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Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Titel: Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raul Zelik
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Intensivstation, im Koma, die Beziehung zur Mutter ungeklärter als gedacht, der unbestimmte Eindruck, das Falsche zu machen, das falsche Leben zu führen; spürt er plötzlich, dass das Leben tatsächlich dabei ist, ihm aus den Händen zu gleiten. Die Vorstellung gefällt ihm. Er weiß nicht, was als Nächstes geschieht, weiß nur, dass er das mit aller Kraft tun wird.
    Daniel sucht Tee, findet keinen, setzt Kaffee auf, belegt sich erst einmal ein Knäckebrot und tritt dann ans Fenster; Fils Ausblick prüfen, nachvollziehen, was der Vater beobachtet hat: Frauen, die sich, als Silhouetten, hinter zugezogenen Vorhängen umzogen, ein Geiger, der im Quergebäude hinter schalldichten Fenstern, so wie jetzt, Fingerübungen machte, die auf dem Spielplatz schaukelnden, schreienden, Seil hüpfenden, sich an Zöpfen ziehenden deutsch-türkisch-arabischen Gören, ein putziger Anblick – wenn man nicht für sie zuständig ist. Daniel fragt sich, ob sich der Vater wohl öfter mit einem Anflug von Melancholie, vielleicht auch Genugtuung auf den Balkon setzte und, ein Bier oder einen Kaffee in der Hand, das Treiben der Kinderschar verfolgte, um an Daniel und sich selbst zu denken: So wäre mein Leben verlaufen, wenn ich mich damals mehr um ihn gekümmerthätte // Habe ich Glück, dass mein Leben so nicht verlaufen ist. Und Daniel fällt auf, dass er sich nicht erinnern kann, ein einziges Mal mit Fil auf einem gewöhnlichen Spielplatz gewesen zu sein, nicht eine Situation mit Fil zwischen Schaukeln, Rutschen, Sandkästen aus dem Gedächtnis abrufen kann. Bei Fil scheint unter dem Abenteuerspielplatz nie etwas gegangen zu sein.
    Aber Erinnerung kann täuschen.
    Daniel geht zurück, zurück in die Küche, wo die Espressokanne mittlerweile brodelt, ein für die Nachwelt präparierter Kühlschrank brummt, und reißt eine Tasse, den H-Milch-Tetrapak, die Schere aus dem Schrank, fragt sich, warum der Vater eigentlich allein in dieser Wohnung lebt, dieser geräumigen Wohnung, wie er sich das leisten, noch dazu mehrere Monate im Voraus die Miete bezahlen konnte. Fil muss geerbt haben, denkt er, von den Eltern oder einem unbekannten Onkel ein kleines Vermögen übertragen bekommen oder aber eine Bank überfallen haben, von den Supermarktplünderungen zu größeren Operationen übergegangen sein, vielleicht Drogen, Haschisch gehandelt haben, denn ein Buchhalterlohn kann für eine solche Wohnung nicht reichen.
    Der Kaffeegeruch breitet sich im Raum aus, starkes Röstaroma, irgendwie zu bitter, schon jetzt zu bitter, und auf einmal merkt Daniel, dass es immer noch still in der Wohnung ist, es nicht reicht, Brazilian Funky in Maximallautstärke abzuspielen, er Gesellschaft braucht, jemanden sehen muss, aber niemanden, mit dem er diskutieren, mit dem er sich wie mit Steffen über die Suche nach Nachmietern unterhalten muss.
    Und so ruft er zunächst Faruk an. Den Berliner Freund, denseit Jahren auf Wartelisten lebenden Kumpel, der vertraut und doch nicht zu nah ist; eine Zeitlang wollte er Pilot werden, Fliegen ist ein angesehener Beruf , schreckte dann aber immer wieder vor dem Aufnahmetest und den Kosten für die Pilotenschule zurück und gab die Sache schließlich, obwohl es bei den Simulationsprogrammen so aussah, als könnte er ein guter Flieger werden, nach zwei gescheiterten Anläufen auf, um sich in einem Restaurant als Koch zu bewerben, einem der besten orientalischen Restaurants der Stadt. Doch Faruk, der Berliner Freund, eigentlich Steffens Freund, geht nicht an den Apparat, nur der Apparat geht an den Apparat, teilt Daniel schnarrend mit, dass Faruk im Moment nicht zu sprechen ist, man aber eine Nachricht hinterlassen könne, und so fällt Daniel plötzlich Nina-Charlotte-Sarah ein, die Frau, deren Name er vergessen und danach nicht erfragt hat, mit der er vor etwas über einer Woche nicht nach Hause kam, obwohl er die Nacht gern bei ihr verbracht, sich hätte anfassen lassen, sie angefasst hätte.
    Zu seiner Überraschung ist Nina-Sarah-Charlotte nicht an der Uni, nicht am Arbeiten, sondern meldet sich am anderen Ende der Leitung, grüßt, merkt überrascht, aber nicht unangenehm überrascht an, sie hätte nicht gedacht, dass er sich noch einmal meldet, lacht auf, eine kratzige, sexy verrauchte Stimme, beim letzten Mal fiel Daniel gar nicht auf, was für eine sexy-verrauchte Stimme sie hat, und er fragt, diesmal fragt er, ob sie nicht zu ihm kommen, mit ihm zu Abend essen wolle, ich habe eine neue Wohnung, also ich wohne jetzt in

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