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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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sich von Wahid und sagte: »Viel Glück.« Ohne dass der Saudi es hören konnte, fügte er hinzu: »Viel Spaß in der Hölle euch beiden.«
    Rapp ging zügig von Wahid weg, aber nicht so schnell, dass es Aufmerksamkeit erregt hätte. Nach genau vier Schritten zog er einen Fernzünder aus der Tasche. Er blickte auf das Gerät hinunter und drückte den ersten Knopf links. Das kleine Display erwachte zum Leben, und er sah an der Anzeige, dass die Signalübertragung in Ordnung war. Das Heikelste beim Fernzünden einer Bombe war für gewöhnlich das Scharfmachen der Waffe. Aus diesem Grund hatte er bis zum letztmöglichen Augenblick damit gewartet.
    Sein Plan war recht simpel. Wahid und sein Vater würden auf die gleiche Weise ums Leben kommen, wie es den Opfern der Terroristen in den meisten Fällen erging. Alles, was Rapp dazu brauchte, hatte bereits in Katar auf ihn gewartet: eine khakifarbene taktische Weste, C-4-Plastiksprengstoff, Kugellager, Primacord, eine Zündkapsel und ein Fernzünder. Rapp hatte Wahid die taktische Weste angezogen, an der er mehrere Stücke Plastiksprengstoff und Kugellager befestigte, die bei der Explosion zu tödlichen Geschossen wurden. Wahid war quasi eine wandelnde Landmine.
    Rapp blickte nach dem zehnten Schritt über die Schulter zurück. Der Vater trat gerade auf den Bürgersteig. Rapp ging weiter und drehte sich nach einigen Sekunden wieder um. Wahid hatte die Arme ausgebreitet, und sein Vater stand wie erstarrt da, als er seinen tot geglaubten Sohn sah. Wahid eilte auf ihn zu, und die beiden Männer fielen sich in die Arme. Rapp war nun fast an der Ecke des Gebäudes; er betrachtete Vater und Sohn einen kurzen Moment lang, als die Erinnerung an seine tote Frau durch seine Gedanken huschte, und er wandte sich wieder ab. Die Sicherheitskamera war direkt vor ihm.
    Rapp senkte das Kinn, blickte auf den Fernzünder in seiner rechten Hand hinunter und streckte dann den Mittelfinger der linken Hand der Kamera entgegen. Im nächsten Augenblick drückte er den Knopf, und eine ohrenbetäubende Explosion zerriss die warme trockene Luft. Rapp blieb keinen Augenblick stehen und drehte sich auch nicht mehr um. Er dachte bereits darüber nach, wie er Erich Abel finden und töten konnte.

67
MINISTERIUM FÜR ISLAMISCHE
ANGELEGENHEITEN, SAUDI-ARABIEN
     
    Nawaf Tayyib gehörte nicht zu den Männern, die besessen waren von dem Wunsch, ihre Karriere voranzutreiben. Er glaubte an Pflichtbewusstsein, Loyalität und Erfolg – Werte, deren Bedeutung er ebenfalls in seiner Zeit als Fußballer gelernt hatte. Neben seinen körperlichen Voraussetzungen waren es diese Qualitäten, die ihm den Weg aus der Armut ermöglicht und ihn in den innersten Kreis eines der mächtigsten Männer im Königreich geführt hatten – jenes Mannes, mit dem er sich nun treffen würde. Prinz Muhammad bin Rashid würde sehr enttäuscht sein.
    Tayyib erinnerte sich plötzlich an die Knieverletzung, die er mit fünfundzwanzig Jahren erlitten hatte, und daran, wie er an jenem Tag auf dem Rasen lag und auf sein Bein hinunterblickte. Es war, wie meistens, ein Abendspiel. In der Hitze des Tages Fußball zu spielen wäre Selbstmord gewesen. Tayyib spielte in der Verteidigung, und seine oberste Regel lautete, es nie zuzulassen, dass sich ein Gegner hinter seinen Rücken schlich. Es gab eine Ausnahme, die jedoch mit einem gewissen Risiko verbunden war. Ein- oder zweimal im Spiel versuchte Tayyib, einen gegnerischen Pass schon im Ansatz zu erahnen. Sie unterschätzten immer wieder seine Schnelligkeit. Er deutete an, sich in eine andere Richtung zu bewegen, und sprintete dann los, um den Pass abzufangen. Manchmal, wenn die gegnerische Mannschaft zu weit aufgerückt war, konnte er nach einem solchen Manöver mit dem Ball am Fuß wie ein arabisches Vollblut bis ans andere Ende des Spielfelds preschen.
    An jenem letzten Abend seiner Karriere war er fast über das gesamte Feld gestürmt, als der Tormann herauskam, um ihm den Winkel zu verkürzen. Tayyib täuschte an, rechts vorbeizugehen, und spielte den Ball links am Tormann vorbei, der nicht mehr eingreifen konnte, sodass Tayyib das leere Tor vor sich hatte. Er ließ sich einen kurzen Moment lang Zeit – der Rest war schließlich nur noch Formsache. Mit dem rechten Fuß am Boden holte er mit dem linken Fuß aus, um den Ball im Netz zu versenken, als plötzlich wie aus dem Nichts ein gegnerischer Spieler herangeflogen kam und ihn nicht etwa in Knöchelhöhe, sondern in Kniehöhe attackierte.

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