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Der Experte: Thriller (German Edition)

Der Experte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Experte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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Notre-Dame, doch dann entschied er, dass er mehr wie ein wirklich Verrückter aussah – eine Figur aus Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats oder Einer flog über das Kuckucksnest.
    Harry sah zu Matheson herüber und gab ein letztes, befriedigtes Seufzen von sich.
    »David«, sagte er, »ich glaube, ich komme endlich so langsam mit meiner Wut in Kontakt.«
    Sie betrachteten einander mit dem Gleichmut von Philosophen, die eine Diskussion über einen Kernpunkt existenzieller Philosophie zu Ende geführt haben. Doch die Bemerkung war eine entzündete Lunte, die sich zur Wahrheit über ihre Lage durchbrannte. Pechschwarzer Humor konnte die Realität nur für einen gewissen Zeitraum fernhalten …
    Matheson verlor als Erster die Beherrschung und stieß explosionsartig ein trockenes Prusten hervor, das Harry mitriss. Ihr sprödes Gelächter brandete auf und ließ sich nicht mehr stoppen. Dass in ihren Lauten keine Spur von Humor oder Vergnügen zu finden war, ließ sie noch misstönender klingen, aber sie konnten nicht aufhören.
    Aus gut fünfzehn Metern Entfernung musterte Geiger den Tresen von Taxi Provencal. Er hatte alles durchdacht. Sein Plan hatte Schwachstellen, doch daran ließ sich nichts ändern. Er marschierte los – und bemerkte Calvin, der links auf einer Bank saß und auf den Boden starrte. Er blieb stehen.
    »Glück gehabt, Calvin?«
    Calvin blickte mit finsterem Gesicht auf. »Oh, hallo. Nein – kein Glück. Kein bisschen. Ich kann nicht mal an den verdammten Geldautomaten.« Sein verlegenes Grinsen kehrte zurück. »Ich glaube, ich sitze jetzt rundum in der Tinte. Aber danke der Nachfrage.«
    Geiger spürte, wie sich der Lauf seiner Gedanken rasch verschob, neue Wege schuf und Punkte zu einem anderen Bild verband. So etwas geschah in IR-Sitzungen ständig. Neuer Input war gleichbedeutend mit einer Neukonstruktion.
    »Calvin … Wie viel brauchen Sie?«, fragte er.
    Calvin kniff die Augen zusammen, dann winkte er mit beiden Händen ab. »Nein, nein. Ist total nett von Ihnen zu fragen, aber das kann ich nicht annehmen.«
    »Wieso nicht, Calvin? Der Vorschlag kam von mir, nicht von Ihnen.«
    Calvin zuckte mit den Schultern. »Sicher. Aber trotzdem, ich könnte auf keinen Fall …«
    »Wohin müssen Sie?«
    Calvin runzelte die Stirn. »Das nächste Büro von American Express ist in Paris …«
    »Also brauchen Sie einhundertzwanzig Euro.«
    Der Mann aus Nebraska seufzte. »Genau.«
    »Passen Sie auf, wir machen es folgendermaßen, Calvin. Ich muss zu dem Taxiservice dort drüben, weil ich einen Wagen brauche. Ich habe nicht viel Bargeld dabei und wollte dort sowieso über meine Kreditkarte ein paar Euro abheben. Warten Sie da vorn auf mich …« Geiger zeigte auf die Wand direkt gegenüber von der Taxitheke. »Wir bekommen Sie schon nach Paris. Okay?«
    Calvin stand auf. »Sie sind ein sehr netter Mann, Mister. Sie schickt der Himmel.«
    Geiger zeigte wieder auf die Stelle. »Dort drüben, Calvin. In ein paar Minuten komme ich zu Ihnen.«
    Calvin ging gehorsam an den ihm angewiesenen Punkt. Geiger nahm sich noch einen Moment, um das Szenario zu vervollständigen …
    Die bezaubernde junge Frau hinter dem Tresen von Taxi Provencal telefonierte gerade. Sie lächelte Geiger zu, hob einen Finger und bildete mit ihren Lippen lautlos die Wörter: Un moment. Sie trug ein gebügeltes weißes Herrenoberhemd und eine enge blaue Weste, die sie mit einer Hand nach unten zog, damit ihre Figur vor Geiger besser zur Geltung kam. Er bemerkte, wie ihr Blick über ihn glitt und sie zufrieden war mit dem, was sie sah. Diesen Ausdruck hatte er schon oft bemerkt, bei Männern wie bei Frauen. Mit einem Blick begann es, und dann verwandelte etwas an ihm – seine tiefgründigen Augen, die Kanten seines Gesichts, die Reglosigkeit, die ihn herausstechen ließ – den Blick in ein Starren, das, neugierig und oft lüstern, verweilte, bis das Ausbleiben jedes Signals seinerseits die Augen des Schauenden woandershin lenkte.
    Die Frau hinter der Theke legte auf. »Bonjour, Monsieur.«
    »Ich spreche kein Französisch.«
    »Ah, ein Amerikaner. Ich spreche Englisch. Ich war ein Jahr an der University of Miami.« Sie lächelte spielerisch. »Die Sonne. Und Wasserski. «
    »Für mich ist ein Wagen reserviert. Auf den Namen Ezra.«    
    Die Frau hinter der Theke ließ sein Desinteresse eine Sekunde lang wirken, dann blickte sie auf ihren Monitor und tippte auf ihrer Tastatur. »Ja – hier haben wir es. Ezra. Ich

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