Der Einsatz

kaspische Meer», sagte Adrian. «Ich dachte an Turkmenistan. Dort soll es um diese Jahreszeit sehr schön sein.»
    Harry warf seinem britischen Kollegen einen missbilligenden Blick zu. Was dachte er sich bloß dabei, diesem libanesischen Geschäftsmann ihren Einsatzplan anzuvertrauen? Und wieso erzählte er Atwan davon, ohne erst Harry selbst einzuweihen? Doch Adrian beachtete seinen amerikanischen Freund überhaupt nicht.
    «Aschgabat ist ganz besonders schön», sagte Atwan. «Und ruhig noch dazu. Man kann dort sehr gut arbeiten, ohne dasseinen jemand stört. Vorausgesetzt natürlich, man ist mit den örtlichen Gepflogenheiten vertraut. Und mit dem Präsidenten, versteht sich. Ich habe dem früheren
baschi
einmal sehr geholfen, und auch der aktuelle weiß, wie tief er in meiner Schuld steht.»
    «Dann werden Sie ihm also sagen, dass wir kommen?»
    «Aber selbstverständlich. Ich lasse jemanden bei ihm anrufen und die Nummer Ihres Flugs durchgeben. Sie sind willkommene Gäste, wie wir im Osten zu sagen pflegen.»
    «Vielen Dank, Kamal Bey. Ich bin Ihnen wirklich außerordentlich dankbar. Und Mr.   Fellows ebenfalls, auch wenn er eben erst von unserem Reiseziel erfahren hat.»
    «Kümmert euch gar nicht um mich, Jungs», warf Harry ein. «Ich bin nur hier, um hinterher den Dreck wegzuräumen.»
    Atwan lachte. «Nein, wie köstlich. Den Dreck wegräumen. Dabei hat Mr.   Winkler mir doch versichert, dass es gar keinen Dreck geben wird? Oder doch? Aber nein! Natürlich nicht.»
     
    Der Kaffee wurde serviert, und dazu gab es Pain au chocolat, Teegebäck und Marmelade. Harry hatte im Flugzeug kaum etwas gegessen und machte sich hungrig über den Imbiss her. Der Kaffee machte ihn ein wenig wacher, und er konnte sich wieder besser konzentrieren. Hier in Atwans Bibliothek befiel ihn das merkwürdige Gefühl, als wären Adrian und er nur Subunternehmer und der eigentliche Leiter des Einsatzes dieser arabische Geschäftsmogul, der ihnen da wie ein zweiter Fred Astaire gegenübersaß.
    «Also dann», sagte Adrian. «Wir haben vor dem Aufbruch noch einiges zu erledigen.»
    «O ja. In Ihrer Branche gibt es ja immer etwas zu erledigen. Worum geht es denn eigentlich genau?»
    «Wir werden uns in Turkmenistan mit einem jungen Wissenschaftler aus dem Iran treffen. Der Mann ist Atomphysiker und arbeitet für eine Firma namens Tohid Elektro   …»
    Harry fiel Adrian ins Wort, bevor der noch zu Ende sprechen konnte. «Stopp!» Er hielt die Hand hoch. «Eine Sekunde mal. Kann ich dich einen Augenblick sprechen, Adrian? Unter vier Augen?»
    Adrian wechselte einen Blick mit Atwan und zuckte die Achseln. «Wir sind hier unter Freunden. Da hat man keine Geheimnisse voreinander.»
    «Du magst vielleicht keine Geheimnisse haben, Kumpel, aber ich schon. Also tu mir den Gefallen. Wir unterhalten uns jetzt irgendwo allein zu zweit. Und zwar sofort.»
    Harry stand auf und ging über den ausladenden Perserteppich aus Ardabil, der den Boden der Bibliothek bedeckte. An der Tür wartete er auf Adrian, der ihm schließlich folgte, nachdem er Atwan eine rasche Entschuldigung zugeraunt hatte.
    «Was zum Teufel veranstaltest du hier eigentlich?», fragte Harry ihn, als sie allein im Vorraum der Bibliothek standen. «Das ist mein Mann. Und mein Einsatz. Ich weiß nichts über deinen arabischen Freund hier, außer dass du ganz offensichtlich auf seiner Gehaltsliste stehst. Und ich bin absolut nicht bereit, ihn in alle Einzelheiten unserer Operation zur Ausschleusung meines Agenten einzuweihen.»
    «Aber das hast du doch längst, mein Guter.»
    «Leck mich, Adrian. Und spar dir diesen ‹Mein-Guter›-Mist. Entweder, du bist jetzt endlich ehrlich zu mir, oder ich verschwinde auf der Stelle, und du siehst mich nie wieder.»
    «Beruhige dich. Atme tief durch und dann hör mir zu. Kamal unterstützt uns bei einigen Vorgängen, die heikler sind, als du ahnst. Er ist nicht bloß irgendein unbedeutender arabischer Millionär. Er ist der Schlüssel zu einer richtig großen Sache, so groß, dass sie jede Vorstellung übersteigt. Und er ist absolut vertrauenswürdig. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Er hat noch sehr viel mehr Grund, die Iraner am Bau einer Atombombe zu hindern, als unsere beiden Regierungen zusammen, und die israelische noch dazu. Also bitte, reiß dich zusammen und komm wieder mit mir in die Bibliothek. Nach und nach wirst du alles verstehen.»
    Harry machte Anstalten zu gehen, doch Adrian hielt ihn zurück.
    «Und hör vor allem mit