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Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
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warte auf mich, um mich nach oben zu begleiten, und ich sei gleich wieder da. Dann ging ich ruhigen Gewissens hinauf ins Häuschen, denn abgesehen davon, dass Filo mich nicht begleiten würde, hatte ich fast die Wahrheit gesagt. Ich brauchte dringend ein neues Buch, denn ich konnte unmöglich eine ganze Woche zu Hause hocken, ohne zu lesen. Im übrigen sollte Filo mir an jenem Nachmittag, ohne dass ich es ahnte, doch noch Gesellschaft leisten.
    Der Schlüssel war nicht an seinem Platz. Sosehr ich in und außerhalb der Ritze suchte, ich fand ihn nicht. Die Tür war abgeschlossen, die Fensterläden zugeklappt, dennoch spürte ich, als ich um das Haus ging, dass irgendetwas anders war als die anderen Male, die ich hier oben gewesen war. Ich musste nicht lange suchen, bis ich sah, wie eine schwache Rauchsäule aus dem Schornstein stieg. Instinktiv klopfte ich ein-, zweimal an die Tür. Beim dritten Mal lähmte die Angst meinen Arm, noch ehe meine Knöchel das Holz berührten. Ich rannte um die Ecke, ohne zu wissen, warum, und wartete dort eng an die Mauer geschmiegt, doch niemand öffnete. Erst als ich überzeugt war, dass sich kein Mensch im Haus befand, beruhigte ich mich und musste über mich selbst lachen.
    Ich hatte wirklich keinen Grund, mich wie ein kleines Kind aufzuführen, wie ein dummer Feigling. Die Besitzerin hatte mir erlaubt, das Haus zu betreten, die Rubias wussten Bescheid, und eine von ihnen musste den Kamin angefacht haben, nicht unbedingt Catalina. Das Gebäude gehörte zum Hof, sie waren bestimmt hier gewesen, um eine Rolle Espartogras zu verstecken, etwas zu kochen, allein zu sein, abseits des Trubels im großen Haus oder, falls es Paula gewesen war, um zu rauchen. Über dies alles dachte ich länger nach, und als ich sah, dass aus dem Schornstein kein Rauch mehr aufstieg, kehrte ich zurück und klopfte und rief, doch niemand antwortete. Wer immer dort gewesen war, musste inzwischen gegangen sein und den Schlüssel mitgenommen oder ihn drinnen vergessen haben. Ich konnte aber auch durch das kleine Fenster rechts einsteigen, von dem Doña Elena gesprochen hatte, das kaputt war und nicht richtig schloss.
    Ich ging um das Haus und sah mir die hintere Fassade an, während ich mich fragte, welches der beiden kleinen Fenster Doña Elena gemeint hatte. Ich erinnerte mich, früher an der Wand unter dem, das nun links von mir war, ein paar alte, in die Wand eingelassene Holzsprossen gesehen zu haben. Wahrscheinlich hatten die Rubios sie damals, als das Gebäude noch als Scheune diente, dazu benutzt, das Stroh in die Dachkammer hinaufzubringen. Doña Elena musste dieses Fenster gemeint haben, denn das andere war viel zu hoch, als dass man es ohne Leiter hätte erreichen können, und dort hatte ich noch nie eine gesehen. Ich hatte also keine Wahl, steckte mir das Buch ins Hemd und begann hinaufzusteigen.
    Es kostete mich eine Menge Mühe, denn es war bereits dunkel, es regnete, und ich konnte nicht richtig sehen. Die Gummisohlen an meinen Schuhen rutschten auf den mit feuchtem Kalk verschmierten Sprossen immer wieder ab, aber als ich oben war, brauchte ich das Fenster nur leicht einzudrücken und hineinzuklettern. Im Haus war es warm und dämmerig, wer immer da gewesen war, hatte nicht nur den Kamin angemacht, sondern auch zwei Kerzen in einem Kerzenhalter, die noch auf dem Tisch brannten, sodass ich in ihrem Licht so gerade eben die Umrisse der Dinge ringsum erkennen konnte. Ich keuchte noch von der Anstrengung, als mir klar wurde, dass sie nicht viel genutzt hatte. In dieser Dunkelheit würde ich mir höchstens ein Bein brechen, noch ehe ich wieder unten war. Dann fiel mir ein, wie ich in einem Roman von Jules Vernes gelesen hatte, dass sich die Augen langsam an die Dunkelheit gewöhnen, und beschloss, noch einen Moment zu warten. Den Rücken an die Wand gelehnt, saß ich mit ausgestreckten Beinen zwischen etwas, das offenbar ein Dreschflegel war, und einem gefüllten Sack. Gerade als ich meinte, die Ränder der hochkant ins Holz eingelassenen Steine zu erkennen, hörte ich ein Knirschen im Schloss und die Angeln einer Tür quietschen, die sich öffnete und dann wieder hastig schloss. Dann sah ich Filo im Licht der Lampe, die sie gerade angeschaltet hatte.
    Ich wollte zurückweichen, doch das ging nicht. Jetzt sah ich alles ganz deutlich, links von mir den Dreschflegel, etwas weiter entfernt einige Truhen und dahinter Holzkisten und zu meiner Rechten, unter einem Haufen leerer Säcke, etwas Großes, mehr

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