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Der Fall Carnac

Der Fall Carnac

Titel: Der Fall Carnac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel-Aimé Baudouy
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schon mehrmals hier gewesen. Er ist Antiquitätenhändler und interessiert sich deshalb für Möbel und für Gefäße aus Kupfer und Zinn. Immer wieder hat er Mama dringend gebeten, ihm die alten Sachen aus dem Salon zu verkaufen. Mama hat ihn heute morgen in Carnac getroffen. Sie mußte sich entschließen. Er will heute nachmittag kommen, um sich die Sachen zum letztenmal anzusehen. Deshalb hat Mama uns gebeten, alles vorzubereiten.«
    »Uns auch?« rief Ludwig. »Ich verstehe nichts von Hauswirtschaft.«
    »Was soll denn vorbereitet werden?« fragte Line.
    »Das alte geschlossene Himmelbett, das wir jetzt als Bücherschrank benutzen, der Geschirrschrank, die Stühle und all die alten Sachen, die Herrn Ameal interessieren.«
    »Gut«, entschied Line. »Anne und ich werden das erledigen, während wir das Mittagessen kochen. Ihr Jungen geht mit den Kleinen zur Kaninchenbucht. Wenn ihr mittags wiederkommt, ist alles fertig.«
    »Mama hat ganz recht, den ganzen alten Kram wegzugeben«, sagte Anne eine Weile später. »All die kleinen Säulen sind ja ganz hübsch, aber sie machen eine wahnsinnige Arbeit. Ludwig hat sie mal gezählt. Es sind hundertzweiundsechzig. Und die vielen Schnitzereien, aus denen man den Staub kaum ’rauskriegt!«
    Die beiden Mädchen hatten sich Tücher ums Haar gebunden und putzten mit Hingabe die alten Möbel im Salon.
    Das Zimmer war feucht und dunkel. Trotz der hohen Fenster kam wegen der dicken Mauern kaum Licht herein. Und dann breiteten die Parkbäume ihre Zweige davor aus und schirmten das Sonnenlicht ab. Das gebohnerte Parkett knarrte bei jedem Tritt, und in einer Ecke fehlte schon ein Stück. Auch andere drohten sich zu lösen; deshalb waren dort ein Sessel und zwei Stühle hingestellt worden, auf die sich nie jemand setzte.
    Ludwig hatte die gefährlichen Stellen die Schlangengrube getauft. Er behauptete, daß es unter dem Parkett von Nattern wimmelte.
    In der gegenüberliegenden Ecke hatte sich die dunkelrote Papiertapete stellenweise gelöst und warf Beulen. Sie wurde nur noch von den an der Wand befestigten Tellern und von ein paar kleinen Bildern in Rahmen, die ihr Gold fast verloren hatten, gehalten. Was auf den Bildern dargestellt war, ließ sich kaum noch erkennen.
    »Hoffentlich zahlt Herr Ameal einen guten Preis«, sagte Anne seufzend. »Damit wäre Mama geholfen.« Line erwiderte darauf nichts. Sie fühlte sich sehr traurig. Der ganze alte Kram, wie ihn Anne nannte, sollte also weggegeben werden. Die Möbel, die Kupfergefäße, die Feuerböcke des Kamins und sogar die Kaminplatte, die eine große strahlende Sonne darstellte. Sie mußte herausgebrochen werden. Dann blieb an dieser Stelle ein großes Loch, und das ganze Zimmer würde kahl und verlassen wirken.
    »Was wollt ihr denn nachher hier hineinstellen?« fragte sie.
    Anne zuckte die Achseln.
    »Sicher gar nichts. Wir schließen die Tür zu, und damit ist es erledigt... bis zum nächsten.«
    »Bis zu was für einem nächsten?«
    »Bis zum nächsten Zimmer, das wir verkaufen müssen. Und so fort, bis das ganze Haus weggegeben wird.« Und plötzlich begriff Line, daß ihre Freundin vor Kummer außer sich war. Zuerst hatte sie versucht, mit einem Scherz darüber hinwegzutäuschen, doch jetzt verließ sie die Beherrschung: sie war den Tränen nah. >Wenn nicht sofort was geschieht< dachte Line, >fange ich auch gleich an zu heulen.< Und das verabscheute sie. Bei ihr verwandelte sich der Kummer in Tatkraft. Wenn sich alles gegen sie verschwor, dann wuchsen ihre Kräfte, und statt klein beizugeben, wurde sie immer beherzter und setzte ihre ganze Energie ein.
    »Und kann man da gar nichts machen?« rief sie.
    »Doch! Geld beschaffen. Mama hat die Stellung in Vannes angenommen, und Ludwig und ich müssen versuchen, etwas zu unternehmen, ohne daß sie es erfährt; aber es klappt nicht.«
    »Was denn?«
    »Du weißt doch, die Kinder, die den Autofahrern Legenden erzählen...«
    »Ihr wolltet betteln?« rief Line voller Entsetzen. »Ihr wollt die Hand hinhalten, während ihr Geschichten erzählt?«
    Nun war es um Annes Fassung geschehen! Sie schluchzte. Und sie schluchzte nicht nur, sondern sie erklärte außerdem weinend, daß sie nicht einmal das tun könnten, weil sich die Kinder, die die Touristen ansprächen, gegen sie verbündet hätten und behaupteten, sie hätten nicht das Recht, sich ihrem Trupp anzuschließen.
    »Sie sagen, wir wären reich, stell dir das vor! Die Überholwerft mit ihrem Park sei ein Schloß, sagen sie. Und

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