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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Abschnitt Leute angesetzt, als hätten sie bei Null angefangen, ohne es sich anmerken zu lassen.
    Unter dem Abschnitt D befand sich alles, was mit Behörden in Finnland oder Schweden zu tun hatte. Darunter waren alle Krankenhäuser aufgeführt und deren Vorräte an Succinylkolin sowie die Beschreibungen von Zollbeamten über Abfertigungsmaßnahmen an der Grenze, Bleiplomben und ähnliches, Dinge, die mit dem grenzüberschreitenden Verkehr zu tun hatten. Hier fanden sich auch die beredten Schilderungen anderer Fahrer, wie einfach es sei, Verbrechen zu begehen. Bemerkenswerterweise öffneten die russischen Zollbeamten meist nur die Hecktüren der großen Kühlwagen, um festzustellen, daß sie wie üblich von oben bis unten mit Multbeerenkartons beladen waren; wenn sie dann ein paar Stangen amerikanischer Zigaretten erhielten, machten sie keinen weiteren Handschlag. Wenn Rune Jansson die Prozedur richtig verstanden hatte, reagierten die russischen Zollbeamten nicht so sehr auf das Schmuggelrisiko, sondern vielmehr auf das Risiko, keine Zigaretten zu bekommen. Für sie war es eher eine Grundsatzfrage, keine Ladung zu kontrollieren, wenn sie Zigaretten bekommen hatten, und umgekehrt: Wenn sie keine erhielten, wurden penible und zeitraubende Kontrollen vorgenommen.
    Die Schmuggelmöglichkeiten mußten unbegrenzt gewesen sein, möglicherweise für alles außer Menschen. Die Reise von Murmansk dauerte bei schlechtem Straßenzustand manchmal achtzig Stunden, und nur wenige Menschen würden diese Zeit in einem tiefgekühlten Multbeerenkarton heil überstehen.
    Irgend etwas hatte der gute Lasse Holma geschmuggelt, das schien festzustehen. Obwohl er sich bestimmt nicht vorgestellt hatte, in Curare bezahlt zu werden statt in gutem Geld.
    Im Aktenordner F, in dem alles stand, was über das Opfer bekannt war, fanden sich Lasse Holmas Zukunftshoffnungen praktisch schwarz auf weiß. Diesen Abschnitt hatte dieser Niemi geklärt. Ein begabter Polizist. Rune Jansson mochte ihn sehr.
    Eigentlich hatte Rune Jansson Holmas enge Freunde und Angehörige selbst vernehmen wollen, da es schwierige Verhöre waren. Das erwies sich jedoch schnell als unmöglich. Er konnte nicht Finnisch sprechen, und in dieser Situation wäre es ihm schwergefallen, auf Schwedisch Vertrauen zu schaffen. Es ist nicht leicht, sich Angehörigen und Freunden mit Fragen zu nähern, die darauf hindeuten, daß der fragliche Freund, Vater oder Ehemann nur deshalb den Tod gefunden hat, weil er in ein schweres Verbrechen verwickelt gewesen ist.
    Dieser Eino Niemi hatte das Problem jedoch mit erstaunlicher Geschmeidigkeit gelöst. Rune Jansson nahm sich einen Abschnitt vor, in dem es um die verschiedenen Verhöre mit der Frau des Ermordeten ging. Sie hieß Liisa und wohnte auf der anderen Seite, also in Tornio. Sie war Finnin, obwohl sie vermutlich recht gut Schwedisch sprach.
    Nachdem er zwei Tage lang behutsam mit ihr gearbeitet hatte, hatte Niemi genau das aus ihr herausgelockt, was man erwarten konnte, obwohl er sich nicht sonderlich darum bemüht zu haben schien und die Witwe bei den Vernehmungen nicht einmal bedrängt hatte. In den vorhandenen Protokollen, die zum Teil übersetzt worden waren, damit die »Stockholmer« sie lesen konnten, nahmen sich die Verhöre gelegentlich eher wie therapeutische Gespräche als wie Polizeivernehmungen aus. Sehr geschickt gemacht.
    Die Summe des Ganzen ließ sich recht kurz und einfach ziehen. Lasse Holma hatte rund einen Monat vor seinem Tod angefangen, von fabelhaften Urlaubsreisen mit der ganzen Familie zu sprechen, unter Umständen schon zu Weihnachten. Er hatte schon immer Trinidad sehen wollen, wollte unter Palmen liegen und hören, wie die Wellen der Karibik an den Strand schlugen, im Sonnenschein in einem offenen Cadillac herumfahren und dergleichen mehr. Außerdem wollte er das Haus renovieren lassen; Eino Niemi hatte nach und nach den gesamten Renovierungsplan für das kleine Holzhaus in Kalliopudas auf der anderen Seite des Flusses erfahren. Hinterher hatte er sich bei einigen Bauunternehmen erkundigt und eine Kostenberechnung angestellt. Wenn Lasse Holma nicht verrückt geworden war, hatte er eine plötzliche Einnahme von etwa einer halben Million erwartet.
    Er hatte vermutlich etwas geschmuggelt, was eine Belohnung von einer halben Million verdiente und wofür sich sogar ein Mord lohnte.
    Rune Jansson liebte die Details. Die Ermittlungen waren ein Bau, bei dem man Ziegelstein auf Ziegelstein legte, oft ohne gleich zu

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