Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
demonstrativem Widerwillen auf mich zu und hielt mir die Scheibe hin.
    »Also keine Bookmarks? Wir wollen Leonid doch nicht ausspionieren. Abgesehen davon sollten die Programme auch einwandfrei laufen. Haben wir uns verstanden?«
    Der Junge sah Dschingis mürrisch an. Der grinste. Das Ganze wirkte wie ein lang erprobtes Spiel, das beide gut kannten.
    »Dann guck ich’s mir lieber noch mal an.« Pat brachte die Scheibe hinter seinem Rücken in Sicherheit.
    »Scheint mir eine gute Idee zu sein«, gab Dschingis gelassen seinen Kommentar ab. »Ich kann mich auf dich verlassen?«
    »Diese Software hast du mir versprochen!«, schrie der Junge plötzlich. »Und zwar nur mir!«
    »Die Umstände haben sich geändert.« Dschingis ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Ich habe mal jemandem versprochen, ihm jede Bitte zu erfüllen. Das ist schon sehr lange her, da hast du noch in die Windeln gepisst.«
    In den Augen des Jungen stand deutlich geschrieben, dass er mich für diesen miesen Jemand hielt.
    »Wenn das so ist …« Der Junge hielt die Disk immer noch außerhalb meiner Reichweite, ging zum Tresen, nahm sich ein großes Glas, zapfte sich Guinness und verließ die Küche.
    »Und beeil dich!«, rief Dschingis ihm nach.
    »Ist er dafür nicht noch ein bisschen jung?«, fragte ich verwirrt. Der Junge war höchstens dreizehn.
    »Fürs Bier? Wie soll ich’s ihm denn verbieten?« Dschingis sah mich erstaunt an.
    »Aber …«
    »Ich bin nicht sein Vater. Ich bin überhaupt nicht mit ihm verwandt. Aber zurück zu dir. Oder hast du was dagegen?«
    »Nein.« Ich biss mir auf die Zunge und beschloss, darauf zu verzichten, mehr über Dschingis, Pat, diese seltsame Wohnung oder die zwischenmenschlichen Beziehungen ihrer Mieter herauszukriegen. Erst wollte ich mal mein eigenes Schäfchen ins Trockene bringen.
    »Wer bist du?«
    »Leonid.«
    »Die Angaben aus deinem Pass kannst du dir sparen. Die würde ich eh rauskriegen, wenn ich darauf erpicht wäre. Also, wer bist du?«
    Ich atmete tief durch, bevor ich antwortete. »Ein Diver.«
    Dschingis studierte die Neige des Biers am Boden des Krugs. Als er dort nichts Bemerkenswertes entdeckte, fragte er: »Ein Ex-Diver? Oder einer, der heute aktiv ist? Denn Letzteres ist ja wohl nicht dein Ernst!«
    Hatte ich ihn also auch mal aus der Reserve gelockt!
    »Ex-Diver gibt es nicht!«
    Er hüllte sich in Schweigen. »Hast du mit Maniac zusammengearbeitet? «, fragte er dann.
    »Manchmal. Er hat mir bei technischen Problemen geholfen. Bei Waffen … und Sicherheitsprogrammen.«
    »Und jetzt arbeitest du wieder?«
    Nun hüllte ich mich in Schweigen. Ich wollte nicht zugeben, dass ich schon lange keinen Auftrag mehr erhalten hatte. Und wahrscheinlich auch nie wieder Arbeit haben würde.
    Außerdem wusste er das selbst.
    »Nicht wirklich«, brachte ich heraus.
    »Gut, ich will dich nicht länger quälen. Hat dir jemand einen Auftrag angeboten?«
    »Nein.«
    Dschingis stand auf und schnappte sich auch meinen leeren Krug. Er zapfte mir ein Urquell, sich selbst Guinness.
    »Worum geht es dann?«
    »Ich würde gern eine Antwort auf eine ganz bestimmte Frage haben.«
    »Du hast doch schon jede Menge guter Antworten – die ungefähr so informativ sind wie eine Anleitung zur Benutzung von Klopapier. Okay, gehen wir mal davon aus, dass mich das Ganze nichts angeht. Ich habe Maniac einen Gefallen geschuldet, jetzt sind wir quitt. Pat bringt dir gleich die Disk.« Dschingis stellte den Krug auf den Tisch, beugte sich vor und sah mir in die Augen. »Aber du willst doch noch was von mir, oder etwa nicht?«
    »Stimmt.«
    Sein Blick bohrte sich förmlich in mich. Dieser Blick drohte nicht, er übte keinen Druck aus – er bohrte sich lediglich in mich hinein.
    »Dann überleg dir, was du wissen willst und welche Antworten du dafür herausrückst.«
    Ich zögerte kurz. »Dschingis, wo ist hier das nächste Klo?«
    Er grinste. »Ganz in der Nähe. Drei Meter den Flur runter. Geh nur und denk in Ruhe nach!«
    Damit lag er jedoch nicht ganz richtig. Ich spielte nicht auf Zeit, ich würde die Karten ja so oder so auf den Tisch legen müssen. Dschingis hatte die Informationen, die ich brauchte, und vor allem: Er bezog sie aus der realen Welt, nicht aus der Tiefe .
    Aber das Örtchen musste ich wirklich aufsuchen!
    Die Tür zur Toilette war mit Eiche und mattem Glas verkleidet. Ich trat ein, und das Interieur verschlug mir nicht einmal mehr die Sprache.
    Das Klo war mit zartrosafarbenen Kacheln gefliest, als hätte

Weitere Kostenlose Bücher