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Der Falke von Aryn

Der Falke von Aryn

Titel: Der Falke von Aryn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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entschlossen.«
    »Was sollen wir denn sonst tun?«, fragte sie ungehalten. »Wir wissen jetzt dank Eurer Magie, dass es jemanden gibt, der diesen Novizen davon überzeugen konnte, dass der Falke, den alle da oben sitzen sahen, eine Täuschung war. Auch der Novize wollte es nicht glauben, also muss die Person überzeugende Argumente gehabt haben. Mir sagt das, dass sie mehr über den Diebstahl weiß als wir. Also müssen wir sie befragen. Es hinauszuzögern, bringt nichts. Ich könnte nach Hause fahren und mich umziehen, aber dafür fehlt uns die Zeit. Was sollen wir also sonst machen?«
    »So gesehen habt Ihr recht. Nur, die meisten …«
    »Ich bin nicht die meisten«, sagte sie kalt. »In Augusta gibt es ebenfalls Häuser wie diese … und ich habe sie oft genug von innen gesehen, meist, wenn eine der Frauen dort ein unrühmliches Ende fand.« Lorentha blieb stehen und funkelte ihn mit ihren dunkelgrünen Augen an. »Ihr habt gefragt, ob es etwas gibt, vor dem ich mich fürchte«, sagte sie dann leise. »Ich gebe Euch eine Antwort. Ich fürchte nicht die Götter. Ich fürchte die Menschen. Bei allem, was ich schon gesehen habe, wollt Ihr meine Albträume nicht haben. Jedes Mal, wenn ich einem dieser Ungeheuer entgegentrete, rast mein Herz und meine Hände fangen zu schwitzen an. Sie sind verschlagen und übler als jedes Tier, denn sie sind gut darin zu täuschen und kennen keine Gnade. Ihr könntet eines dieser Ungeheuer sein, was das Schlimme daran ist, denn man sieht es ihnen selten an.«
    »Ich hoffe nicht, dass Ihr wahrhaftig so von mir denkt!«, sagte Raphanael mit einem schiefen Lächeln, das wohl die Schärfe ihrer Worte dämpfen sollte, doch so ganz gelang es ihm nicht.
    »Ja«, sagte sie sehr ernsthaft. »Ich hoffe es auch nicht. Doch genau das ist das Problem, ich kann es nicht wissen. Manchmal denke ich, dass dieses Ungeheuer in allen von uns lebt.« Sie wies zurück zum Tempel. »Es sind Menschen wie Eure Schwester, die uns helfen, dieses Ungeheuer an die Kette zu legen, doch bei vielen gelingt es nicht.« Sie griff nach seiner Hand und legte sie sich an die Beuge ihres Halses. »Fühlt Ihr, wie mein Puls rast?«, sagte sie dann leise. »In solchen Häusern kann man alles finden, was man sich nur vorzustellen vermag, und manches, was man nicht hat denken wollen. Von einer freundlichen alten Dame, die uns alles sagt, was wir wissen müssen, über einen Hurenhüter, der seine Schläger auf uns hetzt, bis zu einem feinen Herrn, der dafür zahlt, dass man die Hure, die er gerade umbringt, niemals finden wird.«
    Sie ließ seine Hand los, und er ließ sie sinken.
    »Man sieht es Euch nicht an«, stellte er bewundernd fest.
    Sie lachte bitter. »Seid Ihr schon einmal einem wilden Hund begegnet? Zeigt Ihr ihm Schwäche, wird er Euch angreifen, sieht er keine solche, wird er sich beugen. Menschen sind nicht anders. Ich habe unter Kosten gelernt, alle meine Unsicherheiten und Ängste zu verbergen, tue ich es nicht, ist es bei den Menschen wie mit diesen Hunden, sie riechen meine Angst … und werden sich auf mich stürzen, gebe ich ihnen nur die geringste Gelegenheit dazu.« Sie sah ihn grimmig an. »Ihr seht, mein Leben besteht nicht aus einem hübschen Ball.«
    »Täuscht Euch nicht«, warnte Raphanael leise. »Auf Bällen ist es so viel anders nicht. Auch dort nehmen die Jäger schnell Witterung auf, auch dort ist eine Schwäche tödlich.«
    »Bah!«, sagte sie verächtlich. »Eine Demütigung bringt keinen um.«
    »Nein«, antwortete er ruhig. »Aber wenn man feststellt, dass die Ehre zerstört ist und sie nur wiederherzustellen ist, wenn man mit einer Pistole in den Garten geht, ist man genauso tot.«
    »Jedenfalls war man dann nicht klug genug, einen anderen Ausweg zu finden«, meinte sie ungerührt. »Dummheit kann auch tödlich sein.« Sie nahm die Pistole fester in die Hand. »Ich denke, in diesem Moment ist es klüger, wenn Ihr vorgeht.«
    Er lachte. »Ich sehe, was Ihr meint.« Doch obwohl sich das Hurenhaus nur noch knapp ein Dutzend Schritte entfernt befand, nahm er sie am Arm und zog sie sanft zur Seite weg.
    Sie sah ihn erstaunt an.
    » Wir wissen, dass wir dort hineingehen wollen, um eine der Huren zu befragen«, erklärte er ihr, während er sich unauffällig umsah. Niemand schien ihnen größere Beachtung zu schenken, was erstaunlich war, bedachte man, dass sie eine Pistole in der Hand hielt. »Nur fiel mir eben ein, dass es sonst niemand weiß. Wenn wir dort hineingehen, ist unser beider Ruf

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