Der endlose Tod
tut.
»Du hast nicht viel dazu gesagt.« Elizabeth brachte mich mit ihrer irrigen Annahme bezüglich meiner Wortkargheit zurück in die Gegenwart.
»Ich wollte eigentlich nicht darüber sprechen. Oder ich brauchte nicht darüber zu sprechen«, fügte ich hinzu, indem ich so beruhigend zu ihr aufsah, wie ich nur konnte.
Ihr Blick begegnete dem meinen über dem Berg von Nähsachen, die sich vor ihr auf dem Esstisch auftürmten, und sie erkannte hoffentlich, dass ihre sanfte Besorgnis zwar anerkannt wurde, aber nicht nötig war.
»Wie geht es dir selbst?«, fragte ich. »Wirst du nervös?«
»Nur darüber, ob ich diese Sachen hier rechtzeitig fertig haben werde.« Sie zeigte auf den Satin und die Seide, die sie zusammennähte.
»Das wirst du.«
»Das sagen alle zu mir.«
»Die anderen würden dir helfen, wenn du sie ließest.«
Sie lächelte und schüttelte den Kopf. »Nein, danke. Es war schon lange mein Traum, mir mein eigenes Hochzeitskleid zu nähen, und ich werde nicht andere bitten, ihn mit mir zu teilen.«
Die anfänglichen Formalitäten waren bereits seit Monaten abgeschlossen. Lord James Norwood hatte Elizabeth gefragt, ob er bei Vater um ihre Hand anhalten dürfe und hatte eine zutiefst positive Antwort erhalten. Vater hatte seinerseits die Erlaubnis erteilt, mit dem Widerstreben und dem Stolz, die alle Väter erleben, wenn sie ihre Töchter aufgeben müssen, und seitdem war das Haus mit den Vorbereitungen für die Hochzeit beschäftigt. Ein großer Teil davon hatte damit zu tun, zahlreiche neue Kleidungsstücke für die Braut anzufertigen, und während Elizabeth die Hilfe für ihre anderen Kleider und sonstige Sachen dankbar angenommen hatte, hatte sie das wichtigste Projekt, ihr Hochzeitskleid, für sich selbst reserviert.
Es dauerte länger als zunächst angenommen. Inmitten des Hausputzes, der Anstellung neuer Bediensteter, der Gratulationsfeiern und der tausend anderen Einzelheiten, die sich zu ergeben schienen, wenn sich zwei Leute dazu entschließen, sich zusammenzutun, hatte Elizabeth nicht viel Zeit für ihr Hochzeitskleid gehabt. Sie stand auf, lange bevor die Sonne aufging, und war lange nach Einbruch der Dunkelheit noch damit beschäftigt. Ich leistete ihr Gesellschaft, denn die Zeit, in der wir nicht länger in der Lage wären, diese ruhigen Unterhaltungen miteinander zu führen, eilte rasch herbei. Bald würde Norwood sie mitnehmen, und das Leben würde nie wieder das gleiche sein wie zuvor. Ich konnte Vaters gemischte Gefühle für diese Angelegenheit gut verstehen. Ich war glücklich über Elizabeths Glück, bemitleidete mich allerdings selbst, weil ich sie verlor.
Ich hatte eine gewisse Schärfe in ihrem Tonfall wahrgenommen, oder glaubte dies zumindest.
»Hat dir Mutter Probleme bereitet?«
»Was meinst du damit?«
»Ich frage mich bloß, ob heute irgendetwas geschehen ist.«
»Nein. Sie ist sehr ruhig.«
Dies entsprach voll und ganz der Wahrheit. Seit jenem Gespräch, welches ich mit ihr geführt hatte, legte Mutter eine bemerkenswerte Zurückhaltung an den Tag. Sie ignorierte uns noch immer so weit wie möglich, hielt jedoch im Übrigen ihre Zunge im Zaum. Es war ein deutlicher Rückgang ihres beißenden Sarkasmus zu erkennen, es gab keine Wutausbrüche, und was mir am weitaus wichtigsten erschien, kein Laudanum, das in Vaters Tee auftauchte. Er äußerte sich ab und zu über die Veränderung in ihr, aber dachte, dies sei ein Ergebnis von Elizabeths körperlicher Auseinandersetzung mit ihr im letzten Dezember. Ich wusste es besser, wollte ihn aber noch immer nicht darüber aufklären, und falls er eine Vermutung hatte, behielt er sie für sich. Als er vorsichtig – und diskreter als zuvor – die Besuche bei Mrs. Montagu wieder aufnahm, fühlte ich eine große Erleichterung für jede Belastung, die mein Gewissen zu diesem Thema empfunden haben mochte.
»Und was ist dann mit ihrer Speichelleckerin?« Die Beziehung zwischen Elizabeth und Mrs. Hardinbrook war in letzter Zeit recht unangenehm gewesen. Die Enttäuschung der Dame über die Tatsache, dass Elizabeth Norwood statt Beldon heiratete, war bei ihr zur Bitterkeit geworden.
»Sie ist eine Närrin und ein Miststück«, meinte Elizabeth mit leiser Stimme. Sie lief tiefrot an und stach sich gleich darauf beim nächsten Stich in den Finger. Ich nahm den Geruch nach Blut sogleich wahr, verscheuchte diesen Gedanken doch sogleich wieder. »Was hat sie getan?«
»Es geht darum, was sie sagt, und sie sagt es auf die nettest
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