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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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die Schulter von Pickard und sah ihm in die Augen. »Überlassen wir lieber alles Weitere den Spezialisten, die noch im Laufe der Nacht hier eintreffen werden. Wir haben bereits Verstärkung aus Nürnberg und München angefordert. Ihre Frau wird nicht die einzige Schwerverletzte bleiben. Augenblicklich sind wir hier nur zwei Ärzte. Gedulden Sie sich bitte bis morgen früh. Und – geben Sie die Hoffnung nicht auf.«
    »Ein Rollstuhl wird der Tod für sie sein«, flüsterte Georg Pickard.
    »Jetzt sehen Sie nicht so schwarz. In der Medizin sind heutzutage so viele Dinge möglich. Manchmal machen wir sogar Unmögliches möglich. Noch einmal, nicht die Hoffnung verlieren, Sie müssen jetzt Ihrer Frau Kraft geben. Fahren Sie nach Hause und rufen Sie morgen früh an, dann können wir Ihnen wahrscheinlich schon Genaueres sagen. Und übrigens, Sie können von Glück sprechen, daß nicht mehr passiert ist. Wäre sie nur zehn oder fünfzehn Zentimeter weiter oben getroffen worden . . . sie wäre mit ziemlicher Sicherheit sofort tot gewesen.«
    »Danke, Doktor.« Aber Pickard verspürte kein wirkliches Dankgefühl, in ihm war nur eine totale Leere. Als wäre er an einem absoluten Endpunkt des Lebens angelangt. Seine Füße trugen ihn nach draußen, aber sie gehörten nicht zu ihm. Er stieg in den Wagen, setzte sich auf den Beifahrersitz, spürte seinen schmerzenden Körper nicht. Nur die Übelkeit rumorte in seinen Eingeweiden.
    »Komm, Vater, es wird schon wieder werden. Gib mir die Schlüssel, ich werde fahren«, sagte Dieter. Pickard reichte ihm wortlos den Schlüsselbund.
    Eine junge Krankenschwester trat auf den Wagen zu, das Gesicht weiß vor Entsetzen. Dieter kannte ihr Gesicht, aber ihr Name fiel ihm nicht ein. »Ich habe gehört, Sie kommen aus Waldstein«, sagte sie mit belegter Stimme. »Kennen Sie die Buchners?«
    Dieter nickte stumm: Er kannte die Buchners recht gut, hatten sie doch erst vor ein paar Wochen einen Wäscheschrank in Auftrag gegeben. Sie lebten aber noch nicht lange in Waldstein, seit drei oder vier Jahren etwa. Er leitete den Supermarkt, sie war über einige Ecken mit den Vandenbergs verwandt.
    »Wissen Sie, ob sie noch am Leben sind? Ich muß wissen, ob meine Eltern noch am Leben sind!«
    »Tut mir leid«, sagte Dieter schroffer als gewollt, steckte den Zündschlüssel ins Schloß, wandte den Kopf, sah die junge Frau an. »Wir wissen überhaupt nichts!«
    Als er Gas gab, tat ihm leid, wie er sie behandelt hatte. Hier zu sein, nur wenige Kilometer von Waldstein entfernt und doch keine Möglichkeit zu haben, etwas über die Eltern in Erfahrung zu bringen!
    Immer mehr Transporte mit Verletzten aus Waldstein trafen ein, hektisches Treiben herrschte auf dem Parkplatz und vor der Notaufnahme.
    Die Schwester stand am Bürgersteig und sah den Pickards nach. Nach wenigen Metern Fahrt stoppte Dieter den Wagen, weil sein Vater sich übergeben mußte.

Kapitel 22
    Sarah Vandenberg saß mit der schlafenden Josephine seit wenigen Minuten im Keller auf einer ausrangierten Holzbank, sie lehnte mit dem Rücken an der kalten Wand, als sie ein Knarren von der Kellertür her vernahm. Sie hatte sich eine Zigarette angezündet, dasAufglimmen der Spitze war der einzige Hinweis auf eine Person im Raum.
    »Wer ist da?« fragte Sarah flüsternd und blies den inhalierten Rauch aus.
    »Sarah?« fragte eine Frauenstimme zögernd.
    »Ja. Und du, bist du Csilla?«
    »Ja«, kam es verhalten zurück. Csilla trat näher heran, bewegte sich vorsichtig durch die Dunkelheit auf die Zigarettenspitze zu.
    »Wie bist du hier runtergekommen? Ich denke, sie haben dich . . . ich meine, ich dachte, du hast keine Chance . . .?«
    »Eingesperrt? Das wolltest du doch fragen, oder? Aber ich sage dir eines, es ist verdammt noch mal unwichtig, wie ich hier runtergekommen bin!« sagte Csilla hart, während sie direkt vor Sarah stand. »Ich frage dich ja auch nicht, wie du hierhergekommen bist.«
    »Entschuldige, es tut mir leid. Komm, setz dich her, aber sei bitte leise, Josephine schläft. Ich möchte nicht, daß sie jetzt aufwacht.«
    »Ihr beide seid allein hier?« fragte Csilla, während sie sich links von Sarah setzte.
    »Ja, wir sind allein.«
    »Das ist gut«, sagte sie. »Hast du auch eine Zigarette für mich?«
    Sarah reichte ihr eine, gab ihr Feuer. Csilla nahm einen tiefen Zug.
    »Ich habe ihn kommen sehen, die ganze Zeit über«, sagte sie mit leicht vibrierender Stimme. »Es war großartig, wirklich großartig. Als hätte die Hölle

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