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Der elektrische Mönch

Der elektrische Mönch

Titel: Der elektrische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Adams
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Bläserkon­zerten von Vivaldi, setzte ihn in Gang und nahm Platz.
    Wieder wartete er, um mal zu sehen, was er als nächstes tun solle, und stellte plötzlich zu seiner Überraschung fest, daß er es bereits tat, und das war folgendes: er
lauschte
der Musik.
    Ein verwirrter Blick kroch langsam über sein Gesicht, als ihm klar wurde, daß er das noch nie gemacht hatte. Er hatte sie viele, viele Male
gehört
und gedacht, sie ergebe ein sehr angenehmes Geräusch. Wirklich, er fand, daß sie einen sehr angenehmen Hintergrund abgab, vor dem man über die Konzertsaison reden konnte, aber es war ihm noch nie in den Sinn gekommen, daß es da wirklich etwas gab, dem man
lauschen
konnte.
    Er war wie vom Donner gerührt durch das Wechselspiel von Melodie und Kontrapunkt, das sich ihm plötzlich mit ei­ner Klarheit offenbarte, die den verstaubten Rillen der Platte oder der vierzehn Jahre alten Nadel nichts zu verdanken hatte.
    Aber mit dieser Offenbarung stellte sich fast sofort auch ein Gefühl der Enttäuschung ein, das ihn noch mehr durch­einander brachte. Die Musik, die sich ihm plötzlich kundtat, war merkwürdig unbefriedigend. Es war, als hätte seine Fä­higkeit, Musik zu verstehen, sich plötzlich zu einer Höhe und weit über die Möglichkeiten der Musik hinaus erhoben, ihn zufriedenzustellen, und das alles in einem einzigen dra­matischen Augenblick.
    Er mühte sich herauszuhören, was fehlte, und hatte das Gefühl, die Musik sei wie ein Vogel, der nicht fliegen kann und nicht einmal weiß, welche Fähigkeit er eingebüßt hat. Sie lief sehr gut, aber sie lief, wo sie sich emporschwingen sollte, sie lief, wo sie herabsausen sollte, sie lief, wo sie aufsteigen und sich in die Kurve legen und hinabtau­chen sollte, sie lief, wo sie vor lauter Höhenschwindel ein Schauer durchzittern sollte. Sie schaute nicht mal nach oben.
    Er schaute nach oben.
    Nach einer Weile wurde ihm klar, daß er nichts weiter tat, als dämlich an die Decke zu starren. Er schüttelte den Kopf und stellte fest, daß die Empfindung verblaßt war und ihn ein bißchen benommen und schwindelig zurückgelas­sen hatte.
    Sie war nicht völlig weg, sondern hatte sich tief in ihn hin­ein verkrochen, tiefer als er nach ihr greifen konnte.
    Die Musik lief weiter. Sie war eine recht angenehme Zu­sammenstellung wohltuender Geräusche im Hintergrund, aber sie rüttelte ihn nicht mehr auf.
    Er benötigte ein paar Hinweise zu alledem, was er gerade erlebt hatte, und da klopfte ein Gedanke kurz in seinem Hin­terkopf an, wo er sie vielleicht finden könnte. Erwies den Gedanken entrüstet von sich, aber er klopfte noch mal an, und klopfte und klopfte, bis er ihm nachgab.
    Unter seinem Schreibtisch zog er den großen Papierkorb hervor. Seit er seiner Putzfrau sogar vorübergehend das Be­treten des Zimmers verboten hatte, war der Papierkorb nicht mehr geleert worden, und er fand darin die zerknüll­ten Fetzen dessen, wonach er suchte, und den Inhalt eines Aschenbechers, der darübergekippt worden war.
    Mit grimmiger Entschlossenheit überwand er seinen Ekel, schob langsam die Stückchen des verhaßten Objekts auf sei­nem Schreibtisch herum, klebte sie unbeholfen mit Stücken Klebeband zusammen, das sich aufrollte und die falschen Stücke an die falschen Stücke klebte und die richtigen Stücke an seinen Wurstfingern und dann am Schreibtisch festklebte, bis endlich, plump zusammengefügt, eine Num­mer von Fathonr vor ihm lag. Herausgegeben von dieser widerlichen Kreatur A. K. Ross.
    Entsetzlich.
    Er drehte die klebrigen, massigen Seiten um, als stochere er in Gänseklein.
    Nirgendwo auch nur eine Zeile über Joan Sutherland oder Marilyn Horne. Keine einzige Kurzbiografie von ir­gendeinem der wichtigeren Kunsthändler von der Cork Street, nicht eine.
    Seine Serie über die Rossettis: eingestellt.
    »Künstlerklatsch«: eingestellt.
    Ungläubig schüttelte er den Kopf, und dann fand er den Artikel, den er suchte.
    »Musik und fraktale Landschaft« von Richard MacDuff.
    Er überschlug die ersten paar einleitenden Absätze und stieg weiter hinten ein:
     
    »Mathematische Analysen und Computersimulationen zei­gen uns, daß Formen und Vorgänge, denen wir in der Natur begegnen - die Art und Weise, wie Pflanzen wach­sen, Berge erodieren oder Flüsse fließen, die Art und Weise, in der Schneeflocken oder Inseln ihre Form annehmen, wie Licht auf einer Oberfläche spielt, wie die Milch sich im Kaf­fee mischt und herumwirbelt, während Sie ihn umrühren, die Art

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