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Der FC Bayern und seine Juden

Der FC Bayern und seine Juden

Titel: Der FC Bayern und seine Juden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Schulze-Marmeling
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ablehnt: »Die Geschichte wird mir zu unsicher und zu teuer.«
    Professionelle Vorbereitung
    Im letzten Meisterschaftsfinale vor der nationalsozialistischen Machtübernahme stehen sich nun zwei Vereine gegenüber, in denen Juden eine wichtige Rolle spielen und die deshalb als »Judenklubs« firmieren: der von Kurt Landauer geprägte FC Bayern sowie Eintracht Frankfurt, deren Hauptmäzen nach wie vor die von jüdischen Besitzern geführte Schuhfabrik J. & C.A. Schneider ist. Der Finalort Nürnberg wird somit zur Bühne einer letzten Manifestation des jüdischen Beitrags im deutschen Fußball. Nie wieder in Deutschland werden jüdische Bürger bei einem großen Fußballspiel eine auch nur annähernd so große Rolle spielen wie am 12. Juni 1932.
    Die Bayern gelten als Favorit, ja als überreif für den Titel. Allerdings verfolgt die Mannschaft seit der Saison 1925/26, als man bei der ersten Endrundenteilnahme an Fortuna Leipzig scheiterte, der Ruf einer launischen Diva.
    Das Team bereitet sich auf das große Finale im Stil einer Profimannschaft vor. Trainer Richard »Little« Dombi schirmt die Mannschaft gegenüber der Öffentlichkeit hermetisch ab. Selbst die Spieler erfahren das Mannschaftsquartier zunächst nicht. Die Bayern-Expedition nimmt den Zug, steigt aber bereits in Fürth aus. Von dort geht es in taxis kreuz und quer durch die Lande, wobei man auch durch Schwabach fährt, wo die Journalisten die Bayern im Parkhotel vermuten. Doch die Fahrt endet im Herzen Nürnbergs – vor dem Hotel »Württemberger Hof«, unmittelbar neben dem Bahnhof und im belebtesten Teil der Stadt gelegen. Dombi will am Finaltag eine längere Busfahrt vermeiden. »Die Mannschaft hätte vielleicht steif gesessen und durcheinandergerüttelt aufs Spielfeld treten müssen«, meldet die Chronik »50 Jahre FC Bayern« als Motiv.
    Dort, wo man sie am allerwenigsten erwartet, bleiben die »Rothosen« zunächst von Presse und Fans unerkannt. Zum Spaziergang im Nürnberger Stadtpark verlässt man das mächtige Gebäude durch einen kleinen Nebeneingang. Der Tagesablauf – von den Mahlzeiten über den Spaziergang bis zum entspannten Kartenspiel – wird allein von Dombi vorgegeben. »Den Anordnungen für die einzelnen Mahlzeiten, wie sie Dombi gab, mussten sich alle fügen, auch die Ersatzspieler und die Herren der Leitung. Landauer schlürfte tapfer seine Schleimsuppe, Harlacher verzichtete auf seinen gewohnten Schoppen Bier und Dr. Berger ließ wehmütig seine so sehr geliebte Havanna ungeraucht. Niemand wollte der Mannschaft einen Anreiz geben«, erinnern sich die Vereinschronisten. Erst am Finaltag »outen« sich die Bayern, als sie um zwei Uhr mittags am Hotel eine Fahne in den Münchner Stadtfarben und mit dem Münchner Kindl als Wappen hissen.
    Per Fahrrad zum Endspiel
    55.000 Zuschauer kommen am 12. Juni 1932 ins Nürnberger Stadion und bescheren dem DFB eine Einnahme von 60.000 RM. Vor dem Finale waren die Bayern darum gebeten worden, auch in München verbilligte Eintrittskarten für Erwerbslose anzubieten. Tatsächlich stellt der Verein 500 Karten kostenlos zur Verfügung und sorgt dafür, dass 421 erwerbslose Fans, die über 200 Kilometer per Fahrrad nach Nürnberg strampeln, in Weißenburg ein kostenloses Nachtquartier vorfinden. In München wird der Tross von Siegfried Herrmann verabschiedet.
    Unter den Fußballfreunden, die aus Frankfurt angereist kommen, befindet sich u.a. Dr. David Rothschild, ehemals Präsident des FSV und in der Mainmetropole respekt- und liebevoll »der Bornheimer Doktor« genannt. Rothschild über die Anfahrt der Frankfurter (die freilich nicht per Rad, sondern mit dem Automobil erfolgt): »In jedem Ort, durch den sie fahren, erwartet sie eine enthusiastische Menschenmenge, die mit wechselnden Sympathien für eines der beiden Finalteams Partei ergreift, und je näher sie Nürnberg kommen, umso gewaltiger wird die Mobilisierung. Was sehen wir? Da flitzt Hitlers Mercedes mit Eskorte uns entgegen: die Insassen erkennen, dass König Fußball die Massenbegeisterung in steigendem Maße erwirbt, trotz Reichstagsfieber und Notverordnungen.« Ein optimistisches Bild, das nur wenige Monate später von der Wirklichkeit brutal überrollt wird.
    In der Ehrenloge des Nürnberger Stadions ist reichlich Prominenz versammelt. Mit Dr. Franz Xaver Goldenberger von der Bayerischen Volkspartei wohnt erstmals ein Kultusminister einem Meisterschaftsfinale bei. Auch Münchens Bürgermeister, Geheimrat Hofrat Küfer, ist angereist. Auf

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