Der Fetisch-Mörder
weiter auf die Verandatreppe zu.
Wieder ein Geräusch.
Luther wirbelte herum und sah schemenhaft irgendetwas auf ihn zustürzen. Obgleich lange nicht so groß wie er selbst, riss die Gestalt ihn um, und er landete der Länge nach auf dem feuchten Boden. Sein Messer fiel ihm aus der Hand. Mit aller Kraft stieß er den Angreifer zurück und sah dabei, dass es sich um einen hellhaarigen, ziemlich kleinen Mann handelte, der die Zähne fletschte wie ein Kampfhund. Seine Augen waren wirr, und er taumelte rückwärts und ruderte wild mit den Armen.
Luther tastete das feuchte Gras ab und suchte vergeblich nach seinem Messer. Der Mann stürzte sich erneut auf ihn.
Eine scharfe Klinge blitzte auf, als er sie in der Hand schwang. Luther brüllte vor Wut, holte aus und trat dem Angreifer mit voller Wucht in den Unterleib. Die Klinge sauste durch die Luft, traf ihn am Ohr, dann schlitzte die Spitze seinen Overall auf und bohrte sich in seine muskulöse Schulter. Luther schrie mehr aus Wut als vor Schmerz, und sprang auf.
Im Haus regte sich etwas, und im nächsten Moment ging die Verandalampe an und erhellte einen Teil des Gartens. Er sah seinen Angreifer davonhuschen. Die kleine Statur des Mannes entsprach ganz sicher nicht seiner Kraft. Luther musste verschwinden. Bei dem Lärm kreuzten bestimmt jeden Moment die Bullen auf. Er wollte kein unnötiges Risiko eingehen. Etwas Warmes tropfte von seinem linken Ohr, und als er eine Hand hob und es abwischte, sah er einen Blutstreifen auf seinem Handschuh.
Scheiße!
JT schuldete ihm eine Erklärung.
48
Was war das für ein Geräusch?
Irgendetwas hatte sie erneut geweckt. An der Wohnungstür … Schritte? Vorher hatte sie im Garten einen Schrei gehört, doch als sie auf die Veranda gegangen war und nachgesehen hatte, war niemand da gewesen. Um wie viel Uhr war das gewesen? Und wie spät war es jetzt? Sie griff unter ihr Kissen, holte das Schälmesser hervor und hielt es aufrecht in der Hand wie ein ungeduldiger Tischgast. Jemand hämmerte mit der Faust an ihre Wohnungstür. Dann hörte sie ein drängendes Flüstern.
»Makedde? Bist du wach?«, fragte eine vertraute Stimme.
Sie sprang mit dem Messer in der Hand aus dem Bett. Ihr Buch landete mit einem dumpfen Aufprall auf dem Boden. Jetzt war sie hellwach.
Die Stimme fuhr fort:
»Ich habe Licht brennen sehen. Ich weiß, es ist ziemlich spät …«
Ihre Uhr zeigte halb zwei. »Da hast du verdammt Recht, Andy«, erwiderte sie, ging zur Tür und versuchte, möglichst entschieden zu klingen. »Es ist wirklich spät.« Und zwar in vielerlei Hinsicht. Sie vergewisserte sich, dass die Tür abgeschlossen und die Sicherheitskette vorgelegt war.
»Ich muss dringend mit dir reden«, sagte er betreten.
Ihre Finger umklammerten das Messer. »Worüber willst du mit mir reden? Und überhaupt … woher weißt du eigentlich, dass ich hier wohne?«, stellte sie ihn zur Rede. Ihr Mund war nur wenige Zentimeter von der Tür entfernt.
»Makedde, ich habe es nicht getan. Ich habe es heute morgen aus der Zeitung erfahren …«
»Na toll. Warum stellst du dich dann nicht auf der nächsten Polizeiwache und rufst mich morgen zu einer vernünftigen Uhrzeit an?«
»Ich war schon bei der Polizei … Müssen wir das wirklich durch die geschlossene Tür besprechen? Bitte.«
»Du warst also bei der Polizei, ja?«, fragte sie skeptisch. »Hast du mit Jimmy gesprochen?«
»Ja.«
»Wann?«
»Heute Abend. Ich weiß, dass er heute bei dir war. Daher kenne ich auch deine neue Adresse.«
Oh, vielen Dank auch, Jimmy. »Hat er dir gesagt, dass du unter Verdacht stehst?«
Er erwiderte lange nichts. Einen Augenblick lang fragte sie sich, ob er überhaupt noch da war. Schließlich sagte er: »Ich wusste schon vorher, dass ich unter Verdacht stehe …«
»Und woher wusstest du das?«
»Vielleicht sollte ich lieber gehen …«
»Nein. Warte.« Sie zögerte. »Wo warst du die ganze Zeit?«
»In Lane Cove. Es ist eine lange Geschichte. Kann ich jetzt reinkommen? Es kommt mir irgendwie albern vor, durch die Tür mit dir zu reden.«
»Einen Moment.« Vorsichtig öffnete sie die Tür einen Spalt weit, bis sich die Sicherheitskette spannte.
Ihre Augen trafen sich. Andy, der Mann, mit dem sie geschlafen und von dem sie geglaubt hatte, dass sie ihm vertrauen konnte. Sein Haar war strähnig und ungekämmt, sein Gesicht unrasiert. Außerdem glaubte sie, eine schwache Alkoholfahne zu riechen.
»Andy«, sagte sie, »bitte versuch mich zu verstehen. Du
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