf jeden Fall seien sie an diesem Abend in eine Kneipe gegangen, das müsse Ende '83 gewesen sein, kurz vor Weihnachten, sie hätten auf leeren Bierkisten gehockt und sich Witze erzählt, es sei sehr kalt, sibirisch kalt gewesen, und obwohl sie an diesem Abend kaum etwas über Fil erfahren, er kaum etwas von sich preisgegeben habe, sei er ihr sehr charmant vorgekommen, und so hätten sie sich das erste Mal geküsst.
    An diesem Abend im Auto auf der verregneten Landstraße bei Göttingen traute sich Daniel nicht zu fragen, ob die Eltern sich geliebt hätten, denn Conny hatte immer darauf bestanden, dass sie nie an eine Beziehung

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