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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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ließ es dann aber sein, weil er wusste, dass er sie damit nur noch mehr erzürnt hätte. »Ich kann dir in keinem Punkt widersprechen.«
    »Gut. Dann werden wir dem Deutschen sagen, dass wir den Auftrag nicht annehmen.«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Ich dachte, du gibst mir recht?«
    »Ja, aber hier geht es um viel mehr als das, was du gerade gesagt hast.«
    »Ach ja, was denn?«, fragte sie ungeduldig.
    »Zum Beispiel, dass wir sesshaft werden und ein Baby haben könnten.« Er erkannte, dass er ihr mit seiner Antwort den Wind aus den Segeln genommen hatte.
    Nur zu gerne hätte Claudia mit ihm über dieses Thema gesprochen, aber dafür war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Nicht, solange sie Streit hatten. »Wie stellst du dir das vor – dass ich ein Baby von dir bekomme, wenn du tot bist?«
    Er ging um den Tisch herum und nahm ihre Hände in die seinen. »Ich weiß, das ist nicht einfach für dich, aber ich verspreche dir, ich werde gut Acht geben. Und wenn es ein halbes Jahr dauert, dann nehme ich mir die Zeit. Der Deutsche hat keine Ahnung, wer wir sind. Und Rapp wird mich nie zu sehen bekommen. Ich werde ihn töten, und dann steigen wir aus.«
    Sie fand die Vorstellung reizvoll, aber irgendetwas sagte ihr, dass sie von diesem Auftrag die Finger lassen sollten. »Ich weiß nicht.«
    »Ist schon okay. Schlaf erst mal darüber. Denk dran, dass das alles mit einem Schlag vorbei sein könnte. Wir müssten nicht mehr jeden Monat umziehen … wir könnten uns irgendwo niederlassen. Überleg mal … ein Haus am Strand, und ein paar Kinder, die darin herumtollen.« Er nahm sie in die Arme und drückte sie an sich. »Ich verspreche dir, es wird alles gut gehen. Ich werde besonders vorsichtig sein.«
    Sie blickte zu ihm auf. »Und du glaubst wirklich, dass du dieses Leben hinter dir lassen kannst?« Über diese Frage hatten sie schon mehr als einmal gesprochen.
    »Ja«, antwortete er lächelnd, wenngleich er sich nicht wirklich sicher war.
    Sie blickte in seine warmen, intelligenten Augen, hinter denen, wie sie wusste, etwas ganz anderes lauerte. Sie hatte schon gesehen, wie er tötete, und sie war über sich selbst schockiert gewesen, weil es ihr so wenig ausgemacht hatte. Ja, sie hatte ihm sogar gern zugesehen und seine Geschicklichkeit bewundert. Ihre mangelnden Gewissensbisse erklärte sie sich damit, dass seine Opfer sich stets irgendeines Verbrechens oder Vergehens schuldig gemacht hatten. Aber bei Mitch Rapp war das anders. Er war jemand, den sie bewunderte. In diesem Fall würde es ihr schwerfallen, die Tat in irgendeiner Weise zu rechtfertigen. Was sie jedoch verlockte, war die Aussicht, dass für sie beide bald alles anders werden könnte. Ja, es war höchste Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen und ihr altes Leben hinter sich zu lassen.

18
WASHINGTON D.C.
    Es war kurz nach sechs Uhr morgens, und sie hatten eigentlich noch genügend Zeit, doch Rapp fuhr trotzdem alles andere als gemächlich. Anna verzichtete darauf, ihm zu sagen, dass er langsamer fahren solle. Sie hatten oft genug über dieses Thema gesprochen, und er hatte sich für ihre Argumente nicht sehr empfänglich gezeigt. Wann immer es möglich war, fuhr Mitch seine Frau zur Arbeit. Die halbstündige Fahrt auf der schwach befahrenen Straße war eine willkommene Gelegenheit, noch ein bisschen Zeit miteinander zu verbringen, und nachdem sie ohnehin in die gleiche Richtung mussten, war es durchaus sinnvoll, zusammen zu fahren. Mitch fuhr nicht ohne Grund so schnell; er blickte außerdem regelmäßig in die Spiegel, sah sich die Gesichter der anderen Fahrer an und versuchte, soweit dies möglich war, die Route zu variieren. Das alles war längst etwas ganz Selbstverständliches für ihn geworden, etwas, das sich ihm eingeprägt hatte, nachdem er viele Jahre in Gegenden gelebt hatte, in denen er ständig in Lebensgefahr war.
    Anna studierte währenddessen die New York Times und die Washington Post. Ihr Job verlangte, dass sie regelmäßig und viel las. Als NBC-Korrespondentin im Weißen Haus musste sie über das Geschehen in der Pennsylvania Avenue Nr. 1600 sowie in der gesamten Regierung auf dem Laufenden sein. Außerdem musste sie auch bis zu einem gewissen Grad darüber Bescheid wissen, was die Opposition des Präsidenten vorhatte. Man musste ständig informiert sein, und das peinliche kleine Geheimnis der meisten Fernsehjournalisten in Washington war, dass sie die Zeitungsjournalisten für sich arbeiten ließen. Die Post und die Times waren eine

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