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Der Engel mit den Eisaugen

Der Engel mit den Eisaugen

Titel: Der Engel mit den Eisaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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sich am Abend des Verbrechens im Haus von Meredith und Amanda aufgehalten hatte. Doch sein Freund Giacomo erklärte ihm, wie die Dinge wirklich standen. Also ging der Ivorer zu einer zweiten Version über, die er sich wahrscheinlich bereits zurechtgelegt hatte: Er sei auf die Toilette gegangen und habe Merediths Schrei zu spät gehört. Schon damals gab er an, den Mörder kurz gesehen zu haben. An diesem Punkt ist es wichtig, seine erste Beschreibung mit der Version zu vergleichen, die er in den darauffolgenden Verhören lieferte:
    »Ich konnte ihn nicht aufhalten, er ist abgehauen«, sagte er zu dem Freund. »Ich konnte ihn nicht genau erkennen. Er hatte dunkelbraunes oder kastanienbraunes Haar. Ich weiß, dass er Italiener war, denn wir haben einander beschimpft. Ich habe versucht, Meredith zu helfen und ihr ein Handtuch auf die Wunde zu legen. Ich weiß nicht, warum ich keinen Krankenwagen gerufen habe.«
    Zwei Dinge scheinen dabei von besonderer Bedeutung: Am 19 . November behauptete Guedé noch, den Täter nicht erkannt zu haben. Der mysteriöse Unbekannte war seiner Beschreibung nach allein, und es gab keinerlei Hinweise auf die Anwesenheit einer jungen Frau.
    Eine weitere Absurdität: Guedé sagte, er habe an jenem Abend kein eingeschlagenes Fenster bemerkt, denn er musste natürlich glaubhaft machen, dass er auf Einladung von Meredith durch die Tür hereingekommen sei. Außerdem erklärte er noch, als er das Haus verlassen habe, sei die nun bereits tote Engländerin angezogen gewesen. Aber wer hätte sie nach ihrem Tod ausziehen sollen? Warum hatte sie Spuren männlicher DNA in der Vagina und blaue Flecke um den Mund, so als hätte man ihn ihr gewaltsam zugehalten? Blaue Flecke bekommen nur Menschen, die noch leben, nicht aber Leichen.
     
    » 20 . November 2007
    NACHRICHTEN
    Merediths mutmaßlicher Mörder in einem Zug in Mainz gefasst … getäuscht von einem langen Telefonat mit einem Freund, der mit der Polizei in Kontakt stand …
    Perugia: Guedé in Deutschland gefasst …
    Lumumba aus Mangel an Beweisen auf freiem Fuß …
    Der Musiker aus dem Kongo ist frei: ›Ich danke Gott. Ich bin glücklich, nach Hause zu können.‹
    Im Haus des Ivorers hat man einen Fußabdruck gefunden, ähnlich dem neben Merediths Leiche.«
     
    Nachdem man Rudy Guedé ausfindig gemacht hatte, wurde er sofort in einem Zug auf der Strecke Mainz–Koblenz festgenommen. Die Presse – und nicht nur die italienische – brachte mit großem Tamtam die Meldung.
    Aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang einige Auszüge aus einem Artikel, der an jenem Tag veröffentlicht wurde: »Von Guedé stammen die blutigen Fußabdrücke auf dem Laken, das um Merediths Körper gehüllt war, und auch die ›warzenartigen Klümpchen‹, die auf dem Klopapier im WC des Hauses des Opfers gefunden wurden. Doch nicht nur das: In seinem Haus in Perugia, das noch am selben Tag durchsucht wurde, fand man auch den Abdruck eines Schuhs, der dem blutigen Abdruck neben Merediths Leiche ähnelte. Bislang schien es, dass die Spur Raffaele Sollecito, der ein ähnliches Paar Schuhe besitzt, eventuell zugeordnet werden könnte (es im Endeffekt aber nicht konnte). Jetzt ändert sich die Situation, und die Verdachtsmomente gegen den jungen Mann aus Apulien sollten endgültig ausgeräumt werden.«
    Weiter heißt es: »Aus den Ermittlungen geht hervor, dass Rudy Hermann fünf Tage vor dem Mord an Meredith schlafend in einem Mailänder Kindergarten überrascht wurde. Es war ein Samstag, und die Räume waren verlassen. Der Hausmeisterin sagte er, er sei in den Kindergarten eingedrungen, um hier die Nacht zu verbringen. Er hatte einen Laptop bei sich, auf dessen Desktop sich ein Bild befand, das ihn zusammen mit dem Modeschöpfer Giorgio Armani zeigte, und ein Messer, das er aus der Küche des Kindergartens gestohlen hatte. Er wurde angezeigt, blieb jedoch auf freiem Fuß. Zwei Tage später wurde Rudy erneut in Mailand aufgehalten, weil er sich im Besitz einer geringen Menge Drogen befand.«
    Paolo Caporali, Rudys Pflegevater, sagt Folgendes: »Ich habe ihn wie einen Sohn aufgenommen, ich habe ihm geholfen, ihm Arbeit gegeben, doch er hat mich enttäuscht: Er war ein ganz großer Lügner. Er hat den Unterricht geschwänzt und die Tage lieber vor dem Fernseher oder mit Videospielen verbracht. Er hatte wenig Lust zu lernen und noch weniger Lust zu arbeiten. Als ich das begriff, habe ich ihn aus meiner Familie verbannt.«
    Anschließend bestätigte Rudy, in der

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