Der Fetisch-Mörder
»Er hat nicht versucht, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen?«
»Nein! Das habe ich doch gesagt. Was ist denn los?«
»Hat er Ihnen erzählt, dass er sich gerade scheiden lässt?«
»Ja.«
»Wo sind Sie jetzt?«
»Ich bin umgezogen. Ich wohne jetzt in Bronte.«
»Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich möchte Ihnen gerne ein paar Fragen stellen. Wie lautet die Adresse?«
Mak gab sie ihm bereitwillig, und er meinte, er wäre in ein paar Minuten da. Sie stürmte hinaus und suchte die Straße nach einer Zeitung ab. Ein Stück weiter sah sie eine aus einem Briefkasten ragen. Tut mir Leid, dachte sie, als sie sie herauszog. Auf der Titelseite prangte ein Foto von Cassandras hübschem Gesicht. Darunter hieß es:
Ehefrau eines Detectives von
Stiletto-Mörder getötet
In der vergangenen Nacht entdeckte die Polizei die Leiche von Mrs. Cassandra Flynn, der Ehefrau von Detective Andrew Flynn, einem Beamten des zentralen Mordkommissariats. Die Leiche wurde im Haus des Opfers in Woollahra aufgefunden. Die Polizei geht davon aus, dass es bei der Tat eine Verbindung zu den vier brutalen Morden an jungen Frauen gibt, die sich seit dem 26. Juni dieses Jahres in Sydney ereignet haben. Jede der Leichen wurde mit einem einzelnen Stiletto bekleidet aufgefunden. Wo sich Detective Flynn zur Zeit aufhält, ist unbekannt. Die Polizei bittet dringend um sachdienliche Hinweise.
Fassungslos ließ Makedde die Zeitung fallen.
Jimmy Cassimatis hatte die Figur eines Teddybärs. Er war klein, rund, und obwohl er noch keine vierzig war, war sein Bauch bereits auf bestem Wege zur Tonnenform. Seine Arme waren von demselben dichten schwarzen Flaum bedeckt, der auch aus seinem Kragen hervorschaute. Seine lockere Art erinnerte Makedde an einen Jungen aus ihrer Schule, der nie richtig erwachsen geworden war.
Nachdem Jimmy ihre neue Bleibe einer kurzen Begutachtung unterzogen hatte, baute er sich vor ihr auf und versuchte, möglichst professionell zu wirken. »Miss Vanderwall, ich möchte Ihnen ein paar Fragen stellen.« Wahrscheinlich hörte sich aus seinem Mund sogar ein jambischer Pentameter wie Slang an. Sie wartete auf seinen nächsten Satz, doch der Detective schwieg und ging wortlos im Zimmer auf und ab. Schließlich beschloss sie, das Eis zu brechen.
»Sie sind Andys Partner. Würde er Ihnen nicht sagen, wo er hinwollte?«
»Sie sind seine Mieze. Würde er Ihnen nicht erzählen, wo er hinwollte?«
Mieze. Sehr stilvoll.
»Eine Mieze ist ein Haustier, Detective. Der Herald deutet an, dass Andy verdächtigt wird. Stimmt das?«
»Andy hat mir erzählt, dass Sie Seelenklempnerin sind. Ich mag keine Seelenklempner«, raunzte Jimmy zurück.
»Ich bin keine Seelenklempnerin. Ich studiere noch und will Psychologin werden. Also – wird er nun verdächtigt oder nicht?«
»Na ja, solange er sich nicht blicken lässt, macht er sich verdammt verdächtig. Ich für meinen Teil glaube nicht, dass er es war. Aber es sieht nicht gut aus für ihn. Die Frau war eine ziemliche Nervensäge.«
Mak erinnerte sich an die Wut, die Andy nach dem Streit, dessen Zeugin sie unfreiwillig geworden war, aus sämtlichen Poren gestiegen war. »Ungewöhnlich, dass sie in ihrem Haus gefunden wurde. Die anderen Leichen wurden in öffentlichen Parks oder an irgendwelchen abgelegenen Orten entdeckt. Glauben Sie, dass es derselbe Mörder war?«
»Eigentlich dachte ich, dass ich hier die Fragen stelle«, fuhr er sie an.
»Nur zu, fragen Sie.«
»Wissen Sie, wo Andy ist?«
»Wie ich Ihnen bereits mehrfach gesagt habe – nein.«
»Hat er seit Montag zu Ihnen Kontakt aufgenommen?«
»Nein!« Das würde ewig dauern, wenn er ihr immer mit den gleichen Fragen kam. »Was ist denn Montag passiert?«
Jimmy, der immer noch auf- und abging, blieb abrupt stehen. »Der Fall wurde ihm entzogen, weil er sich mit einer Zeugin eingelassen hat.«
»Tatsächlich?« Makedde würgte an ihren Schuldgefühlen. »Wie ist das denn passiert? Und wie ist es rausgekommen?«
»Es ist eben rausgekommen.« Jimmy wirkte aufgebracht. »Was hat Andy Ihnen über seine Frau erzählt?«
»Dass sie dabei waren, sich scheiden zu lassen, und dass er gerade die Papiere bekommen hatte. Und dass keine Kinder im Spiel waren. Allerdings hat er nicht gerne über die ganze Geschichte geredet. Wenn er mich abgeholt hat, ist er immer im Streifenwagen gekommen, deshalb habe ich angenommen, dass es vielleicht Streit über die Aufteilung des gemeinsamen Besitzes gab. Hatte seine Frau sich das Auto an Land
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