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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Tod selbst. Wenn ich ihr gleich war, ihr gleich blieb, dann würde sie.
    »Nein!« schrie ich und warf meinen Arm zwischen uns. Sie blieb stehen, schrecklich in ihrer Macht, und lächelte ein letztes Mal.
    »Aber was kannst du sonst tun, mein Sohn?«
    Was nur? Die Finsternis war um mich und in mir, und ich konnte noch nicht einmal das Schwert finden, mit dem ich mich wehren konnte. Ich sackte zurück, dachte an Artus, an Bedwyr, an Cei und Agravain, und dann an Sion. Meine Gedanken wirbelten um sich selbst, und dann war ich in Ynys Witren, in der Stille der Kapelle, und plötzlich drehte sich das Universum wieder anders herum, und ich sah die Sonne, und nicht die Schatten. Meine mühsam tastende Hand hatte gefunden, was sie suchte: mein Schwert. Ich zog es und hielt es zwischen mich und die Finsternis.
    »Ich werde für Artus kämpfen«, sagte ich, und meine Stimme war fest. »Er kann mir nicht verbieten, ihm zu folgen, selbst wenn er mich nicht akzeptiert. Ich werde für ihn kämpfen, bis er deutlich sieht, daß ich nicht für dich kämpfe. Wie lange ich auch brauche, wie schwierig es auch sein wird, das kann ich tun, und ich werde es tun.«
    Ihre Lügen waren offenbar geworden, und ihre Pläne waren wieder gescheitert. Sie hob die Arme, und die Finsternis sprang auf. Aber sie war wieder fern, und ich stand in Camlann. Ich blickte auf und sah Lugh, der im Westen stand, Morgas gegenüber. Er hielt den Arm über die Insel, so daß die Königin sie nicht berühren konnte. Hinter ihm war das Licht zu strahlend, zu leuchtend, als daß man es sehen konnte. Einen Augenblick lang sah ich die beiden einander gegenüberstehen, und dann wurde mein Blickfeld klein. Ich sah die Insel und die beiden Armeen. Ich sah die Runde und mich selbst darin. Die Armeen begannen sich zu bewegen, und Schlachtenlärm war zu hören. Ich begriff, daß ich Dinge sah, die noch kommen sollten, und ich war entsetzt. Ich bedeckte mein Gesicht mit den Armen und schrie: »Nicht noch mehr!«
    Plötzlich war Stille.
    Schluchzend, um Atem kämpfend, öffnete ich die Augen und sah das Strohdach von Agravains Haus über mir. Alle schliefen. Lange Zeit lag ich still da.

12
    Nach langer Zeit drang ein Vogelruf von draußen herein, und dann noch einer. Hinter der Tür war Morgen. Ich setzte mich auf und begrub zitternd das Gesicht in den Händen. Dann erhob ich mich, zog mich an, tastete mich durch das Zimmer und öffnete die Tür.
    Der Tau lag schwer auf dem Gras, und die Erde roch feucht und süß. Die ersten Flügel der Dämmerung öffneten sich über der Ebene, über den schwarzen Formen der Hügel. Das Vogellied floß vor und zurück wie Wasser über Steine. Ich schloß die Tür hinter mir und lehnte mich dagegen. Ich sah zu, wie die Sonne im Osten hochkam. Es war voller Tag, ehe ich mich wieder bewegte, und ich tat es, um zu singen. Es war ein berühmtes Lied, ein Lied das man im ganzen Westen singt, und Padraig hat es gemacht, als er nach Erin zog.
    Ich erheb’ mich heute
    Durch des Himmels Macht auf immer
    über sieben Mächte:
    Der flammenden Sonne Schimmer,
    Dem Glanz, der Mondnächte,
    Des Feuers Glut,
    Das Lied im Windeswehen,
    Die Tiefe der endlosen Seen,
    Die Erde fest und gut,
    Und der Felsen sich’n Hut.
    Ich erheb’ mich heute
    Durch Gottes Macht, zu leiten mich...
    Durch die Mächtigste der Mächte.
    Die Dreiheit rufe ich,
    Einen bekenn’ ich, an dm glaube ich,
    Den Schöpfer der Schöpfung.
    Dann mußte ich lachen, weil ich das Lied nicht richtig verstand, und ich bot mein Schwert dem Morgenlicht dar. »Ich danke dir, mein Herr!« sagte ich laut. Dann fügte ich hinzu: »Und auch dir, für deinen Schutz, mein Ahn. Aber schick mir nicht mehr solche Träume!«
    Ich steckte Caledvwlch in die Scheide und fragte mich, ob wohl vom Fest der vergangenen Nacht noch etwas übrig war. Ich hatte sehr großen Hunger, denn ich hatte seit dem vergangenen Morgen nichts mehr gegessen, und seit da hatte ich eine Menge durchgemacht. Ich überlegte mir gerade, wie ich etwas Essen finden konnte, als ich Geräusche im Haus hörte. Ich ging wieder nach drinnen und stellte fest, daß Agravain wach war.
    »Da bist du ja!« rief er aus, als er mich sah. Er sah noch müder aus als am Abend zuvor. »Wie lange bist du denn schon auf?«
    »Nur kurze Zeit. Ich bin nach draußen gegangen, um den Sonnenaufgang zu betrachten.«
    »Das sieht dir ähnlich.« Er schnaufte und musterte mich, dann grinste er. »Bei der Sonne, es ist gut, einen aus der Familie hier zu haben.

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