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Der Fall Struensee

Der Fall Struensee

Titel: Der Fall Struensee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Hausen
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sind wirklich originell und haben amüsante Anschauungen“, sagte der Diplomat verwundert.
    „Wieso?“
    „Nun, Sie müssten doch wissen, dass Frauen nicht fähig sind, selbstständige Entscheidungen zu treffen. Es ist sogar zweifelhaft, ob sie eine Seele besitzen.“
    Struensee schüttelte den Kopf, entgegnete jedoch nichts dazu.
    „Sind Sie einverstanden?“
    „Ich füge mich in das Unvermeidliche“, sagte Struensee ironisch.
    In der folgenden Zeit war es tatsächlich so, dass Annette an bestimmten Tagen Filosowof zur Verfügung stand, an anderen Tagen Struensee. Nach einer Weile jedoch ließ seine Leidenschaft für sie nach, und er wandte sich anderen Frauen zu. Er begann eine Beziehung mit der Kammerfrau der Königin, Fräulein von Eyben. Wenig später wurde Brigitte Sophie von Gabel, die Frau eines Generals, seine Geliebte. Er geriet in den Ruf eines Frauenhelden. Die Damen machten es ihm nicht schwer, und er war ein äußerst diskreter Liebhaber. Er liebte und brauchte die Frauen, aber eine tiefere Bindung war er bisher nicht eingegangen.
    Die Verlobung mit der Tochter des Apothekers Nebelung in Altona hatte er wieder gelöst, als er mit dem König auf Reisen ging.
    Die Russen rangen Bernstorff einen Pakt ab, ein Bündnis gegen Schweden, der für Dänemark sehr ungünstig und aufwendig war. Es musste Truppen an den Grenzen postieren und eine Verstimmung der Schweden in Kauf nehmen. Die Russlandpolitik drohte dem Staatsmann, der nahe sechzig und regierungsmüde war, über den Kopf zu wachsen. Aber er wollte ausharren, bis ein endgültiger Vertrag mit Russland ausgehandelt war. Mit dem Wiedererscheinen Rantzaus auf der politischen Bühne bestand die Gefahr, dass sein letztes großes Projekt scheiterte. Rantzau war ein erklärter Feind der Zarin und hasste die Russen. Wenn er an die Macht kam, könnte dies Krieg mit Russland bedeuten.
    Das schlecht gerüstete Dänemark stünde dann gegen das riesige Reich im Osten, wie schon einmal, als Zar Peter mit einer Invasion gedroht hatte. Doch der Minister spürte, dass sein Einfluss schwand. Eigentlich war Rantzau gar nicht so erpicht darauf, sich wieder in die Politik einzumischen. Doch in Anbetracht seiner leeren Kassen und seinem Schuldenberg blieb ihm nichts anderes übrig, als dem Lockruf Struensees zu folgen. Der jedoch hätte den Sturz Bernstorffs gern vermieden. Zwar war er nicht der Freund des Ministers, aber auch nicht sein Feind.
    Bei aller Gegensätzlichkeit gab es doch Gemeinsamkeiten, die ein Arrangement zwischen beiden Männern möglich gemacht hätte. Beide wollten den Frieden. Struensee hätte Bernstorff das gefährliche Gebiet der Außenpolitik gern überlassen, denn eine Alternative zur Neutralitätspolitik hatte er nicht. Er wollte den Rücken freihaben, damit er sich in Ruhe seinem innenpolitischen Reformwerk zuwenden konnte. Aber Rantzau war nicht bereit, sich mit Bernstorff zu arrangieren, und Struensee wiederum glaubte, auf Rantzau angewiesen zu sein. Und so wurde Bernstorff entlassen. Rantzau als Dänemarks neuer Außenminister dachte nicht daran, den alten Kurs fortzusetzen.
    Er wollte es der Zarin zeigen, Rache an Katharina hieß die Parole. Denn mit ihr hatte er noch eine Rechnung offen. Er beabsichtigte allen Ernstes gegen Russland ins Feld zu ziehen. Zum Glück meldete sich ein anderer guter Freund zurück und riss in letzter Minute das Steuer herum. Falckenskiold legte Struensee dar, dass Dänemark unmöglich einen Krieg gegen Russland gewinnen konnte und Struensee begriff gerade noch rechtzeitig, dass sich Dänemark auf dem besten Weg zu seinem eigenen Untergang befand, wenn der Friedensvertrag mit Russland gebrochen würde. Schleunigst löste er den größenwahnsinnigen neuen Außenminister Rantzau wieder ab. Aber auch der Nachfolger, Graf von der Osten, war keine gute Wahl, da dieser von Russland ebenso wenig akzeptiert wurde.
    Die Russen ließen Struensee wissen, dass jede Verhandlung aussichtslos sei, solange von der Osten Außenpolitik betrieb und Rantzau am Hof sei. Doch Struensee vertrieb Rantzau nicht, er fand auch keinen neuen Außenminister. Der einzige nicht zu unterschätzende Erfolg jedoch war, dass die Macht der Russen am dänischen Hof eingedämmt wurde. Struensee sorgte dafür, dass keiner der Gesandten mehr ungebeten zum König vordringen konnte. Sie mussten ihre Gesuche zunächst schriftlich einreichen.
    Struensee stand ziemlich allein am Königshof. Die Adligen weigerten sich, mit ihm zusammenzuarbeiten. Er musste

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