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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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das Ufer und betrachtete das Wasser. Ceincaled hatte genug getrunken und watete jetzt im Fluß herum. Er genoß es offenbar. Ich ging zu ihm hinüber und nahm ihm schnell den Sattel ab. Dann rieb ich ihn mit einer Handvoll Gras ab und erlaubte ihm, weiter im Fluß herumzuplantschen. Ich selbst setzte mich wieder hin.
    Ich schaute mein Spiegelbild an, das in den Wellen zitterte, die Ceincaled machte. Ich hatte mich verändert, seit ich das letztemal mein Gesicht betrachtet hatte, damals am Teich, in Llyn Gwalch. Es war jetzt ein fremdes Gesicht, gezeichnet von seltsamen Dingen. Die Augen allerdings, deren Spiegelbild auf dem Wasser schwamm, waren noch die gleichen, genauso verwirrt über das, was sie sahen. Aber in meinem Gesicht lag jetzt eine seltsame Intensität, der Ausdruck eines Kriegers, und noch etwas Unheimliches. Ich schüttelte den Kopf und schaute wieder Ceincaled an. Ich, ein Krieger. Ich hatte drei ausgebildete sächsische Krieger getötet und einen sächsischen König verwundet. Aber wie konnte ich, Gawain ap Lot, der schlechteste Krieger auf allen Orkneys, ein völliger Versager, was Waffen betraf, so etwas fertigbringen? Die Sachsen waren durch die Größe und die Geschwindigkeit von Ceincaled verängstigt worden und durch das Feuer, das in meinem Schwert flammte. Wenn das nicht so gewesen wäre, dann hätte man mich sofort getötet. Sicher, das Ganze wirkte wie eine strahlende Heldentat, mit der ein berühmter Krieger vielleicht in einer Festhalle angeben konnte. Aber ich wußte es besser.
    Ich wußte was besser? Ich dachte an das wilde, ungebändigte Wesen, das ich noch vor einer Stunde gewesen war, und ich wunderte mich. Ich erinnerte mich an das, was ich in mir selbst gesehen hatte, als ich zum erstenmal Caledvwlch zog, an die Finsternis und danach an die Macht und die Sicherheit, als ich das Schwert hielt. Und ich erinnerte mich an Lughs Warnung. Wie sollte man in diesem Gemisch aus menschlicher Leidenschaft und göttlichem Wahnsinn das Licht von der Finsternis unterscheiden? Der verstörende Gedanke, daß ich nicht ganz menschlich war, kehrte wieder. Aber jetzt wußte ich, daß ich so menschlich bleiben würde wie jeder andere, was immer auch geschah, und selbst wenn ich Ceincaled reiten konnte. Das Pferd hatte mir dies gezeigt. Ich hatte ihn nicht beherrscht, sondern er hatte sich entschlossen, mir zu gehorchen, aus Liebe. Nur ein Unsterblicher konnte diesen Hengst bezwingen, und ich war menschlich. Ich konnte das Tier nur überreden. Dieser Gedanke war tröstlich. Es ist menschlich, ignorant und unsicher zu sein, und das war ich. Ich war nur ein Mann, der Größeres gesehen hat als die meisten Männer. Das Wesen dieser Dinge hatte mich berührt, wie ein Krieger von seinem Dienst berührt wird und ein König - Morgas, Mutter, fragte ich mich, wie tief hast du mich berührt? Aber das war alles, das war die ganze Erklärung.
    Ich lachte mein Spiegelbild an. »Du bist wirklich ein richtiger Narr, weißt du das?« fragte ich den Schatten. »Die Antwort lag direkt vor dir, und du hast ihr den Rücken zugedreht. Du machst dir zu viele Sorgen.«
    Ceincaled stellte die Ohren nach vorn und lauschte. Dann warf er den Kopf zurück. Ich lachte wieder, stand auf, ging hinüber und packte ihn am Zügel. Er schnaufte, und dann schob er seine Nase in mein Haar und knabberte daran, wie Pferde das so tun.
    »Still, du Tapferer, du Strahlender«, sagte ich ihm, »das ist kein Gras. Es hat noch nicht einmal die richtige Farbe.«
    Ceincaled prustete, und ich ließ meine Hand über seinen Nacken gleiten. Es war ein Schock, als ich mich daran erinnerte, woher er kam. Armer Ceincaled. Er war herausgerissen worden aus den Wundern dieser Inseln jenseits des Sonnenuntergangs. Er hatte sich Cerdics Gier und Aldwulfs Bannsprüchen unterwerfen müssen, der Peitsche und dem Hunger, dem Gebiß und den Sporen, der Finsternis und dem Tod. Und er hätte nur die Felder voll goldener Blumen kennen sollen, den endlosen Frühling in alle Ewigkeit. Ich riß noch ein Büschel Gras aus und rieb ihn wieder ab. Er war wundervoll. Zu schön für diese Erde. Mit ihm hatte ich meine Freiheit gewonnen. Und jetzt, ganz sicher, würden die Sachsen mich nie mehr wiederfinden, und ich brauchte Ceincaled nicht mehr. Nein, im Gegenteil: Er konnte sogar leicht zum Hindernis werden, denn solch ein Pferd bemerkt man, es fällt überall auf. Hätte ich die Wahl gehabt, ich hätte das Pferd behalten - ich liebte den Hengst, seine Schönheit und seinen

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