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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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sage ich. Außerdem würde ich gern wissen, was sich hinter dieser Hecke verbirgt.«
    Die Muhme, die Mühe hatte, ihre Pfeife in der feuchten Luft zu entfachen, sagte aus einem Mundwinkel: »Ich auch. Aber ich muss gestehen, dass mir nicht wohl bei der Sache ist.«
    Hans betrachtete die taubedeckten Spinnennetze, die auf der Hecke glitzerten. Er haderte mit sich, aber nach einem Blick auf seine Gefährten sagte er schließlich: »Na, gut. Wir hacken uns durch.«
     
    Blätter und Zweige flogen durch die Luft, als Hans und Kunz die Ranken mit dem Schwert kappten. Hinter ihnen schnitten Hardt und Sanne die Strünke dicht über dem Boden ab. Die Muhme und Maleen folgten mit den Pferden, Sneewitt bildete die Nachhut. Als sie sich umdrehte, sah sie, dass Eulen in den Föhren vor der Hecke saßen. Käuze, Schleiereulen, Uhus und Waldohreulen schauten ihnen durch den Nebelschleier aus gelben Augen nach.
    Da erwachte Horn aus einem Fiebertraum und schrie: »Nein, ich will nicht! Ich will nicht!« Sein Schimmel erschrak, und Maleen griff nach dem Zügel. »Nein! Nein! Ich will nicht!«, schrie er wieder und wand sich auf der Trage.
    Die Muhme bückte sich und drückte ihm die Lippen auf die Stirn. »Das Fieber ist gesunken«, sagte sie. »Er versucht, den Albdruck abzuschütteln.«
    »Der unsichtbare Ring!«, schrie Horn mit weit aufgerissenen Augen. Speichel troff aus seinen Mundwinkeln und rann über das stoppelbärtige Kinn. »Der Stein! Die …« Er hustete. Sein Kopf fiel zurück, und er dämmerte wieder ein.
    Hans wischte sich Schweiß von der Stirn und betrachtete die Schneise. Aus den Schnittstellen der Ranken quoll ein sämig duftender, dunkelgrüner Saft, der im Boden versickerte.
    »Wann sind wir endlich durch?«, fragte Kunz zornig. Er biss die Zähne zusammen und führte einen mächtigen Hieb mit dem Zweihänder. »Ja-haaa!«, brüllte er und holte noch einmal aus. Hans wich vorsichtshalber zurück. Mit einem dritten Streich schlug Kunz die Gefährten unverhofft ins Freie.
    »Wir sind durch!«, rief Sanne.
    »Diese Hecke ist fast fünfzehn Ellen tief«, sagte Hardt. »Und das haben wir auf der anderen Seite noch einmal vor uns.«
    Die Gefährten traten auf eine Lichtung. Gelbes Gras wellte im Wind wie das Wasser eines Sees. Mitten auf dem weiten, von der Hecke umschlossenen Rund bildeten dreizehn Föhren einen Kreis, in dessen Mitte ein Menhir aufragte. Im Westen war die tiefstehende Sonne zu sehen.
    Die Gefährten sahen sich staunend um.
    »Kein Nebel«, murmelte Sanne.
    »Diese Lichtung ist nicht natürlich«, flüsterte Hans.
    »Ja«, sagte die Muhme. »Und ich spüre Kräfte, von denen ich nicht weiß, ob sie gut oder böse sind.«
    »Der Menhir hat eine Runeninschrift«, sagte der weitsichtige Fuchs.
    »So?«, brummte der Dachs. »Und was besagt sie? ›Herzlich willkommen‹ oder ›Verpisst euch, Fremde‹?«
    »Weiß nicht. Der Menhir ist drei Steinwürfe und den Sprung eines brunftigen Hirsches entfernt«, erwiderte der Fuchs.
    »Ach, ja? Und wie weit springt ein brunftiger Hirsch?«, fragte Meister Grimbart.
    »Ein brunftiger Hirsch springt weiter als ein Moorfrosch zur Laichzeit«, antwortete der Fuchs.
    »Ich springe dir gleich an die Kehle, du Held«, fauchte der Dachs.
    Da schrie Sneewitt auf und zeigte auf die Schneise – die gekappten Ranken wuchsen nach, verwoben sich miteinander und bildeten rasch wieder eine dichte Hecke.
    »Das ist doch …«, stieß Hardt hervor.
    »Ich habe kein gutes Gefühl«, murmelte die Muhme. »Hier ist etwas faul.«
    Die Gefährten sahen sich hektisch um. Dann griffen sie nach ihren Waffen.
    »Ja, ich spüre Unheil«, sagte Maleen, die sich ins Gras setzte und die Hände im Schoß faltete. Sie senkte den Kopf auf die Brust und begann, sich in sich selbst zu versenken.
    »He!«, rief Kunz. »Was tust du da? Wir müssen …«
    »Lasst sie«, sagte die Muhme. »Sie beschreitet die Wege des Inneren.« Sie ließ sich gegenüber von Maleen nieder und tat es ihr gleich.
    »Na, großartig«, murrte Hardt. »Die Damen beschützen sich selbst. Und wer beschützt uns?«
    Insekten surrten. Sonst war alles still. Der im Föhrenkreis stehende Menhir erglühte im Licht der Abendsonne.
    »Zecke und Zicke!«, zischte der Dachs. »Verflucht, verflixt, verdammt. Wir sitzen in der Falle.«
    »Ach, was«, erwiderte der Fuchs, der eine Pfote ableckte. »Ist doch ganz hübsch hier. Ruhig, still und friedlich.«
    Sneewitt hob den Bogen und ließ ihren Blick über den Pfeil hinweg einmal

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