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Der Fall Struensee

Der Fall Struensee

Titel: Der Fall Struensee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Hausen
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finden.“
    „Aber Sie haben den Erlass entworfen, Graf Struensee“, sagte Lurdorph. „Nein“, entgegnete Struensee rasch, „Graf Rantzau hat ihn entworfen.“ Lurdorph geriet einen Augenblick aus dem Konzept, wühlte in den Akten und fragte dann: „Wie kam der König dazu, Sie zum Minister zu ernennen? Schließlich waren Sie nur der Leibarzt. Sie müssen es seiner Majestät suggeriert haben.“
    „Ich besaß das Vertrauen des Königs. Er bat mich, diese Aufgabe zu übernehmen.“
    „Könige bitten nicht, Könige befehlen“, warf Wind ein. „Um so weniger konnte ich mich entziehen“, antwortete Struensee schlagfertig. Die Inquisitoren schwiegen. Sie hatten gedacht, Struensee nach über vier Wochen Kerkerhaft als gebrochenen Mann vorgeführt zu bekommen. Das war offensichtlich nicht der Fall. Es würde schwierig werden, die Anklage auf Hochverrat aufrechtzuerhalten.
    Die Legalität seiner Berufung zum Staatsminister stand außer Frage. Jeder der folgenden Erlasse war vom König unterzeichnet, mit wenigen Ausnahmen waren sie von den Ministerien gegengezeichnet, denen ihre Durchführung anvertraut worden war. Vergebens war Lurdorph einen Erlass nach dem anderen durchgegangen, überall starrte ihm die Unterschrift des Königs entgegen. Stunde um Stunde verging in hilfloser Rangelei um diesen oder jenen Erlass. Die Verfügungen selbst konnte Lurdorph nicht angreifen, ohne die Autorität des Königs infrage zu stellen. Er ging dazu über, die Gesinnungen Struensees, seine Pläne und Absichten anzugreifen.
    Aber es war ihm klar, dass es schwierig sein würde, die unausgesprochenen Absichten des Angeklagten eindeutig festzulegen und zu beweisen. „Sie müssen zugeben, Graf Struensee“, fuhr Lurdorph fort, „dass sich die Auflösung der Garden nicht anders erklären lässt: Sie wollten den König des Schutzes seiner Garden berauben, um ihn ohne Gefahr zu stürzen.“
    „Die Garden wurden aufgelöst, um Geld zu sparen“, erwiderte Struensee, „die Höhe der Staatsverschuldung zwang uns dazu. Der König willigte ein. Das Holsteinische Infanterieregiment, das die Pflicht der Garden übernahm, war nicht weniger königstreu und bedeutend billiger. Wenn ich den Sturz des Königs geplant hätte, hätte ich sicher nicht als Chef dieses Regimentes Oberst Köller berufen. Ich nehme an, Sie wissen, welche Rolle er bei meiner Verhaftung gespielt hat. Ich kann mich auch nicht erinnern, die Unterschrift des Königs auf dem Haftbefehl gesehen zu haben.“
    „Lassen wir Oberst Köller aus dem Spiel“, sagte Lurdorph unwirsch, kramte in seinen Akten und legte Struensee den Haftbefehl mit der Unterschrift des Königs vor. Struensee starrte auf die wohlbekannte Signatur, sie wollte ihm etwas ungelenk erscheinen, aber es war die des Königs, ohne Zweifel. Er lehnte sich plötzlich ermattet in seinem Sessel zurück. Oberst Lurdorph verfolgte mit lauerndem Blick die Reaktion Struensees und fuhr fort: „Die Auflösung der Garden bleibt verdächtig.“
    „Außerordentlich verdächtig“, bekräftigte Wind. „Weiterhin ist uns bekannt, dass Sie in Gegenwart des Königs den Hut aufbehielten und Privatbriefe des Königs öffneten.“
    „Das ist wahr, Herr General.“
    „Finden Sie nicht, Herr Graf, dass ein solches Verhalten eine Respektlosigkeit gegenüber seiner Majestät darstellt?“
    „Es geschah auf Wunsch des Königs, der von seiner Umgebung ein zwangloses Verhalten verlangte, wie er selbst es liebte, sich ungezwungen zu geben. Der König befahl mir, auch seine Privatkorrespondenz zu lesen, um Wichtiges von Unwichtigem zu trennen.“
    „Hatten Sie eine schriftliche Order in dieser Hinsicht?“
    „Nein. Es erwies sich, dass es eine Belästigung des Königs gewesen wäre, ihn in allen Angelegenheiten um einen schriftlichen Befehl zu bitten. Schließlich vereinbarte ich mit seiner Majestät eine Generalvollmacht. Dass werden Sie doch sicher wissen.“
    „Schildern Sie uns doch, wie es dazu kam.“ Struensee seufzte und bat um ein Glas Wasser. Es war ihm klar, dass sie nun den heikelsten Teil seines Aufstiegs berührten. Bram schenkte aus einer Karaffe etwas Wasser in ein Glas und reichte es dem Angeklagten.
    Struensee trank, räusperte sich und begann: „Verehrte Herren, ich muss dazu etwas weiter ausholen. Die Spannkraft und geistige Gesundheit seiner Majestät, die sich seit seiner Reise nach Holstein stabilisiert hatte, begann merklich nachzulassen. Zuvor hatte er sich mit großem Interesse den Staatsgeschäften und

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