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Der Eunuch

Titel: Der Eunuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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gewiß, meine Teuerste“, versuchte ihr Gatte sie zum Schweigen zu bringen, „idi betrachte es dennoch als ein persönliches Glück, daß dem nicht so ist.“
    „Da hören Sie den Baron!“ rief sie. „Als wenn man der Politik nicht einmal ein kleines Opfer bringen könnte. Aber das ist allerdings sicher: Eine Frau vermag in diesem Fall nichts auszurichten. Was soll man anfangen, wenn man den Mann nicht da hat. Aber wenn auch keine Frau, so gibt es doch einen Mann, und nur einen, der helfen könnte. Iich finde es von Eminenz Fleury gar nicht nett und sehr kurzsichtig, daß er den Grafen Bonneval so schlecht behandelt.“ „Der kommt auch nicht an den Padischah heran“, sagte Desalleurs. Aber wenn Paula Zay einen Gedanken erfaßt hatte, war sie schwer davon abzubringen. In diesem Kreis kannte man sie, und so versuchte es niemand.
    „Nein“, gab sie zu, „an den Padischah nicht, aber an den Großwesir. Ali Pascha ist ein bedeutender General, und Bonneval - na, das weiß die Welt! und zwei solche Männer - ich kenne diese Sorte! - sollten nicht miteinander über ihre Feldzüge reden? Stundenlang, sage ich Ihnen! Und dann dieser schlechte persische Friede. Der kann doch nur den Zweck haben, Truppen freizubekommen. Truppen, wofür, wenn nicht gegen Österreich? Etwa gegen Frankreich?“
    „Du bist ein Genie, Paula“, sagte Julienne mit einem Lachen, in das die anderen einfielen. „Wenn ich der Padischah wäre, machte ich dich ..."
    ."...zu deiner Innigstbegünstigten? O bitte, sag ja!“
    „Nein, zu meinem Großwesir“, sagte Julienne und nahm die gute Freundin in die Arme.
    Das Gelächter mochte noch so allgemein sein, aber den schwachen Punkt im diplomatischen Aufmarsch der Pforte hatte Paula Zay, ohne es recht zu wissen, getroffen. Der persische Friede. Wie die Dinge jetzt zu liegen schienen, war er nur durch Unfähigkeit zu erklären oder . . .? Etwas nachdenklich war der Fürst geworden.
    „Ach so!“ sagte er dann und schüttelte damit alle weiteren Gedanken ab. „Sie haben eben ihr Wort gegeben, diese Türken, und so glauben sie, es halten zu müssen. Auch mir erfüllen sie alle Zusagen.“

22
    Die Damen Elena Gika und Theodora Maurocordato waren in einem der Kavaliershäuser untergebracht. Viel überflüssigen Raum hatte man nidit, und besonders Damen von Rang geziemend unterzubringen, war an diesem Männerhof in Rodosto nicht immer ganz leicht. Dennoch hatte man Elena und Theodora in zwei etwas voneinander entfernt liegenden Räumen untergebracht. Der Ehre war in jeder Hinsicht genügt, aber nicht Elena Gikas Wünschen. Elena maulte. Sie war es gewohnt, mit Julienne zusammenzuschlafen und sah es nicht ein, warum sie in Rodosto, das sie bei dieser Gelegenheit mit allerlei unfreundlichen Namen belegte, ihrer Gewohnheit entsagen solle. Und eifersüchtig war sie auch noch, nämlich auf Paula Zay.
    Obwohl Julienne selbst sie zu Bett brachte, benahm sich Elena immer noch so, daß erst einige vorläufige Klapse sie zur Ruhe bringen konnten. In Julienne kämpften Ärger mit Rührung über eine Freundin, die so verliebt war. Und ganz Unrecht hatte die Kleine auch gar nicht. Sie hielt es für das Selbstverständlichste von der Welt, daß Julienne entweder zu ihr hinübergezogen wäre oder sie mit Sack und Pack bei sich aufgenommen hätte. Für Neuerungen war Elena nidit. Die machten sie mißtrauisch. Und es wäre auch alles nach der Regel erfolgt, wenn Julienne für die Frühe des nächsten Februarmorgens nicht etwas vorgehabt hätte und lieber allen überflüssigen Fragereien aus dem Wege hatte gehen wollen. Denn Elena, die kleine Zärtliche, schlief bis zum Mittag, wenn man ,Imbettliegen‘ und schlafen als ein und dasselbe ansehen wollte.
    Julienne hatte sich gestern beim Abschied noch mit dem Fürsten zu einem Gespräch unter vier Augen verabredet. Bei Tagesanbruch erhob sie sich also. Zum Reifrock fühlte sie sich jedoch nicht verpflichtet.
    Ein weiter dunkler Rock mußte es tun. Eine anliegende Jacke ergänzte ihn, die durch schmale weiße Streifen flandrischer Spitzen an Hals und Ärmeln erhellt wurde. Darüber nahm sie einen grauen Mantel.
    Der Winter war in diesem Jahr 1732 besonders warm, und es war überhaupt eine Seltenheit, daß sich das milde bosporonische Meeresklima zu einer empfindlichen Kälte verhärtete. Fast in jedem Winter gab es in den Gärten, wenn auch etwas spärlicher, nodi Blumen, und die gepflegten Beete des Fürsten machten davon keine Ausnahme. Die Gartenarbeit ruhte

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