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Der Engel mit den Eisaugen

Der Engel mit den Eisaugen

Titel: Der Engel mit den Eisaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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Tatortzugänge hat sich als mangelhaft erwiesen.«
    Es geht noch weiter, und diesmal wenden sich die Experten direkt an die Biologin Patrizia Stefanoni: »Es ist nicht zu verstehen, wie Dottoressa Stefanoni während des Verhörs behaupten konnte, die DNA von Spur B sei mittels Echtzeit- PCR quantifiziert worden. Die Quantifizierung wurde nie durchgeführt, oder zumindest ist dazu nichts dokumentiert.«
    Das sogenannte »Supergutachten« machte besagte Biologin restlos nieder, walzte über ihre Arbeit hinweg wie ein Bulldozer über ein Wassermelonenfeld.
    »Spezielle Antikontaminationskleidung – Schuhe, Masken und Kopfbedeckungen – wurde nicht korrekt und nicht durchgehend getragen.« Weiter heißt es, am Tatort hätten sich Personen aufgehalten, die lediglich die erforderlichen Schuhe und Handschuhe trugen. Manche hätten Merediths Zimmer sogar in normaler Straßenkleidung betreten.
    »Es ist nicht ersichtlich, dass die Schuhe im Inneren des Wohnhauses ausgetauscht worden wären.« Einen Umstand hoben die Experten besonders hervor: »Wir erinnern daran, dass der BH -Verschluss schon bei der allerersten Tatortbegehung regulär gefunden und gefilmt wurde, dann aber weitere 46  Tage am Boden liegen blieb und während dieses zeitlichen Hiatus weitere Tatortbegehungen stattgefunden haben und weitere Gegenstände verrückt wurden. Ersichtlich ist, dass der Verschluss mehrmals hintereinander von verschiedenen Personen angefasst wurde, nachdem sie ihn bereits mehrfach vom Boden aufgehoben und wieder zurückgelegt hatten.«
    Und das war immer noch nicht alles: »Es ist nicht ersichtlich, dass das Protokoll zur Probeentnahme von Beweismaterial korrekt eingehalten wurde.« Im Klartext: Es wurden keine Einwegpinzetten verwendet, die Proben wurden nicht in Papier eingewickelt, andere wurden in die Luft geworfen, und Dottoressa Stefanoni hatte sich nicht einmal gescheut, den Kühlschrank in der Via della Pergola als ersten Aufbewahrungsort für die Fundstücke zu benutzen.
    Alles, was Anne Bremner und Steve Moore in Amerika schon lange im Voraus angemerkt hatten, bestätigte sich nun bis ins kleinste Detail.
    In seinem Blog hatte Frank Sfarzo allen Raum, um seinem Ärger Luft zu machen: »So also hat sich die Biologin Stefanoni verteidigt: Als sei das alles keine große Sache, hat sie eingeräumt, den Kühlschrank der jungen Frauen benutzt zu haben. Auf die Frage, weshalb sie in dem Bericht angegeben habe, das Messer sei einem Echtzeit- PCR unterzogen worden, obwohl der Test in Wirklichkeit mit einem Fluorimeter durchgeführt worden war, da der Real-Time-Apparat defekt war, antwortete sie lediglich mit: ›Mein Fehler.‹ Auf die Frage, weshalb in dem Gutachten nicht die Quantität der DNA bestimmt worden sei, sagte sie: ›Das habe ich vergessen.‹ Und auf die Frage, warum das Labor nicht den gängigen Vorschriften entsprochen habe, erwiderte sie: ›Fragen Sie den Direttore.‹«
    Auf dieser und auf der anderen Seite des Atlantiks jubelten Amandas und Raffaeles Freunde. Der Alptraum schien bald ein Ende zu haben. Die amerikanischen Medien sparten nicht mit harscher Kritik an der Staatsanwaltschaft und der Polizei von Perugia. Die beiden jungen Leute in ihren Zellen wagten wieder zu hoffen.
    Den drei Staatsanwälten Giuliano Mignini, Manuela Comodi und Giancarlo Costagliola kam nicht einmal der Hauch eines Zweifels, dass sie vielleicht einen Fehler gemacht haben könnten. Es war die Wissenschaft, die sich irrte. »Was interessieren uns Allele und ›Peaks‹«, tönte Mignini, »
wir
halten den Schlüssel für den Prozess in Händen!«
    »Was für eine einseitige Interpretation«, zischte Manuela Comodi und ging zum Gegenangriff über, ohne zu fürchten, jemandem auf die Füße zu treten. »Conti und Vecchiotti haben das Vertrauen der Richter missbraucht, die sie mit der Aufgabe betraut haben.«
    Costagliola erklärte: »Die Existenz von Merediths und Sollecitos DNA auf dem Messer und dem Verschluss zu leugnen, ist eine Verfälschung der Realität durch die Wissenschaft.«
    Die drei, denen anscheinend entfallen war, dass sie die Anträge der Verteidigung auf eine neuerliche Untersuchung abgeschmettert hatten – diese drei verlangten nun, die Fundstücke erneut untersuchen zu lassen. Das Gericht wies den Antrag zurück.
    Doch nicht nur die neuen Untersuchungen des Materials der Spurensicherung hatten das Kartenhaus zum Einsturz gebracht. Dafür hatten bereits die Zeugen gesorgt, die vom Staatsanwalt selbst in den

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