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Der Erbe Dschainas

Titel: Der Erbe Dschainas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asher Neal
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nicht verstand, und so versuchte der Junge, es zu ignorieren. Wahnsinn! Mit Göttern reden? Apis kümmerte sich lieber um reale Gespräche zwischen Individuen:
    »Wie lange?«, fragte der Befehlshaber einen anderen Offizier, der wie der Inbegriff der Tüchtigkeit wirkte, während er eine Art Inventur vornahm und bei der Kontrolle der Schränke und Displays seinen Verstärker knetete.
    »Nominell ein Jahr, obwohl Alternativen bestehen.«
    »Lang, ich möchte nichts von Alternativen hören! Entweder Masada oder gar nichts. Wie steht es um unsere Vorräte?«
    Lang antwortete: »Das Wasser können wir unbegrenzt wieder aufbereiten. Mit fünfzehn Leuten in den Kryotanks müssten die Lebensmittel reichen – wenn auch knapp. Es werden Mangelerscheinungen auftreten.«
    »An Not wächst der Gläubige«, sagte der Befehlshaber.
    Seine Art zu reden verwirrte Apis. Der Mann schien einen ganzen Satz zu verwenden, um ein Wort zu sagen, wenn er nicht gerade einen ganzen Satz benutzte, um gar nichts zusagen.
    »Ja, das denke ich auch, aber wir müssen mit mehr als Not rechnen«, wandte Lang ein.
    »Mit Gebeten ist kein Problem unüberwindlich.«
    Lang starrte seinen Befehlshaber an, und man konnte sehen, dass ein lautloses Gespräch zwischen ihnen lief. Danach wandte der Kommandeur sich den verletzten Soldaten zu und schließlich Apis und seiner Mutter. Der Outlinker war jung und unerfahren, bemerkte aber trotzdem sofort, dass er in Gefahr schwebte, wie auch andere auf dem Schiff wussten, dass ihnen das Gleiche drohte. Die Gebete wurden immer lauter, und ein paar Menschen lagen auf den Knien und steigerten sich in regelrechte Raserei. Der Befehlshaber wandte sich wieder Lang zu und wartete einen Augenblick, ehe er nickte. Apis stieß seine Mutter an, wollte sie aufwecken, aber sie ließ sich nicht aus ihrer Ohnmacht rütteln, weder durch den Stoß – noch als die vier Soldaten sie beide packten und zur Luftschleuse zerrten. Vielleicht war es die Arroganz, mit der diese Leute von der eigenen Überlegenheit ausgingen, die Apis dazu brachte, sich zu Wort zu melden, obwohl ihm klar war, dass ihn auch ein beiläufiger Schlag, den sie ihm versetzten, töten konnte.
    »Wir dürfen nicht in Fesseln sterben!«, sagte er zu dem bleich gewordenen Soldaten, der ihm die zerbrechlichen Arme wie mit Stahlklammern hielt. Sie hatten die Luftschleuse erreicht, wo ein weiterer Soldat am Handrad drehte. Ein Handrad? Eine manuelle Luftschleuse! Wahnsinn! Apis improvisierte, als seine Worte zu einer Pause führten. »Möchten Sie, dass wir in Fesseln vor Ihn treten?« Es klang überzeugend. Mit einer Miene, die zeigte, wie er sich schämte, zog der Soldat ein Messer und durchschnitt die Plastikfesseln um Apis' Hand- und Fußgelenke. Bei seiner Mutter wiederholten sie es allerdings nicht. Gemeinsam schoben sie sie in die enge Kabine; dann kurbelten sie die Luke hinter ihnen zu.
    Apis hyperventilierte mit einer Intensität, wie sie für jeden normalen Menschen abnorm gewesen wäre, und wünschte sich, seine Mutter könnte das Gleiche tun. Ihm war bereits schwindlig, als die Pumpen damit begannen, die Luft aus der Schleuse zu saugen – und seine Zellen waren voll mit Sauerstoff aufgeladen. Er schlang einen Arm um die Fesseln am Handgelenk seiner Mutter und den anderen um eine der Stangen, die in die Seitenwand der Luftschleuse eingelassen waren. Nur gut, dass die Leute im Innern so knapp an Luft waren, andernfalls hätten sie vielleicht die Außenluke direkt geöffnet und nichts hätte mehr verhindert, dass er ins Weltall hinausgesaugt wurde. Er ließ den kleinen Rest Luft aus der Lunge und schloss Nase, Ohren und Rektum. Der Speichel wurde zu Harz und versiegelte den Mund. Apis blähte sich auf, und die Nickhäute schlossen sich über den Augen. Auch der Körper seiner Mutter wuchs auf das Doppelte, als darin unbewusst die gleichen Prozesse abliefen. Ihr blieben vierzig oder fünfzig Minuten, ihm hingegen etwas mehr Zeit. Als sich nun die Außenluke zum Vakuum öffnete, überlegte er, was er in dieser Zeitspanne tun musste.
    Am liebsten hätte er sofort gehandelt, aber er wusste. dass damit nichts zu gewinnen war. Stattdessen dachte er alles ganz zu Ende. Falls er und seine Mutter noch lebend in der Schleuse angetroffen wurden, würden die Soldaten wahrscheinlich dafür sorgen, dass sie nicht mehr am Leben waren, wenn sich die Luke das nächste Mal öffnete. Apis studierte das Schleuseninnere und entdeckte ein Lagerfach in der Wand. Er öffnete es

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