Der erste Versuch
Kommission, ein unangenehmer, blasierter Zeitgenosse,
dass zweifelsfrei Sabotage vorliege. Die Ursache sei jedoch
nicht auf der Insel gesetzt worden, sondern in den EMW, den
Europäischen Maschinenwerken in Deutschland. Man habe
einen völlig ungeeigneten Stahl für den Rotor des Generators
verwendet; ein zu hoher Kohlenstoffanteil, der das Material so
versprödete, dass es bei der hohen Belastung barst. Dass es
sich um einen Sabotageakt handele, sei schon deshalb
zweifelsfrei, weil der zuständige Verantwortliche spurlos
verschwunden sei. Die Rotoren sämtlicher Maschinen seien
aus dem nämlichen Material gefertigt und daher unbrauchbar.
Man mühe sich nun im Werk, durch Sonderschichten und
andere Maßnahmen, den Zeitverzug zu verringern.
Selbstverständlich sei der Fall den Justizorganen übertragen
worden.
Dann kam die Überraschung: „Ich bin bevollmächtigt, im
Namen des Konsortiums folgenden Beschluss bekannt zu
geben: Mit sofortiger Wirkung wird Herr Erikson von der
Leitung des hiesigen Vorhabens der Company entbunden. Ab
morgen übernimmt die Geschäfte Frau Fatima Narad. Sie wird
am Vormittag eintreffen. Ich erwarte, dass sich die Übergabe
zügig und reibungslos vollzieht!“
Milan Nowatschek betrachtete es als Glücksfall, dass er dem
schockierenden Ereignis nicht beiwohnen musste. Er hatte in
Vertretung Hassims den Fundamentneubau inspiziert und
erfuhr somit erst später von der Katastrophe. Sein erster
Gedanke galt der Agentur: Spielte man ein doppeltes Spiel?
Gab es außer ihm, jenem in der Verwaltung und denen im UBoot noch weitere Leute Mannas’ auf der Insel? Haben sie die
sechs Toten…? „Keine Leichen“ hieß es. Dann wieder kam die
Art und Weise des Geschehens Milan sonderbar vor. Doch ein
normaler Unfall? Schließlich handelte es sich um Generatoren
neuer Konstruktion und für eine bisher nicht da gewesene
Leistung.
Milan neigte mehr und mehr zu einer solchen Lesart, bis ihm
das Ergebnis der Untersuchungen bekannt wurde. Eine
Einflussnahme, wie sie dem Vorfall zu Grunde lag, traute er
seiner Organisation durchaus zu. Dass Leute dabei draufgingen
– nun ja, wer konnte ahnen, dass so viele beim Probelauf der
Maschine in der Nähe herumstehen würden. Wenn aber die
Agentur nicht… Cathleen Creff hatte bestritten, den Abschuss
des Luftschiffes inszeniert zu haben, und sie hatte darauf
aufmerksam gemacht, dass noch andere Interessenten den Bau
des HAARP-Projekts verfolgen. Das hieße aber, sich nicht nur
gegen eine Enttarnung durch die Company, sondern auch in
einem wahrscheinlich weit gefährlicheren Konkurrenzkampf
zu wappnen.
Die klärende Information entnahm Milan am Abend des
Tages, an dem die Untersuchungsergebnisse bekannt gegeben
worden waren, einem spontanen
18.00-Uhr-Ruf Cathleen
Creffs: „Emzwei, welche Konsequenzen für den Bau zieht die
Havarie des Generators nach sich? Terminverzug? Gibt es
Anzeichen, dass sich noch andere Objekte im Visier der
Konkurrenz befinden? Wo entstehen durch eure notwendige
Umorganisation weitere neuralgische Punkte? Jetzt keine
Antwort. Treffen plus zwei, minus sechs, Punkt eins.
Bestätige! Ende.“
Milan überlegte, was ihn Dienstliches in 2 Tagen um 12 Uhr
auf das kleine Plateau über den Brennzellen fuhren könnte,
glaubte, dass ihm etwas einfallen werde, und gab das
Bestätigungssignal.
Tags darauf, am Vormittag in der Kantine, traf er Ahmed, der
ihn sogleich mit einer weiteren Neuigkeit überraschte: „Der
Mareis ist ebenfalls abgelöst. Mangelnde
Sicherheitsprophylaxe. Seine Position übernimmt Olch – der
den Katakombenbau geleitet hat. Man vermutet Lücken im
Sperrsystem. Angeblich schwirren undefinierbare Funksprüche
herum. Du merkst ja selber, wie aufgescheucht man ist.“
„Umso bemerkenswerter Cathleens Vorhaben, die Insel zu
besuchen“, dachte Milan. Dass sie die Gefahr etwa
unterschätzte, glaubte er nicht.
Gegen Mittag traf mit einer Barkasse die Neue, Fatima Narad,
ein. Sie wurde am Hafen von der Leitungscrew empfangen, an
der Spitze Erikson, steinern, zurückhaltend mit formalen
Floskeln.
Milan hatte es sich so eingerichtet, dass er am Kai die
Anlandung von weiteren Antennenkabeln kontrollierte und so
die steife Begrüßungsszene beobachten konnte.
Die Narad vermittelte eher den Eindruck einer drallen
Fischverkäuferin, wie sie sich ab und an am Hafen in Pula als
Touristenattraktion zur Schau stellten. Die neue Leiterin war
groß von Wuchs und vollschlank. Sie trug unvorteilhaft
kleidende enge Hosen und
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