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Der Elefanten-Tempel

Der Elefanten-Tempel

Titel: Der Elefanten-Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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Erinnerung in sich heraufzubeschwören, die Tränen aus ihren Augen zu verbannen, um Nuan nicht vor all diesen Leuten in Verlegenheit zu bringen. Doch es klappte nicht.
    »Ricarda«, sagte er noch einmal, leise diesmal, und sie wusste, was er meinte. Sieh mich an, hieß das – und Ricarda wagte es. Lieferte sich ihm aus. Ihre Blicke trafen sich, und sie sah, dass auch er sich nicht mehr verschloss, dass er sich öffnete für sie. Noch immer standen sie zwei Schritte voneinander entfernt, doch diesen Moment lang waren sie sich so nah, als hätten sich ihre Hände, ihre Lippen berührt.
    Erst seine Stimme brach den Bann. »Ich will dir etwas geben.«
    Nuan griff in die Brusttasche seines Hemdes und nahm etwas heraus, ein kleines Objekt. Ein Amulett! Erstaunt sahen Sofia und Chanida, die neben Ricarda standen, zu, wie Nuan es ihr überreichte. Ernst und mit beiden Händen. Ricarda betrachtete das Geschenk und ein Staunen breitete sich in ihrem Herzen aus wie Wellen auf einem See. Das Amulett sah dem, das er selbst trug, ähnlich, es war aus Metall und zeigte einen sitzenden Buddha. Sein Lächeln kündete von einer großen Ruhe, einem unendlichen Frieden.
    » Khoop-khun khaa «, flüsterte Ricarda. »Danke. Aber … darf ich das überhaupt haben? Ich bin doch Farang, Ausländerin.«
    Auf einmal war seine Stimme leise, fast verlegen. »Du bist ein Mädchen, das mit den Augen spricht. Das die Stille spüren kann. Was zählt es da, dass du Farang bist?«
    Schnell verbeugte sich Nuan mit gefalteten Händen vor ihr, dann ging er weiter, verabschiedete sich auch von den anderen. Doch niemand anderem gab er ein Geschenk, und mit langem Hals und neidischem Blick starrte Chanida auf das Amulett, das Ricarda sich um den Hals gelegt hatte. Ein schimmernder Kreis auf ihrer Haut.
    Irgendwie schaffte Ricarda es, zu lächeln, während Nuan und Devi sich bereit machten, auf ihren Weg zurückzukehren. Während sie das Eingangstorpassierten, das Ruang mit strengem Blick offen hielt. Während Ricarda zurückging zu ihrer Hütte, die sich an den Mangobaum klammerte. Doch dann war es aus, ihr Lächeln zersplitterte und Tränen brachen aus ihr hervor. Durch den Stoff ihres T-Shirts fühlte sie, wie Sofia schweigend ihren Rücken streichelte.

    Diesen Abend verbrachten sie gemeinsam in ihrer Hütte, die vom Schein einer Kerze erhellt wurde. Das warme gelbe Licht breitete sich über die Bretterwände der Hütte, über ihre Betten, den zartfingrigen Gecko, der mit aufmerksam erhobenem Kopf an der Decke hockte. Nebeneinander lagen sie auf Ricardas Bett. Ricarda war noch immer elend zumute, doch sie war dankbar, dass Sofia bei ihr war, sich nicht an der fröhlichen Runde im Haupthaus beteiligte wie sonst.
    »Es ist eine Schande, dass ihr nicht mehr Zeit hattet«, seufzte Sofia und spielte mit dem Moskitonetz, wand es sich um die Hand und ließ wieder los. »Zeig noch mal das Amulett. Hach, schön. Billig war das bestimmt nicht. Hoffentlich hat er dafür nicht sein letztes Geld lockergemacht.«
    Verdammt, wie weh es tat, an Nuan zu denken. Aber nicht nur – denn er hatte ihr zum Abschied gleich zwei Geschenke gemacht. Das erste ruhte um ihren Hals, das zweite in ihrer Seele. Du bist ein Mädchen, das mit den Augen spricht. Das die Stille spüren kann. Jedes Mal, wenn sie daran dachte, fühlte sie sich einen Moment lang stark und schön, heil und ganz.Wie konnte es sein, dass er das an ihr mochte, was sie manchmal so hasste? War es denn nicht ein Makel? Konnte es etwas sein, das sie verband?
    »Das mit Fabian hat sich jetzt erledigt, oder?« Sofias Stimme durchbrach ihre Gedanken.
    »Ich sage ihm gleich, wenn wir zurück sind, dass es mit uns nichts wird«, sagte Ricarda. »Es wäre unfair, wenn er weiterhin denkt, dass er bei mir eine Chance hat. Ich glaube … wenn man weiß, wie Liebe sich anfühlen kann, dann ist man nie mehr zufrieden mit halben Sachen.«
    »Okay.« Sofia klang friedfertig. »Du hast recht. Aber sag’s ihm behutsam.«
    »Wie war es eigentlich bei dir und Marco? Hast du es gleich gespürt, was er für dich einmal sein würde?«
    »Ich wusste schon im ersten Moment, dass ich ihn sympathisch finde. Seine verstrubbelten Haare, sein trockener Humor, sein konzentrierter Blick, wenn er seine Kunststücke mit dem Einrad macht.« Da war so viel Wärme in Sofias Stimme. »Allerdings findet ihn jeder nett, es war also nichts Besonderes, dass er mir auch gefallen hat.«
    Sofias Blick war in die Ferne gewandt. Jetzt ist sie gerade bei

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