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Der Feind im Spiegel

Der Feind im Spiegel

Titel: Der Feind im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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amerikanischer Bundesstaat war, daß die Japaner 1941 Pearl Harbor angegriffen hatten und daß reiche Amis im Winter herkamen, um Golf zu spielen. Die Maschine bereitete sich zur Landung vor. Vuk hörte, wie die Räder ausgefahren wurden, und kurz darauf rasten Palmwipfel an seinem Fenster vorüber. Mit einemmal mußte er an Emma und die Kinder denken, es schnürte ihm das Herz zusammen. Eigentlich sollten sie jetzt neben ihm sitzen, in einem ganz normalen Linienflugzeug auf dem Flug zu einem Winterurlaub auf Hawaii, wie eine stinknormale amerikanische Familie. Er versuchte die Gedanken zu verscheuchen, aber es gelang ihm nicht. Er nahm ihren Duft wahr. Er sehnte sich so sehr nach ihnen, daß es schmerzte. Es waren gefährliche Gedanken. Sie schwächten ihn. Wenn er Emma und die Kinder wiedersehen wollte, mußte er stark sein.
    »Bist du okay?« Kerry schien wirklich besorgt.
    »Ja, alles okay.« Er wußte selbst, daß seine Stimme nicht aufrichtig klang.
    »Bist du sicher? Du bist weiß wie ein Laken. Dir ist doch nicht schlecht, oder?«
    »Nein, mir geht’s gut. Alles im grünen Bereich.«
    Die Maschine hielt in einer Ecke des kleinen Flughafens. Er hieß Lihue. Die Luft war warm und frisch und führte diesen reichen und sanften Meeresduft mit sich, den er ganz vergessen hatte. Kerry brachte ihn geradewegs zu einem schwarzen Chrysler-Van mit schwarzgetönten Scheiben. Sie setzten sich auf die Rückbank. Der Fahrer war ein Mann mittleren Alters in einem geblümten Hemd, neben ihm saß ein jüngerer Mann. Die Pistole im Schulterholster beulte seine leichte Jacke aus. Im Wageninnern war es fast kalt. Als wäre die Klimaanlage vorher auf vollen Touren gelaufen.
    »Du kannst sie ihm ruhig abnehmen, Kerry«, sagte der jüngere Mann, während sich das Auto lautlos in Bewegung setzte. Er hatte ein breites amerikanisches Gesicht und die Sattelnase eines Boxers. Er war gar nicht so jung, wie Vuk zunächst angenommen hatte. Die Falten an Augen und Mund ließen vermuten, daß er auf die 45 zuging. Die Augen waren grau und kühl. Sein Haar war streichholzkurz und schwarz ohne eine graue Strähne.
    »Yes, Sir«, sagte Kerry. Er holte den Schlüssel heraus und schloß die Handschellen auf. Vuk massierte sich die Handgelenke.
    Der Mann auf dem Vordersitz streckte ihm die Hand entgegen, und Vuk drückte sie überrascht.
    »Phil Marker, CIA.«
    »John Ericsson.«
    Der Mann lachte. Das Lachen war ebenso tief wie seine Stimme.
    »Wenn du meinst. Wir werden die nächste Zeit gemeinsam verbringen, also können wir uns ruhig zivilisiert benehmen. Wenn ich es richtig verstanden habe, kannst und willst du Onkel Sam helfen. Wenn du es kannst, bist du mein Freund. Wenn nicht, dann haben wir mal wieder nur ein Gespenst gejagt. Unser Chauffeur heißt Joe. Er wohnt auf der Insel und wird zusammen mit seiner Frau für Essen und Trinken sorgen, während du uns deine Geschichte erzählst. Michael kennst du ja. Er paßt auf dich auf. Obwohl, wo willst du schon hin? Bei den neuen Sicherheitsvorschriften kann man nicht mehr einfach so in einen Flieger hüpfen. Der 11. September hat das Leben auf den Inseln verändert. Und zwar für immer. Stimmt doch, Joe, oder?«
    Joe wandte den Kopf halb um. Er hatte braune Augen, schwarze Haare und einen hellbraunen Teint und sprach mit leichtem Akzent. Er mußte zur einheimischen Bevölkerung gehören.
    »Aloha, John. Willkommen in Hawaii«, sagte er und fuhr fort: »Ja, früher haben wir nachmittags immer gesagt: Na, Schatz, sollen wir nicht in Honolulu ins Kino gehen? Jede Viertelstunde gab es eine Maschine, und ein Ticket hatten wir immer in der Schublade. Man kriegte sie im Supermarkt hinterhergeschmissen, wenn man seine Bonuspunkte sammelte. Damit ist jetzt Schluß. Jetzt brauchst du einen Ausweis mit Bild und Namen, und dein Ticket wird doppelt und dreifach überprüft und was weiß ich nicht noch alles, nur weil man mal eben auf die große Insel oder auf die anderen Inseln oder aufs Festland will. Phil hat schon recht. Das Leben wird nie mehr so sein, wie es mal war.«
    Vuk wunderte sich über ihre Freundlichkeit. Als könnte Phil Gedanken lesen, sagte er: »Wir machen einfach das Beste aus der Situation, okay? Aber wenn du Zicken machst, ziehen wir die Samthandschuhe aus, verstanden?«
    »Ihr braucht mir nicht zu drohen. Ich habe doch gesagt, daß ich mit euch kooperiere.«
    »In Ordnung. Dann brauchen wir nicht mehr darüber zu reden. Die Sache ist geklärt.«
    Sie verließen die Stadt, die mit ihren

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