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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Etwa dreihundert Tote, würde ich vermuten. Wir waren damals in Schweden vermutlich die drei einzigen, die dazu die technische Fähigkeit besaßen. Und das war also wichtiger als alles andere.«
    Er blickte eine Zeitlang traurig in sein Weinglas, leerte es dann und winkte einen der eifrig wartenden Kellner herbei, der sofort an den Tisch eilte und nachschenkte.
    »Du hast dreihundert Russen in die Luft gesprengt?« flüsterte sie heiser. »Darum ist es damals gegangen?«
    »Ja. Wir sind nicht sicher, was die Zahl angeht, du kannst ein rundes Dutzend hinzuzählen oder abziehen. Jedenfalls war es das, was wir vorhatten, und es ist bis heute nie herausgekommen.«
    »Wieso? Es hört sich ja nicht gerade nach einer diskreten kleinen Geheimaktion an. Was ist mit all den Toten passiert? Wie wurden die Explosionen erklärt?«
    »Die Toten liegen, soviel ich weiß, noch immer an Ort und Stelle. Die Explosionen waren aus dem einfachen Grund nicht zu hören, daß sich alles in der Ostsee in vierzig Meter Tiefe abspielte.«
    »Und das war also damals deine Wahl?«
    »Ja. Das war damals meine Wahl. Die Pointe ist aber, daß es jetzt keine solche Wahl gibt. Ich bin fertig, habe genug geleistet, genug getötet. Daher diese Frage, ob wir in Kalifornien leben wollen.«
    »Einer von uns muß ja zum Kanaken werden, wie wir uns auch entscheiden.«
    »Ja, aber für mich ist es leichter. Ich bin ein weißer Europäer, der besser englisch spricht als die meisten Amerikaner. Außerdem bin ich so gut ausgebildet, daß ich es auch hier schaffen kann. Ich bin nicht gerade ein Kanake, gelinde ausgedrückt.«
    »In Schweden bin ich ein Kanakin und hier eine chicana. Wo liegt also der gottverdammte Unterschied?«
    »Weiß nicht. Das mußt du entscheiden.«
    »Was ist da oben im Norden Finnlands eigentlich passiert?« Die Frage kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel und traf ihn offensichtlich auch so.
    »Ich weiß nicht… ich weiß nicht«, begann er langsam, »ob es eine sehr gute Idee ist, es zu erzählen, und ich habe dabei nicht nur Bestimmungen und Paragraphen im Auge.«
    »Das eine kann doch kaum geheimer sein als das andere?«
    »O ja, schon. Was die sogenannte Operation Big Red angeht, ist sie heute fast schon Geschichte, und ich könnte mir vorstellen, daß die Regierung sich heute eher aus innenpolitischen Gründen darauf versteift, die Sache auch weiterhin geheimzuhalten. Der jetzige Ministerpräsident wünscht nicht, daß eine sozialdemokratische Regierung in rein militärischer Hinsicht als tatkräftiger erscheint, als er sich je hat zeigen können. Ich glaube, es geht um solche Überlegungen. Aus militärischer oder militärhistorischer Sicht wäre es eher vorteilhaft als nachteilig, diese Geschichte zu veröffentlichen. Aber das ist Politik, und die ist nicht mein Bier. Außerdem arbeite ich jetzt ja direkt unter dem Ministerpräsidenten, wie du dich vielleicht erinnerst?«
    »Natürlich, wie könnte ich das vergessen. Aber Nordfinnland … War es übrigens Finnland oder nicht vielmehr Rußland? Das haben wir jedenfalls die ganze Zeit angenommen.«
    »Welche wir?«
    »Anna und ich. Wir saßen auf Stenhamra zu Hause auf dem Sofa und stellten allerlei Vermutungen über das an, was ihr vorhattet. Wir tippten auf Rußland.«
    »Gar nicht so dumm geraten.«
    »Nein. Wer hat denn gesagt, daß wir dumm sind? Anna hatte von Åke erfahren, daß es um etwas ging, was aus Rußland hinausgeschmuggelt werden sollte. Kommentar?«
    »Kein Kommentar.«
    »Ich vermute, daß der schwedische Nachrichtendienst euch kaum wegen geschmuggelter Wolfs und Vielfraßfelle dorthin geschickt hatte. Das wäre gelinde gesagt so etwas wie ein Overkill gewesen. Ich habe also auf Kernwaffen getippt. Kommentar?«
    »Kein Kommentar. Nur so viel, daß das eine intelligente Vermutung ist.«
    »Wie viele Menschen habt ihr getötet?«
    »Nicht mal ein Zehntel so viele wie bei Big Red.«
    »Du sagtest mir am Telefon, als du da oben von… anriefst…
    wie heißt der Ort noch?«
    »Ivalo.«
    »Du sagtest, du hättest niemanden getötet, ist das richtig?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Ich sagte, ich hätte keine Hand gegen eine lebende Seele erhoben. Das ist an und für sich wahr. Jedoch weniger wichtig, denn ich war der kommandierende Offizier und gab die nötigen Befehle, so daß die Verantwortung in erster Linie bei mir liegt.«
    »Worin besteht das Problem?«
    »In Alpträumen für den Rest meines Lebens. Ich bin sicher, daß du es nicht wissen willst, völlig sicher.

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