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Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Titel: Der Einzige und sein Eigentum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Stirner
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er braucht sich nicht erst nach den Umständen zu bestimmen: aus dem Himmel seiner Ruhe stürzt ihn kein unvorhergesehener Fall. Der sittlich eingewohnte und eingelebte Chinese wird nicht überrascht und überrumpelt: er verhält sich gegen Alles gleichmütig, d. h. mit gleichem Mute oder Gemüte, weil sein Gemüt, durch die Vorsicht seiner althergebrachten Sitte geschützt, nicht außer Fassung kommt. Auf der Stufenleiter der Bildung oder Kultur besteigt die Menschheit mithin durch die Gewohnheit die erste Sprosse, und da sie sich vorstellt, im Erklimmen der Kultur zugleich den Himmel, das Reich der Kultur oder zweiten Natur, zu erklimmen, so besteigt sie wirklich die erste Sprosse der – Himmelsleiter.
    Hat das Mongolentum das Dasein geistiger Wesen festgestellt, eine Geisterwelt, einen Himmel geschaffen, so haben die Kaukasier Jahrtausende mit diesen geistigen Wesen gerungen, um ihnen auf den Grund zu kommen. Was taten sie also anders, als daß sie auf mongolischem Grund bauten? Sie haben nicht auf Sand, sondern in der Luft gebaut, haben mit dem Mongolischen gerungen, den mongolischen Himmel, den Thiän, gestürmt. Wann werden sie diesen Himmel endlich vernichten? Wann werden sie endlich wirkliche Kaukasier werden und sich selber finden? Wann wird die »Unsterblichkeit der Seele«, die sich in letzterer Zeit noch mehr zu sichern glaubte, wenn sie sich als »Unsterblichkeit des Geistes« präsentierte, endlich in die Sterblichkeit des Geistes umschlagen?
    Im industriösen Ringen der mongolischen Rasse hatten die Menschen einen Himmel erbaut , als die vom kaukasischen Menschenstamme, solange sie in ihrer mongolischen Färbung es mit dem Himmel zu tun haben, die entgegengesetzte Aufgabe, die Aufgabe, jenen Himmel der Sitte zu stürmen, die himmelstürmende Tätigkeit übernahmen. Alle Menschensatzung zu unterwühlen, um über dem aufgeräumten Bauplatz eine neue und – bessere zu schaffen, alle Sitte zu verderben, um immer neue und – bessere Sitten an die Stelle derselben zu setzen usw., darauf beschränkt sich ihre Tat. Ist sie so aber schon rein und wirklich das, was sie zu sein trachtet, und erreicht sie ihr letztes Absehen? Nein, sie ist in diesem Erschaffen eines » Besseren « mit dem Mongolentum behaftet. Sie stürmt den Himmel nur, um wieder einen Himmel zu machen, sie stürzt eine alte Gewalt nur, um eine neue Gewalt zu legitimieren, sie – verbessert nur. Gleichwohl ist der Zielpunkt, sooft er auch bei jedem neuen Ansatz aus den Augen verschwinden mag, der wirkliche, vollendete Sturz des Himmels, der Sitte usw., kurz des nur gegen die Welt gesicherten Menschen, der Isolierung oder Innerlichkeit des Menschen. Durch den Himmel der Kultur sucht sich der Mensch von der Welt zu isolieren, ihre feindselige Macht zu brechen. Diese Himmelsisolierung muß aber gleichfalls gebrochen werden, und das wahre Ende des Himmelstürmens ist der – Himmelssturz, die Himmelsvernichtung. Das Verbessern und Reformirren ist das Mongolentum des Kaukasiers, weil er dadurch von neuem wieder setzt, was vorher schon war, nämlich eine Satzung , ein Allgemeines, einen Himmel. Er hegt die unversöhnlichste Feindschaft gegen den Himmel und baut doch täglich neue Himmel: Himmel auf Himmel türmend erdrückt er nur einen durch den andern, der Himmel der Juden zerstört den der Griechen, der der Christen den der Juden, der der Protestanten den der Katholiken usw. – Streifen die himmelstürmenden Menschen des kaukasischen Blutes ihre Mongolenhaut ab, so werden sie den Gemütsmenschen unter dem Schutt der ungeheuren Gemütswelt begraben, den isolierten Menschen unter seiner isolierten Welt, den Verhimmelnden unter seinem Himmel. Und der Himmel ist das Geisterreich , das Reich der Geistesfreiheit .
    Das Himmelreich, das Reich der Geister und Gespenster, hat in der spekulativen Philosophie seine rechte Ordnung gefunden. Hier wurde es ausgesprochen als das Reich der Gedanken, Begriffe und Ideen: der Himmel ist von Gedanken und Ideen bevölkert, und dies »Geisterreich« ist dann die wahre Wirklichkeit.
    Dem Geiste Freiheit erwerben wollen, das ist Mongolentum, Geistesfreiheit ist mongolische Freiheit, Gemütsfreiheit, moralische, sittliche Freiheit usw.
    Man nimmt das Wort »Sittlichkeit« wohl für gleichbedeutend mit Selbsttätigkeit, Selbstbestimmung. Allein das liegt nicht darin, und es hat sich der Kaukasier vielmehr nur selbsttätig bewiesen trotz seiner mongolischen Sittlichkeit. Der mongolische Himmel oder die Sitte blieb die

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