Der Esper und die Stadt
Kommunen zusammenzutun, mögen Menschen, die anders sind. Sie haben immer für einen die Tür offen und eine Kanne Kaffee, die sie mit einem teilen können.
„Wohnen Jean Fitzpatrick und Mort Fitzpatrick noch in der Gegend?“ fragte ich den Barmann.
„Ich seh’ sie hin und wieder, aber sie sind in letzter Zeit nicht mehr hiergewesen.“ Der Barmann wischte die Theke ab und polierte sie, dabei entfernte er sich von mir und ging wieder auf Ahmed zu. „Soweit ich weiß, sind sie in irgendeine Kommune gezogen.“
Ahmed nippte an seinem Bier. Er sah uns von der Seite an, wie ein Fremder.
Ich ging in den grauen Tag hinaus und hielt die Papiertüte unter dem Arm. Die Flasche Bockbier zerrte an mir wie ein Stein. Ich hätte diesen verrückten, krank machenden Job als Aufspürer einfach vergessen können. Ich hätte einfach nach ein paar Leuten wie Jean Fitzpatrick Ausschau halten und ihnen erzählen können, wie bescheuert dieser Tag gewesen war, daß ich es nicht hatte aushalten können und Mücke gemacht hatte. Irgendwann wäre die Geschichte schon lustig geworden und hätte die Welt zu einem Ort gemacht, an dem ich's hätte aushalten können.
Ahmed holte mich ein und legte eine Hand auf meinen Arm. Ich mußte mich zurückhalten, um nicht rumzuwirbeln und ihm eine reinzuhauen. Ich sah einfach geradeaus.
„Bist du sauer?“ fragte er und ging um mich herum, um mein Gesicht zu sehen. „Wie fühlst du dich?“
„Meine Gefühle gehen nur mich was an“, sagte ich. „Klar? Hier lebt irgendwo ein Mädchen, das ich besuchen möchte. Ich möchte sichergehen, daß mit ihr alles in Ordnung ist, klar? Ich will dich bei deiner Rettungsarbeit nicht aufhalten. Also warte nicht auf mich, verstanden?“ Ich ging weiter, aber die Pest folgte mir auf dem Fuße. Und dabei hatte ich doch laut und deutlich gesagt, daß ich keine Gesellschaft haben wollte. Ich konnte ihm ja schlecht aufs Maul hauen, schließlich sind wir ja mal Freunde gewesen.
„Kann ich mitkommen?“ fragte er freundlich. „Vielleicht kann ich helfen.“
Ich zuckte die Achseln und marschierte auf den Fluß zu. Welchen Unterschied machte das schon? Ich war müde, und es war ziemlich viel los in New York. Irgendwann mußte Ahmed ja wieder seinen Geschäften nachgehen. Als ich mir vorstellte, wie ich mit dem Mädchen reden würde, wurde mir ganz warm. Es war entspannend. Wir würden einen Kaffee trinken, uns gegenseitig ein paar doofe Witze erzählen und die ganze Welt vergessen.
Das Haus der Fitzpatricks gehörte zu diesen verwitterten alten Kästen, die das letzte Jahrhundert übriggelassen hat. Damals war die Stadt noch ein Kaff. Man hatte das Haus in liebevoller Handarbeit restauriert, und ein Trupp von freiwilligen Anstreichern hatte ihm neuen Glanz verliehen. Es leuchtete weiß und hatte rote Türen und Fensterläden. Unter den Fenstern hingen Blumenkästen, in denen grüne Ranken, Pflanzen und wilde Blumen blühten. Über dem ganzen Haus verliefen die Hochstraßen des Hudson River Drive. Der Verkehr, der dort drüber rollte, brachte die Luft zum Rumpeln und den Boden unter meinen Füßen zum Erzittern.
Ich klopfte an die hellrote Tür. Niemand kam. Ich fand einen Klingelknopf daneben und drückte ihn. Ich hörte es zwar bimmeln, aber drinnen rührte sich nichts.
Die Häuser in den gemischten Zonen sind meist voller Gäste. Tag und Nacht ist jemand da: Reisende, die tolle Projekte planen oder sich Sachen ausgedacht haben, die man anderswo nicht gebrauchen kann. Sie alle können sich der Toleranz ihrer an allem interessierten Gastgeber erfreuen: Leute, die aus irgendwelchen Kommunen ausgestiegen sind, oder kraftlos aussehende Flüchtlinge aus den Studenten- oder Forschungsbetrieben, die einen Nervenzusammenbruch
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